8107 —
71 us vayrrn.
Cin König von Zentrums Snatlen.
, ers HoDelfpäne. r©
Wie wirst du stets gepriesen,
O Reich, in deiner Pracht,
Mit Städten unb Palästen
Und stets bereit zur Schlacht!
Mit Festen und mit Jubel,
Mit Fahnen und Gepräng,
Und mit de» Hurraschreiern,
Für die du längst zu eng!
Und doch — 's ist zum Erbarmen,
Rekord der Kläglichkeit! —
Hast du für Arbeitslose
Kein Geld zu dieser Zeit!
Die „Eilbotenläufe zum Völkerschlachtdenkmal" waren bereits sehr
schön; aber wie imposant wird es erst weiden, wenn die „Eilboten-
läufe zum Altäre des Vaterlandes" im Gange sind!
Die nationalliberale Partei hat.es anfgegeben, sich zu genieren!
Eine Siebcnerkommission regelt zurzeit jenes „dreieckige Verhältnis"
genauer, daß sich zwischen ihr und dem großindustriellen Geldsack einer-
seits und den Herrn Arbeitswilligen andrerseits entwickelt hat!
Sie rühmen die Helden vor hundert Jahren,
Was Treffliches Deutschland von ihnen erfahren.
Und hätten die Helden heute wir noch
So säßen die meisten von ihnen im Loch!
Bei der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals kosteten die Tri-
bünenplätze, von denen aus man alle Fürstlichkeiten sehen konnte,
105 Mark. Und sie waren alle besetzt. Da behaupte noch einer, die
deutschen Kapitalisten besäßen keinen patriotischen Opfersinn!
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Zum Grubenunglück in Wales.
Gar prunkvoll man feiert
Die Helden der Schlacht,
Der blutigen Opfer
Wird preisend gedacht.
Und Denkmäler setzt man
Von Erz und von Stein —
Gegönnt mag die Ehre
Den Toten wohl sein....
Die Helden der Arbeit,
Sie liefern den Kamps
Im Schacht und im Stollen
Zn Dunst und in Dampf.
Tief unten sie graben
Mit Eifer und Mut,
Die Kohle zu liefern.
Das köstliche Gut.
Die karge Entlohnung
Stillt nicht ihre Not,
Doch trotzen sie täglich
Dem finsteren Tod.
Der Kapitalismus
Die Opfer verschlingt.
Der Schrei Hinterbliebner
Zum Himmel dringt.
Mit Almosen werden
Sie abgespeist —
Und nirgend ein Denkmal
Die Helden preist.
Es sucht sich der Moloch
Die Opfer stets neu
Und hinterher Schweigen
Und alles vorbei! A.T.
Einst und jetzt.
Gewaltig war der Geschütze Donner
Der großen Leipziger Völkerschlacht,
Es haben viel hundert Kanonenschlünde
Mit fürcherlichem Bumbum gekracht.
Doch zehnmal schlimmer war das Gebumber,
Als man zur Jahrhundertfeier sich fund —
Von allen Ecken und allen Enden
Spie irgend ein Phrasen-Feuerschlund.
Damals, da krachte es nur um Leipzig,
Doch diesmal krachte es überall.
And beinah' wäre das Reich ersoffen
Im patriotischen Phrasenschwall. Kl.
Lieber Jacob!
Weeßte, wer der Fabrikant Schulte in Haspe
bei Hagen in Westfalen is? Dieser Schulte hat
sich nämlich in seine Eijenschaft als Fabrikant
zu die orijinelle Erkenntnis durchjerungen, dal
dem Volke die Relijon erhalten werden misse,
un als richtijer Freisinnijer wurde ihm sofort
bar, det'ne stramme Sonntagsheilijung de beste
Jrundlage for jede tiefere relijieese Emfindung
is. Nach längeres scharfes Nachdenken ent-
deckte er als dem jeeigentsten Ort for 'ne ein-
trägliche Sonntagsheilijung ausjerechnet det
Ortskrankenkassenstatut, un er beantragte dem-
entsprechend, det for Sonn- und Feiertage kcen
Krankenjeld »ich berappt werden solle! Uff diese
Weise hoffte Schulte de Arbeeter dazu zu
zwingen, det se dem Sonntag nich durch Krank-
heiten entheilijen, sondern mit muntere Je-
sundheit in de Kirche un vielleicht ooch in de
Fabrik sehen — wat nach de relijieese Jberzei-
jung der freisinnijen Fabrikanten wohl die jott-
wohljefälligste Sonntagsheilijung sein derfte.
Aber nich bloß bei de kommunale Fürsorje,
sondern ooch in pollezeiliche Anjelejenheiten
werden oogenblicklich kiehne un lobenswerte
Neierungen einjefiehrt, un et zeigt sich, det da-
bei Berlin jejen Haspe nich zurückstehen will.
