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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0045
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— 69-43

Wie's kommen kann!

Vom alten Schartenmeier.

Ein Verbrecher, ei» ganz hundsgemeiner,
Nbte eine große Moritat,

Dadurch, daß er plötzlich irgend Einer
In den Bauch mit Zweckcnsiiebeln trat.

Als die Ärmste jäh des Tods verblichen,
Kam auch gleich die hohe Polizei,

Am mit Säbelhieben und mit Stichen
Ihn zu lehren, was da Mores sei.

Doch der Frechling, gänzlich ohne Scheue,
Lob nur einfach seinen Knotenstock.

„£>aU, Kollege!" brüllt' er wie ein Leue,
Daß der Andre steif stand wie ein Bock.

^>iehe da, es war ein Moabiter
Aus der großen Ordnungsstraßenschlacht,
Der nun mutig, wie ein echter Ritter,
Weitrc ücldentätlichkeit vollbracht.

And der „Blaue" stand wie angcnagclt.
Bis zum „festen Zugriff" es zu spät —
So hat in die Bude ihm gehagelt
Die verflixte „Kollegialität". E

Der Priester im Schwimmbad.

Der Nürnberger Kaplan Hart fühlte sich durch
Bemerkungen, die ein glanbensloser Sozialdemokrat
>n seiner Gegenwart über die katholische Gciftlich-
keit gemacht halte, so schwer gekränkt, daß er zmn
Kadi lies und klagte. Der angebliche Beleidiger wurde
aber srcigesprocke», und zlvar unter anderem ailch
deshalb, weil der Borfall sich im Schwiinmbassin
des Männerbades zngctrngcn hatte und der Kaplan,
der sich im Adamskostüm befand, in seiner Eigen-
schast als katholischer Geistlicher nicht kenntlich ge-
wesen war.

Wir haben schon wiederholt ans die bedauerlichen
Situationen Hinweisen müssen, in welche Angehörige
des katholischen Klerus geraten waren, die sich in
vranenbadeanstalten begeben hatten. Ähnliche llnzn-
Eäglichkciten können sich, wie inan an dein Niirn-
bcrgcr Beispiel sicht, auch ans dem Besuche eines
wlännerbades ergeben. Das Laienpubliknm ahnt
weistenz nicht, wer der korpulente Herr ist, der sich
»eben ihn, abseift. Die Plane hat er mit älteren
psosanen Lebemännern gemein, und der charakteristi-
che Geruch der Heiligkeit pflegt gewöhnlich nur bei
, ^Nhs», außerordentlich glaubensstarken Klerikern
! "'iifüg fein, daß auch die Nase des Goltes-

8nerz ihn deutlich lvahrninnnt.

■ " ergibt sich daher die Notwendigkeit, den Gcsalb-
ai, Herrn auch unter der Dusche, im Schwimm-
bes? "'bhade unzweideutig kenntlich zu machen. Am
das ' )u'v!) bch dies dadurch bctverkstclligen lassen,
Man a» den Badehosen entsprechende llntcr-
,;°'°ungsincrk,nale anbringt. Aus der Vorderseite
nwa ba§ einsachc Bild eines Kreuzes, eines Lam-
mcs öde,- eines Krummstabs schon von weitem den
fnT*^^ennen lassen, tvährcnd die für bic Ent-
' »ing dekorativer Syntbole besonders geeignete
di^'^ Nächc der Hinterseite auf der rechten Backe

e Rangabzeichen und ans der linken die Embleme
° , gastlichen Ordens, dem der Kleriker angehört,
""sweiscn könnte.

ckus diese Weise werden die Besucher der öfsent-
>chen Badeanstalten ans den in ihrer Nähe weilen-
,11 Seelsorger rechtzeitig ausmcrksai» gemacht, und
k» wird ihnen die Erweisung der schuldigen Ehr-
wrcht selbst den, „»bekleideten Gottesdiener gegcn-
»^k^wbglicht werden. Am rätlichstm würde es
uns sreiltch erscheinen, wen» die Geistlichkeit sich von
der weltlichen Sitte des Badens überhaupt und prin-
zipiell sernhalten würde. Daß ernst denkende Kirchcn-
kilrslen diesen Brauch schon lange beobachtcii, haben
wir aus dem vor einiger Zeit erfolgte» Badeverbot
des Kölner Erzbischofs mit Genngtunng erfahren.
Putzer durch die Taufe und den Wcihwedel sollte
kein Tropfen Wasser.deu geheiligten Leib des Priesters
berühren. Der Protest gewisser vom Sinncntcusel
besessener Pfarrerköchinneu vermag uns in dieser
Ansicht nicht wankend zu machen. Lehman».

Kaisers Geburtstag in Bonn.

„Auf allerhöchsten Wunsch unseres hochverehrten A. H. feiern wir heute höchstdesse» Geburtstag
durch einen kräftigen Schluck deutschen Fliedertees. Also, Mut gefaßt! Unser gnädigster Landesherr
Hurra, Hurra, Hurra! Ex! Gott sei Dank — abtretcn zum Speien!"

