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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0332
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7230 —

>§L Deutscher herbst. LT

Nun kam der herbst mit Welken und Sterben,
Mt Blüten, die sich rasch entfärben,

Mt Tagen, kurz und sonnenkarg -
Und alles fragt mit heiß Bemühen,

Was man nach dieses Sommers Glühen
5ln Ernte und Erträgen barg.

Und Bethmann, von Marokko-Palmen
Im Traum umrauscht, singt Trauerpsalmen.
Abwechselnd betet er und flucht,

Daß ihm zu seines Amtes Wohle
Die gottverfluchte Wahlparole
Fall' in den Schoß als Erntefrucht.

Man fragt die Herrn, die uns regieren
Und so pompös die Zügel führen:

Füllt man dem Volk den Suppentopf?
Und ratlos stehn die Exzellenzen,

Die als des Thrones Stützen glänzen,
Die Hände leer und leer - den Uopf.

vergebens! In die rote Scheuer
wandert die deutsche Ernte Heuer,
Soviel sie irgend fassen mag!

Und golden überglänzt die Sonne,
verkündend der Erfüllung Wonne,
Des deutschen Volkes Herbstestag!

Düffeltlorf*

Halali! Der schwarze Luchs
Ist ins Garn gegangen!

Auf, mit Spießen folgt ihm nun
Und mit festen Stangen!

Langt den frechen Räuber ein,

Der so unverhohlen

Jahr für Jahr euch Haus und Hof

List'gen Sinns bestohlen!

Stöbert in dem Bau ihn auf,
will er sich verstecken:

Euer eigen Hab und Gut
werdet ihr entdecken.

Laßt ihn fest und sicher an,

Ihm den Balg zu gerben —
Räuchert seine Gänge aus,

Bis er muß verderben!

Und was gilt es? Rach und nach

Trifft dann eure Büchse
Sicher wie in Düffeldorf
Auch die andern Lüchse!!

Im Dom zu Speyer.

An den Kaisergräbern um Mitternacht.

Heinrich IV: Schier ein halbesJahrhundert
Hab' ich mich mit den Pfaffen herumschlagen
müssen. Wenn ich daran denke, wie ich zu
Kanossa im Büßerhemd drei Tage und drei
Nächte im Schnee stehen mußte, nur tun aus
dem Kirchenbann zu kommen, so würde mich
heute noch frieren, wenn es möglich wäre.

Rudolf von Habsburg: Was der Heilige
Vater tat, geschah zum Heil der Christenheit.

Philipp von Schwaben: Du ivarst auch
so ein Pfaffenkaiser!

Heinrich IV: Noch im Tode verfolgten sie
mich.

Philipp von Schivaben: Und groß sind
sie im Ableugnen.

Heinrich IV: Jawohl — si fecisli, nega!*

Rudolf von Habsburg: Beweisen! Be-
weisen!

Phi lipp von Sch>v ab en: Na — sie haben
ein Bündnis mit den Sozialdemokraten ab-
geschlossen, und jetzt leugnen sie es.

Rudolf von Habsburg: Das kann ich
nicht glauben! Unsere froimne Priesterschast
soll ein Bündnis mit den Männern des Um-
sturzes geschlossen haben? Nimmermehr!

Heinrich IV: 8i fecisti, nega!

Rudolf von Habsburg: Ich glaub's
eben nicht.

Philipp von Schwaben: Hier im Do;n
soll's geschehen sein; über unserer Gruft schritten
sie miteinander dahin.

Heinrich IV: Daß ich damals grade so
fest schlief!

Rudolf von Habsburg: Wieso!

Heinrich IV: Sonst wär' ich heraufgestiegen
und hätte zu den Sozialdemokraten gesagt:
Trauet denen nicht über de» Weg!

Philipp von Schwaben: O, diese Sozial-
demokraten lassen sich nicht so leicht übers Ohr
harren!

Rndolfvo»Habsburg:Diese Umstürzler,
diese Gotteslerrgner, diese Kinder des Teufels,
diese Feinde des Eigentums und der Familie,
diese Zerstörer alles Heiligen — mit denen
sollen unsere ehrwürdigen Väter ein Abkommen
getroffen haben? Nimmermehr!

Philipp von Schwaben: Du schimpfst
ja gerade, als rvenrr du einen Kursus beim
Reichsverband gegen die Sozialdemokratie ge-
nommen hättest!

Rudolf vonHabsburg: Nein, mit diesen
Ruchlosen und Ungläubigen ist kein Abkommen
getroffen worden. Nein, rrnd tausendmal nein!
(Es entsteht Bewegung. Ein neuer Geist erscheint in
der Mitte der andern.)

Franz Josef Ehrhart aus Ludwigshafen:
Und doch ist es wahr. Das sage ich, der rote
Pfalzgraf bei Rhein!

Rudolf von Habsburg: Oh — oh!

Philipp vonSchwaben: Und dem glaub'
ich zehnmal eher als dem Pfaffenkaiscr.

Heinrich IV: Ich auch!

<Es schlägt eins. Alle Geister verschwinden.)

* Leugne, was du getan.

Eulenburg.

Du armer Phili Eulenbnrg,

Wie bist du zu beklage»!

Das Leben kann dir edlem Mann
Nur wenig noch behagen.

Kaum fühlst du von der „Krankheit" dich
Ein kleines bißchen besser.

Da möcht' auch schon der Staatsanwalt
Dich liefern stramm ans Messer.

Du kannst doch bis ans Lebensend'

Nicht stets im Bette liegen!

Du willst als Edelmann und Fürst
Doch auch mal dein Vergnügen!

Doch kaum besteigst du kühn dein Roß,

Kaum gehst du mal zum Jagen,

Da schmatzen auch die Spitzel schon
Vor innigem Behagen.

Sie hängen sich an deinen Schoß,

Wie eine zähe Klette,

Das geht dir Ärmsten übern Spaß,

„Krank" legst du dich zu Bette.

Von dort dann schaust du wohlgemut
Hin über Feld und Garten —

Run kann der liebe Staatsanwalt

Noch manches Jährchen warten! Kl.

Russische Spitzel.

„So ein gemeiner Kerl, dieser Bagrow! Jetzt müssen
wir einen Pogrom arrangieren, um unsere Berufsehre
wtederherzustellen!"
 
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