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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 30.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.7671#0007
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Brcucnbact), der UerKeljrsbremfer.

rum wulienmzngcl im KoDlenrnner.

IV. Steinert

„Nur ruhig, ihr Bergleute, für euch habe ich keine Waggons übrig, die
bekommen alle meine Freunde, die Zuckcrrübenbauer in Ostelbieu."

<^ l?olielfiinnc. <rS)

Neues Jahr, wir grüßen dich!

Steigst aus Nacht und Dunkel
Glänzend, wie ein schöner Stern,
Voller Lichtgefunkel.

Neues Jahr, wir grüßen dich!

Ziehe deine Bahnen!

Unsre stolzen Seelen schwellt
Ein gewaltig Ahnen,

Neues Jahr, wir grüßen dich!

Sei willkommen, Streiter!

Denn du bringst zum hohen Ziel
Uns ein Ende weiter.

Die Jahre kommen uich gehen wie neudeutsche Staatsmänner; und
der Abreißkalender ist gradezu eine „Norddeutsche Allgemeine". Haupt-
inhalt Tag für Tag: 1. das fällige Datum, 2. eine patriotische Erinne-
rung, 3. ein nicht kochbarer Speisezettel und 4, eine verdummende
Lebensregel. *

Dröhnend wucht'ge Reden führte
Gegen Bethmann Peter Spahn,

Wild kämpft für die Jesuiten
Selbst der frömmste Untertan.

Aber hat er keck getutet
In die Welt hinaus den Zorn,

Wischt er sich den Mund und setzt sich
Und steckt ein das Tutehorn.

Und der Frieden kehret wieder,

Der verschwunden schien so ganz,

Und man wedelt ganz ergebenst
Wieder mit dem Hundeschwanz.

Familienväter wollen beachten: iver so am Neujahrsmorgen etwa
koinmt und klingelt, um zu gratulieren, der nimmt auch mit Dank ein
paar Groschen dafür entgegen. Sollte es aber der Hauswirt sein, so
versuche man dies gar nicht erst! getreuer Säge, Schreiner.

Der Sturm im preususcheu
Abgeordnetenhaus.

Weh, was ist das? Welche rohen
Szenen muß mein Auge sehn?

Mäuler geifern, Fäuste drohen
Und des Aufruhrs Fahnen wehn!
Wütend schallen Kriegsdrommeten,
Rings tobt Kampfelslärm und -graus.
In dein immer sonst so ete»

And peteten Iunkerhaus!

Die vordem sich heiß bestritten.

Ziehen wild am selben Strang,

Rechts und links und in der Mitten
Stimmt man an den Kriegsgesang:
„Dieser Frevel wird gerochen!

Blutig schwelt des Lasses Docht!

Unsre Mannesseelen kochen.

Wie sie nie zuvor gekocht!

„Ohne Zögern, ohne Schwanken —

Alle Langmut hat ein End'!

Wird zitiert vor unsre Schranken
Der Ministerpräsident!

Lange haben wir ertragen
Unbill jeglicher Gestalt,

Aber jetzo an den Kragen
Geht es diesem Theobald!" —

Sagt, weshalb, aus welchem Grunde
Wuchs der Aufruhr lichterloh?

Sprecht, o sprecht und gebt mir Kunde:
Warum toben diese so?

Wagte nieder man zu büttel»

Volkes Freiheit, Ehr' und Recht?

Lat am Wahlgesetz zu rütteln
Ein Minister sich erfrecht?

Schleppte einen Vvlkesboten
Scham» und ruchlos man in Las!?

Trank vielleicht mit einem Roten
Bethmann Lollweg Bruderschaft?
Bracht' am End' der schwere Dalles
Preußen aus dem Gleichgewicht?

Nein, ach nein, das ist es alles.

Dieses ist es alles nicht!

Um im Frei'» sich zu erlaben,

Wandelnd nach getaner Pflicht,

Wollt' man einen Garten haben.

Und den Garten kriegt man nicht.

Das Terrain, das zu besitzen
Man erstrebt seit manchem Jahr,

Ward an eine» Möbelfritzen
Schnöd' verschachert gegen bar!

Diese Tat der Staatsregierung
Schlug dem Faß den Boden aus:

Rache unter Fricdbergs Führung
Schwur nun das Dreiklassenhaus.

Nach dem Donner seh' ich greifen
Junker, Pfaff' und Edelmann,

Schon hör' ich das Messer pfeifen-

Theobald, jetzt mußt du 'ran! Nepomuk.

Lieber Jacob!

Ick winsche Dir 'n anjenehmes neies Jahr
un dct De immer mechtest jesund bleiben un
Dir alle Winsche in Erfillung jehen. Denn
wenn ooch de Kompottschissel schon längst bis
zum. Überlaufen voll is, so bleibt doch for
unsere unersättliche Bejehrlichkeit noch immer
dies un jenes zu winsche» iebrig. Wir haben
zwar jetz det russische Fleesch, aber ivenn ick
keenen Jroschen »ich besitzen tue, denn helft
mir ooch det billigste Rippespeer nischt, sinte-
malen ick et mir nich koofen kann. Also winsche
ick Dir soville Kies, det De beinahe jenug hast.

Aber Jeld alles» macht nich jlicklich — >vie
diejenijen versichern, die zu ville davon be-

sitzen —, sondern man muß ooch wat for's
Jemiet haben. Mag et in de Welt ooch noch
so traurig aussehen: sowie Theobald in'»
Reichstag 'ne ernste philosophische Rede von
Stapel läßt oder Jagoiv mit 'nen neien Erlaß
zu Stuhl kommt, denn sind alle Sorjen ver-
jessen nn de unjetriebteste Fröhlichkeit herrscht
icberall. Solange Dir diese zwee Unbezahl-
bare» erhalten bleiben, kann et Dir an jule
Laune nich fehlen, det is nu mal sicher un
jeiviß!

Un damit det et Dir ooch an ernste jeistije
Unterhaltung nich mangelt, ivinsche ick, det
de Blauen in Ostelbien un de Schwarzen im
Süden nn Westen unseres teiern Vaterlandes
ooch in't neie Jahr in ihre Taten recht ville
Weisheit zutage ferdern mechten. Je öfter Du
von Orteln un Erzberjern ivat zu hören kriegst,
desto jesejenter wird Deine Verdauung sind!

Aber wat helft det allens, wenn Dir Deine
Jungens nich jehorchen wollen, sondern Dir
Sorjen un Kummer machen un Dir frech nn
unbotmäßig uff de väterliche Reese ruintanzen?
Et jibt nischt Traurijeres nich, als wenn die,
die man in ieberjroße Liebe verhätschelt, die
man jeden Wunsch erfillt un for die man
allens jeopfert hat, eenem de jenossenen Wohl-
taten schließlich mit unkindliche Ruppigkeit
un jroßschnauzige Rüdigkeit belohnen — wie
det soeben leider ivieder unsere Herzensjute
Reichsrejierung mit ihrem verwehnten Lieb-
lingssohne, dem Zentrum, uff de schrecklichste
Art un Weise erfahren hat. Meejen Deine
Bengels Dir besser jeraten!

Un zu Silvester besaufe Dir nich wieder,
verstehst«! Sonst petze ick et Davidsohn'n!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
 
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