Hansabund.

lvütend belfern alle Junker
Nus den armen kjansabund,
weil er ffeydebrand und Mrteln
Nicht die lsand leckt wie ein ffund.

lveil er ihnen nicht die Noten
Ustie'n Narnickel apportiert,

Sondern weil er vor den letzten
Nonsequenzen sich geniert.

„Hansa" ist ein stolzer Name,

Der in alten Zeiten groß,

Doch die lseydebrand und Drtel
Möchten gern ein „Manschen" bloß.

Nriecht der ljansabund zu Nreuze,

Folgt er feig der Junker Spur,

Bleibt er nicht einmal ein „Hänschen",
Sondern wird ein „Hanswurst" nur. <£. Kt.

Der sprechende Äund.

Der Hegemeister Ebers in der Lctzlinger Heide hat
seinem Hunde „Don" bekanntlich das Sprechen bei-
gcbracht. Wie eine wissenschaftliche Kommission fest-
stellte, vermag der Hund nicht nur seinen Namen
ju nennen und „Ja" und „Nein" zu sagen, sondern
er antwortet auch aus einige an ihn gerichtete Fragen
lmU, deutlich und sinngemäß. So entgegnete er zum
Beispiel auf die Frage: „Was willst du?" —
„Haben! haben!", ans die Frage: „Was bittest
du dir aus?" — „Ruhe!"

Nach diesem überraschenden Ausfall der wissen-
schaftlichen Prüfung sollte man, so scheint uns, nim-
mehr ernsthaft erwägen, ob sich die hohen geistigen
Fähigkeiten des sprechende» Hundes nicht in irgend-
welcher Weise jum Nutzen des Vaterlandes ver-
werten lassen. Wie wäre es, wenn man „Don" bei
den bevorstehenden Reichstagswahlen als Kandidaten
ansstellte? Den Anforderungen, die a» einen gnten
bürgerlichen Dnrchschnittsparlamentaricr gestellt zu
werden Pflegen, dürfte er vollkommen genügen: er
weiß, wie er heißt, und kann bei vorkommenden
namentlichen Abstimmungen je nach dem Kommando
seittcs Fraktionsvorstandes mit „Ja" oder „Nein"
antivortc». Sein politisches Glaubensbekenntnis ist

überdies durch die kategorisch geäußerten Forde-
rungen „Haben! haben!" und „Ruhe!" im Sinne
der agrarisch-konservativen Partei durchaus klar und
erschöpfend ansgedrückt. Da den Agrariern unter
den sonstigen Intellektuellen hetttzutagc leider kaum
noch Kandidaten zur Verfügnng stehen dürften, so
werden sie gewiß gerne ihre Zuflucht zit der hün-
dischen Intelligenz nehmen. Und daß „Don" sich in
einer Partei, die anch in jeder andern Hinsicht be-
reits längst und definitiv aus den Hund gekommen
ist, persönlich außerordentlich wohl fühlen werde,
kann keinem Ziveisel unterliegen.

Am 27. Januar.

Leutnant v. Schnoddritzki, der bei seinen Kame-
raden als ei» zukünftiger Moltke gilt, trank an diesem
Abend im Kasino ausfallend wenig.

„Nanu, Schnoddritzki... >vas ist denn mit Ihnen
los?" fragte jemand, der noch halbivegs nüchtern
beobachten konnte.

Schnoddritzki zog die Stirne in Falten und sagte:
„Ich fühle mich verantwortlich dafür, daß es heute
abend wenigstens einen einzigen Menschen in der
ganzen Armee gibt, der nicht zuviel getrunken hat,
für den Fall, daß die Sozialdemokraten am Ende
raffinier! genug sind, grade heute abend Rcvotiltion
anznfangcn!" *•

Ein schwieriges Problem.

An Serenissimus, der ein überaus gutmütiger
Landesvatcr ist, werden ziemlich viel Immediatgesuche
eingercicht, von denen Kindermann allerdings die
meisten, ohne sie erst vorzulegen, prompt in den so-
genannten Jnstanzenzug znrückschuicißt.

Neulich aber beging Kindermann die staats-
mäiinische Dummheit, gleich zwei aus einmal zu
befürworten.

Serenissimus studierte beide Eingaben sehr ge-
wissenhaft, verglich sie sorgfältig miteinander und
stutzte, während seine Stirn sich nachdenklich runzelte.

„Aeh, das gefällt mir nich!" donnerte er I 8
„Mein Volk soll offen und ehrlich zu mir sein:
Hier aber bezeichnen sich zwei ganz verschiedene
Bittsteller gleichzeitig als mein ,alleruntertänigster'
Soundso! Sagen Sie mal, Kindermann, welcher
von den beiden Kerls lügt nun eigentlich? Und
welcher is in Wirklichkeit mein alleruntcrtänigster?"

Kindcrmaiin wußte das auch nicht. T.
 
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