Früher kriegte man bei uns 'n pollezeilichcs
Mandat, wenn man von 'n Schutzmann ver-
droschen worden war. Jetz ieben, wie et scheint,
aber ooch schon de Pollezeihunde in Berlin
obrigkeitliche Funxionen aus un lassen sich ihre
amtliche Wirksamkeit von de jebissenen Birjer
bezahlen. Wenigstens hat det Jugendjericht in
Berlin Mitte eenen Lehrling, der sich uff 'n
Spielplatz in 'n Friedrichshain amisiert hatte
un denn von 'n Pollezeihund anjefallen un zer-
fleescht worden war, zehn Mark uffjebrummt.
Ick hätte an dieses Urteil natürlich nich det
jeringste auszusetzen, denn et entspricht voll un
janz dem sojenannten Jeiste der preißeschen
Rechtsfleje, aber ick finde et doch unpassend,
det in det Urteil von 'ne Jeldstrafe de Rede
is. Denn die zehn Meter, die der jebissenc Lehr-
ling berappen muß, sind doch keeue Strafe nich,
sondern jewissermaßen 'ne Jebiehr, die er for
de Inanspruchnahme des Pollezeihundes an de
Staatskasse zu entrichten hat. Un ick meene,
det et durchaus zeitjemäß wäre, wenn for diese
Art von Zahlungen 'ne bestimmte Jebiehren-
ordnung injefiehrt wierde, nach die sich jeder
richten könnte ZumBeispiellEeneSchutzmanns-
backpfeife: eene Mark; ee» Hieb in't Jenick:
zwee Mark; een Tritt for'n Bauch: drei Mark;
for jedes diese Amtshandlungen befleckende
Schimpfwort fuffzig Fennije extra. Un ebentso
for jeden Biß von ’n Pollezeihund, je nach de
Kerperstelle, Schmerzhaftigkeit un Lebensjefähr-
lichkeit een bis zwanzig Meter. Diese Maß-
nahme wirde dem Verkehr uff de Berliner
Straßen außerordentlich vereenfachen un den
Birjer det beruhijende Bewußtsein beibringen,
det de preißesche Pollezei un Justiz noch immer
uff feste un jesicherte Rechtsjrundlagen be-
ruhen tun.
Womit ick verbleibe mit ville Jrüße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
71 us vayrrn.
Cin König von Zentrums Snatlen.
, ers HoDelfpäne. r©
Wie wirst du stets gepriesen,
O Reich, in deiner Pracht,
Mit Städten unb Palästen
Und stets bereit zur Schlacht!
Mit Festen und mit Jubel,
Mit Fahnen und Gepräng,
Und mit de» Hurraschreiern,
Für die du längst zu eng!
Und doch — 's ist zum Erbarmen,
Rekord der Kläglichkeit! —
Hast du für Arbeitslose
Kein Geld zu dieser Zeit!
Die „Eilbotenläufe zum Völkerschlachtdenkmal" waren bereits sehr
schön; aber wie imposant wird es erst weiden, wenn die „Eilboten-
läufe zum Altäre des Vaterlandes" im Gange sind!
Die nationalliberale Partei hat.es anfgegeben, sich zu genieren!
Eine Siebcnerkommission regelt zurzeit jenes „dreieckige Verhältnis"
genauer, daß sich zwischen ihr und dem großindustriellen Geldsack einer-
seits und den Herrn Arbeitswilligen andrerseits entwickelt hat!
Sie rühmen die Helden vor hundert Jahren,
Was Treffliches Deutschland von ihnen erfahren.
Und hätten die Helden heute wir noch
So säßen die meisten von ihnen im Loch!
Bei der Einweihung des Völkerschlachtdenkmals kosteten die Tri-
bünenplätze, von denen aus man alle Fürstlichkeiten sehen konnte,
105 Mark. Und sie waren alle besetzt. Da behaupte noch einer, die
deutschen Kapitalisten besäßen keinen patriotischen Opfersinn!
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Zum Grubenunglück in Wales.
Gar prunkvoll man feiert
Die Helden der Schlacht,
Der blutigen Opfer
Wird preisend gedacht.
Und Denkmäler setzt man
Von Erz und von Stein —
Gegönnt mag die Ehre
Den Toten wohl sein....
Die Helden der Arbeit,
Sie liefern den Kamps
Im Schacht und im Stollen
Zn Dunst und in Dampf.
Tief unten sie graben
Mit Eifer und Mut,
Die Kohle zu liefern.
Das köstliche Gut.
Die karge Entlohnung
Stillt nicht ihre Not,
Doch trotzen sie täglich
Dem finsteren Tod.
Der Kapitalismus
Die Opfer verschlingt.
