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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 28.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.6709#0422
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7320 - -

Der Kampf mit dem „Drachen", j.Eben

„Haben Sie gehört? In China werden jetzt die Ab-
zeichen der Mandschu-Dynastte, die Drachen, überall
»uSgemerzt!"

„Famos! Da fahr'ich morgen gleich mit meiner Alten
hin." __._

Traurige Weihnachten.

Das heil'ge Christfest wird gefeiert
Und Frohsinn herrscht in jedem Laus;
Jedoch bei mir, des Reiches Kanzler,
Blieb leider alle Freude aus.

Daß mir die Roten nichts bescheren.

Bin ich gewohnt und trag' es gern.

Doch diesmal hält sich auch der Schwarze
Und selbst der Blaue hält sich fern.

Nur eine Rute, fest gebunden
Mit der fatalen seid'nen Schnur,

Fliegt mir als Iulklapp durch die Türe —
Sie kommt, ich ahn' es, aus Langfuhr!

Was ich zum Feste still erhoffte.

Ach, unerfüllt blieb jeder Wunsch!

An meiner Seite hockt die Sorge
Und spuckt mir in den Weihnachtspunsch.
So bleibt mir denn nichts weiter übrig:
Geschmückt mit Gold- und Silberschaum,
Läng' ich, des Reichs unsel'ger Kanzler,
Mich selber an den Weihnachtsbaum!

—«.— Balduin.

Die Konstanzer „Germania" und die
Pfarrersköchinnen.

Es kam ein Erdbeben über Deutschland und die
umliegenden Dörfer in der Mitte des November,
und es richtete großen Schaden und vielen Schrecken
an. In Konstanz aber am schwäbischen Meer, der
stammen Stadt, wo sie einstmals den Erzketzer Hus
verbrannt und sich seitdem immer gottessnrchtigen
Wandels beflissen haben, wackelte das Gebäude der
Reichspost und das Gnadenbild dcrheiligenGcr-
mania, das ganz oben stand, fiel herab auf die
Straße und zerschellte in mehrere Stücke. Ein from-
mes Weiblein aber, das in direkter Linie von jenem
Mütterchen abslammt, das Anno dazumal sein Bündel-
chen Holz zu Husens Scheiterhaufen getragen, ver-
kündete ihren Nachbarinnen, das Erdbeben sei ge-
kommen, weil die Konstanzer Wähler Gott verlassen
und nicht mehr für das Zentrum gestimmt hätten.

Doch diese Deutung ist falsch. Denn nicht um
eine Strafe für begangene Sünden kann es sich
handeln, dieweil ja sonst die Germania etliche Anli-
zentrumswähler hätte totschlagen müssen; das we-
nigste, was man von einem Strafgericht des Him-

mels erwarten darf. Sondern der Sturz der Ger-
mania ist ein warnendes Vorzeichen — von wegen
der Pfarrersköchinnen!

Ist nicht die Germania selbst zur Pfarrersköchin
geworden? Hat sie nicht ite Pfäfslein geatzt und
getränkt, gehegt und gepflegt und ihnen alle Liebe
angetan? Sind sie nicht dickbäuchig geworden und
glänzend im vollen Angesicht unter dem nahrhaften
Regiment der Germania?

Und nun hat Seine Heiligkeit der Papst ver-
künden lassen, daß er ein L-Iotu proprio von sich
geben werde, durch das der ehrsame und liebevolle
Stand der Pfarrcrsköchinnen ausgerottet werden
würde! Es soll den Geistlichen verboten werden,
unter einem Dache zu wohnen mit weiblichen Wesen.
Entbehren sollen sie die zarte Pflege und von einem
ungeschlachten Knecht sich das Bett machen lassen.
O welches Leid! Aber nicht einmal räsonieren dürsen
die frommen Männer über den Heiligen Vater, denn
er ist unfehlbar, und was er tut, das ist wohlgetan.

Aber die Köchinnen haben bewegten Herzens die
Kunde aus Nom vernommen, und sie haben brünstig
zu Gott gefleht, daß er den Sinn seines Stellver-
tretcrs ändere. Denn sie hängen mit ganzem Herzen
an ihrer gottgefälligen Pflicht, die Hirten zu stärken
und zu ermuntern für das Liebeswerk. . . .

Und siehe da! Es geschah ein Zeichen: Die
Pfarrersköchin Germania fiel herab und zerschellte.
Aber auch der Reichsadler purzelte von der hohen
Stange und ging in Trümmer, eben zu Konstanz.

