Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0253
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
7151

Die Löfung der Dienftbotenfrage.

Rud. Wolf

Das Mäüchen für alles.

ftobelfpäne.

Es jauchzt der gute Deutsche
Auf in Begeisterung.

Es hat Herr Kiderlen-Wächtcr
Ihn so gebracht in Schwung.

Was bringt denn so in Wallung
Das nationale Blut,

Was hat denn so entfesselt
Die altgermanische Wut?

Was ist es, das am Herzen
Dem Patrioten liegt?

Daß Mannesman» auch sicher
Stets seine Zinsen kriegt!

Das „Konzert der Mächte" ist oft genug ein wüstes Durchein-
ander von Katzenjammer und Hundegebell.

Bethmann Hollweg scheint den ehrgeizigen Plan zu verfolgen, bei
der allgemeinen Durchlöcherung der Algeciras-Akte schließlich »och
„Schützenkönig" werden zu wollen.

Der Hammeldiebe König, Herr Nikita wird straucheln

Herr Nikita, mit Glanz Gar leicht auf seiner Bahn,

Tanzt auf den schwarzen Bergen Mir deucht, er ist befallen
Jetzt den Jndianertanz. Von dem Zäsarenwahn.

Wir wissen wohl, so ist es
Gewesen zu jeder Frist:

Der Wahn ist um so größer,

Je kleiner der König ist.

Daß der Neichsregierung wieder mal die gepanzerte Faust juckt,
braucht weiter nicht wunderzunehmen: in den Hundstagen wissen die
Flöhe ja überall hinzukommen!

Die ganze Katzbalgerei dreht sich um den „internationalen Zwischen-
fall", daß Marokko — zwischen die Räuber gefallen ist!

Ihr getreuer Säge, Schreiner.

Die Volksversicherung.

Der Abgeordnete Erzberger, lorole die „Polt“, „ftreuzzeltung“
und andere ruten die Regierung gegen die von den Geroerb.
Idjaften und Genoltenlcbaften geplante DolhSDertlcberung auf.

Lichtung! Oie Sozis planen wieder was!

Oewih ein Werk von liedendheihem tzah,

Lin Inltrument zur lchnellen Slaatszerltörung
Und voiksempörung.

wie tapfer lchiugen wir mit vieler Not
Sie mit der Neichsverlichrungsordnung tot!

Nun wüchlt, wo die Uuine ragte eben,

Lin neues Leben.

Vas Volk mehr als bisher Im roten loch
vurch „Volksverlicherung?" Oas fehlte noch!
Sie lchmleden lich im positiven Schalten
Oort neue wallen!

Und wenn's auch zu des Volkes heil gelingt,
Und wenn's den flrmen zehnmal Segen bringt, —
was aus den Sünden kommt der bölen Noten,
Vas wird verboten!

Radi und Schutzmann her! Und nicht geniert!
Oer alierdümmlte Llel leicht regiert
Unter des flusnahmegeletzes Leichen —

Und wir desgleichen. p.e.

Leicht möglich.

„Haben Sie gehört: der Exsultan Abdul Hamid
hat um neue Frauen gebeten?"

„Donnerwetter! Wenn er nur nicht bald ,Angst
vor der eigenen Courage' kriegt!"

Glosse.

In Petersburg richtet man „Ernüchterungskam-
mern" für die ausgesundenen Betrunkenen ein.

Wie wäre es, wenn man auch bei uns solche Er-
nüchlerungskammern einrichtete — für alle, die ihren
Marokkorausch noch nicht ausgeschlafen haben?

Am Strand von Agadir.

„Siehst du das stolze, weiße Schiff da draußen,
Ibrahim? Auf seiner Flagge prangt der deutsche
Adler, der unser einziger Freund ist! Er will uns
den mächtigen Schutz seiner scharfen Fänge und seines
gewaltigen Schnabels gewähren!"

„Wie denn? Von da draußen ans?"