Der Schrei Hinterbliebner
Zum Himmel dringt.
Mit Almosen werden
Sie abgespeist —
Und nirgend ein Denkmal
Die Helden preist.
Es sucht sich der Moloch
Die Opfer stets neu
Und hinterher Schweigen
Und alles vorbei! A.T.
Einst und jetzt.
Gewaltig war der Geschütze Donner
Der großen Leipziger Völkerschlacht,
Es haben viel hundert Kanonenschlünde
Mit fürcherlichem Bumbum gekracht.
Doch zehnmal schlimmer war das Gebumber,
Als man zur Jahrhundertfeier sich fund —
Von allen Ecken und allen Enden
Spie irgend ein Phrasen-Feuerschlund.
Damals, da krachte es nur um Leipzig,
Doch diesmal krachte es überall.
And beinah' wäre das Reich ersoffen
Im patriotischen Phrasenschwall. Kl.
Lieber Jacob!
Weeßte, wer der Fabrikant Schulte in Haspe
bei Hagen in Westfalen is? Dieser Schulte hat
sich nämlich in seine Eijenschaft als Fabrikant
zu die orijinelle Erkenntnis durchjerungen, dal
dem Volke die Relijon erhalten werden misse,
un als richtijer Freisinnijer wurde ihm sofort
bar, det'ne stramme Sonntagsheilijung de beste
Jrundlage for jede tiefere relijieese Emfindung
is. Nach längeres scharfes Nachdenken ent-
deckte er als dem jeeigentsten Ort for 'ne ein-
trägliche Sonntagsheilijung ausjerechnet det
Ortskrankenkassenstatut, un er beantragte dem-
entsprechend, det for Sonn- und Feiertage kcen
Krankenjeld »ich berappt werden solle! Uff diese
Weise hoffte Schulte de Arbeeter dazu zu
zwingen, det se dem Sonntag nich durch Krank-
heiten entheilijen, sondern mit muntere Je-
sundheit in de Kirche un vielleicht ooch in de
Fabrik sehen — wat nach de relijieese Jberzei-
jung der freisinnijen Fabrikanten wohl die jott-
wohljefälligste Sonntagsheilijung sein derfte.
Aber nich bloß bei de kommunale Fürsorje,
sondern ooch in pollezeiliche Anjelejenheiten
werden oogenblicklich kiehne un lobenswerte
Neierungen einjefiehrt, un et zeigt sich, det da-
bei Berlin jejen Haspe nich zurückstehen will.
Früher kriegte man bei uns 'n pollezeilichcs
Mandat, wenn man von 'n Schutzmann ver-
droschen worden war. Jetz ieben, wie et scheint,
aber ooch schon de Pollezeihunde in Berlin
obrigkeitliche Funxionen aus un lassen sich ihre
amtliche Wirksamkeit von de jebissenen Birjer
bezahlen. Wenigstens hat det Jugendjericht in
Berlin Mitte eenen Lehrling, der sich uff 'n
Spielplatz in 'n Friedrichshain amisiert hatte
un denn von 'n Pollezeihund anjefallen un zer-
fleescht worden war, zehn Mark uffjebrummt.
Ick hätte an dieses Urteil natürlich nich det
jeringste auszusetzen, denn et entspricht voll un
janz dem sojenannten Jeiste der preißeschen
Rechtsfleje, aber ick finde et doch unpassend,
det in det Urteil von 'ne Jeldstrafe de Rede
is. Denn die zehn Meter, die der jebissenc Lehr-
ling berappen muß, sind doch keeue Strafe nich,
sondern jewissermaßen 'ne Jebiehr, die er for
de Inanspruchnahme des Pollezeihundes an de
Staatskasse zu entrichten hat. Un ick meene,
det et durchaus zeitjemäß wäre, wenn for diese
Art von Zahlungen 'ne bestimmte Jebiehren-
ordnung injefiehrt wierde, nach die sich jeder
richten könnte ZumBeispiellEeneSchutzmanns-
backpfeife: eene Mark; ee» Hieb in't Jenick:
zwee Mark; een Tritt for'n Bauch: drei Mark;
for jedes diese Amtshandlungen befleckende
Schimpfwort fuffzig Fennije extra. Un ebentso
for jeden Biß von ’n Pollezeihund, je nach de
Kerperstelle, Schmerzhaftigkeit un Lebensjefähr-
lichkeit een bis zwanzig Meter. Diese Maß-
nahme wirde dem Verkehr uff de Berliner
Straßen außerordentlich vereenfachen un den
Birjer det beruhijende Bewußtsein beibringen,
det de preißesche Pollezei un Justiz noch immer
uff feste un jesicherte Rechtsjrundlagen be-
ruhen tun.
Womit ick verbleibe mit ville Jrüße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.