Was soll das bedeuten? Das bedeutet:'Sei ge-
warnt, Heiliger Valer in Rom! So du wirklich
die Pfarrcrsköchinnen verbannst aus deiner Diener
Behausung, dann wirst du das Deutsche Reich ver-
lieren, deine liebste Provinz. Denn nicht mehr werden
die Psäfllcin freudigen und frohen Mutes ausziehen
und streiten für die Herrschaft der Schwarzen; son-
dern verdrossen werden sie sich beiseite halten und
die Dinge gehen lassen, wie sie gehen. Galligen Ge-
müts werden sie siin, den Menschen und Wählern
ein Mißfallen, und das Zentrum wird seine Macht
verlieren. Die Köchinnen aber, verbannt aus den
christkatholischen Pfarrhäusern, werden ergrimmen
ob ihres Schicksals und werden mit weiblicher List
und Zähigkeit sich gegen dessen Veranlasser wenden.

Hüte dich, Heiliger Vater! Pie.

Reußische Iunggesellensteuer.

O Reutz, was hast du da getan?
Besteuerst die Gesellen,

Die kehrt gemacht einst vor der Tür
Der ehelichen Höllen!

And wer nicht nehmen will ein Weib,
And wer nicht schwärmt für Kinder,

Den packt der Steuerstskus rauh
And straft ihn ab, den Sünder.

Doch, Gott sei Dank, du bist gerecht:
Auch jene kriegen's derbe.

Die als Zungfräulein ausgeteilt
Die fürchterlichsten Körbe.

So ist gewahrt die „Parität",

And wer sich den Gefahren

Der Mehrbestcurung will entzieh::.

Der mutz sich einfach — „paaren". Kl.

Passendes Weihnachtsgeschenk. w.Knan

Kardinal Fischer in Köln hat eine Flasche vom neue-
sten Eaude Eologne gegenKopp-Schmerzen nach Breslau
gesandt. Die Färbung beweist, daß der „Westen" wieder
seuchenfret ist.

Geschäftsspesen. Rich.Rost

„Wann nur die vielen Auslagen ntch wär'n! Jetzt
mutz ma wieder d' Kriminaler zu a Weihnachtsfeier
einlad en!"

Vom Nutzen des Kongos.

E d e: Dem Kongo haben wir ja nu, aber de Nerjlek
meenen doch, de Franzosen haben uns jelackmeiert un
der janze Krempel is keencn Nasenpopel nich wert.

Lude: Rede keen Wellblech! Ick sage dir, det is
'ne feine Schose! Menschenkind, denke bloß an dem
Jummi, der ja produziert wird!

E d e: Meenste villeicht, det der langt, um de Sinden
der Rejierung aus det Jedächtnis des steierzahlenden
Volkes auszuradieren? Un wat sagst« jefälligst zu de
Schlafkrankheit?

Lude: Hat ooch ihr Jutes sor de Rejierung. Se
wird de Untertanen, die sachteken anfangen, offene
Oogcn zu kriegen, jrindlichst inschläfern.

Ede: Sonst jibt et aber vor'n Kongo ooch wahr-
haftig nischt zu holen.

Lude: Nanu! Ne Menge Rhinozerosse, sage ick
dir. Unseres im Zoo is sowieso vorigten Sommer
krepiert.

Ede: Stimmt, un zur Erjänzung unseres diplo-
matischen Korps können wir se ooch brauchen!

himmlische und irdische Liebe.

Die großen Augen des kleinen Hans Ditter-
lein hingen unverwandt an den Lippen des
Lehrers, der die Geschichte von der Geburt
des Christkinds erzählte. Hansens Gemüt war
tief gerührt. Er wußte ja auch, was Armut
hieß. Aber so arm wie das Jesusknäblein war
er doch nicht. In einem Stall mußten Maria
und Joseph wohnen, und das Christkindlein
wurde in eine harte Krippe gelegt. Wie es
da gefroren haben mag, in dem harten, engen
Behälter in der kalten Winternacht.

„Darum hat Jesus auch so mit den Armen
gefühlt und ihnen seine Liebe zugewandt und
gesagt: Kommet her zu mir alle, die ihr müh-
selig und beladen seid, ich will euch erquicken."

Die'empfindsame Seele des kleinen Hans
flog bei diesen Worten des Lehrers dem himm-
lischen Freund der Armen zu und legte sich
ihm zärtlich ans Herz. Auf seine bleichen
Wangen trat ein Anflug von Röte. Der Ge-
danke, einen ihn liebenden Beschützer, einen
starken Helfer in aller Not gefunden zu haben,
erfüllte ihn mit seligem Glück.

Und wie eine Offenbarung kam ihm nun
auch die Lösung eines Problems, das ihn sei!
Tagen innerlich beschäftigte. Jesus, der Freund
der Armen, würde ihm helfen. Darum kam
 
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