„Nein ... sondern, indem er uns in den Nacken
fliegt!!" —■

Lieber Jacob!

In de Saurejurkeuzeit, wenn keen Mensch
ferne wat tut un jeder, der et irjend erschwingen
kann, in de Ferien jetzt, ieberkommt unsere
Rejierung uff eenmal der Tatendrang. Det is
jedes Jahr so: sowie der Reichstag Schicht
jemacht un sein hohes Haus zujeschlossen hat,
läßt unsere Diplomatie irjend 'ne unwahrschein-
liche Bombe platzen, det eenen det Trommel-
fell schmerzt un de janze Welt vor Schreck aus-
spuckt. Diesmal fand de Explosion in Marokko
statt. Ernstere Foljeu werden ja woll nich ent-
stehen, denn hinterm Berje wohnen ooch noch
Leite, un zwar von de rote Kuleer, die uffpassen,
det die von Jott injesetzte Obrigkeit keene zu
jroßeu Dummheiten nich macht. So is det
Janze denn man bloß sonne Art eiropäisches
Monstre-Feuerwerk, ieber det sich de Zeitungs-
schreiber am meisten freien, weil se dadurch in
de sojenannte stille Säsong 'ne schwere Menge
scheeues un dauerhaftes Blech for ihre hoch-
polliteschen Kannejießereien jeliefert kriegen.
Det Unanjenehme is man bloß, det de etwaijen
Unkosten for de internazjonale Volksbelustijung,
die unsere Rejierung veranstaltet, nachher von
det deitsche Volk berappt werden missen. Aber
diese Schattenseite hat ooch wieder det Jute,
det se dem jeduldijen Untertan belehrt, mit
wie ville Jeist, Talent un Klugheit er heitzu-
tage rejiert wird, wat vielleicht im Hinblick

uff de kommenden Wahlen kann von jroßen
Nutzen sind.

Jedenfalls is von de siebzig Meilen langen
Seeschlangen, von de Kälber mit drei Köppe un
sechs Beene un de sonst ieblichen Hundstags-
produkte dieses Jahr nischt in de Blätter zu
lesen jewesen. Bloß een eenzijes Wunder is
mir uffjestoßen, un zwar 'n kaum jlaubliches:
nämlich der Ausspruch des jroßeu Oberjunkers
Heydebrand, der in de Höllische Zeitung je-
sagt hat, de konservative Partei habe jetzt die
Uffjabe, sich „ein dem Fortschritt un dem mo-
dernen Kulturleben anjepaßtes neues Jebäude"
zu errichten. Nanu schlag Jott dem Deubel
bot! De hinterpommerschen Fuselbrenner wer-
den uff eenmal dem Fortschritt un det moderne
Kulturleben beferdern! Det war doch frieher
nich? Un jleich 'n janzet Jebäude wollen se
errichten. Un det allens in de Saurejurkenzeit!
Da bin ick ivirklich neujierig druff; 'n pikfeiuet
Bauwerk wird et ja natierlich werden, det is
sicher; un det de Pollezei dem Neibau ohne
Beanstandung de Baumeesters abnimmt, ver-
steht sich am Rande. Aber ob ooch 'n anstän-
dijer Mensch wird drin wohnen können, det
is 'ne andere Frage, die ick nach meine Er-
fahrungen mit de bisherijeu Mieter leider nich
bejahen kann. Jedenfalls jloobe ick, det det
Jebäude schon in de kirzeste Zeit sich wieder
als baufällig un jemeinjefährlich erweisen wird,
un ick mechte Heydebrand'u dem wohljemeinten
Rat jeden, det janze Projekt man lieber fallen
zu lassen. Denn uff dem faulen Sumpfboden,
uff dem de Junker un ihr nobler Anhang sich
wohl stehlen, kann selbst der schenialste Baukinst-
ler keene soliden Fundamente nich errichten!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
Annotationen