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ein cinträflUclies Seschäst.
Bei de» Weltflllgeu um die Naüonalflugspeude erhält nach den aus-
gestellten Bedingungen der Flieger nur ein Drittel des gewonnenen Preises,
die anderen zwei Drittel erhält der Fabrikant des Flugzeugs.
=^' •
hobelfpäne. ts>
Man feierte manch Jubiläum
Mit Klingklang, Singsang und Tedeum.
Man suchte nach den Festen. Indessen
Hat man das eine doch vergessen.
Es feierte kein Festakkord *
Das Jubiläum vom Königswort.
Fünf Jahre sind es just gewesen,
Daß man vergaß, es einzulösen.
Fünf Jahre! Jst's kein Grund zur Feier
Auf eurer hochgestimmten. Leyer?
Stört es euch an des Thrones Stufen
Im Speichellecken und Hurrarufen?
Wer ist Pegond? Ein Mann, der, selbst wenn er mit dem Kopf
nach unten stiegt, ihn doch oben behält. — Wer ist Bethmann? Ein
Mann, der, so hoch er den Kopf auch trägt, ihn doch bis über die
Ohren im Sumpf der Reaktion stecken hat.
Aus den Reihen der Nationalliberalen tönt hörbar der Schrei nach
einer „Pause in der vielen Sozialpolitik". Die Sozialpolitik wird sich
wundern, daß.man sie extra im besten Schlaf stört, um ihr zu erzählen,
daß sie ruhig weiterschlafen dürfe.
Sechs Löwen lagen tot im Blut — Nun sag' noch einer frank und frei,
O Stadt der Biedermeier! Ob Emil oder Fritze,
Beschossen hat die arge Brut Daß unsre tapfre Polizei
Dein Heer der Polizeier. Nicht „Löwenmut" besitze.
Der Herr Reichskanzler stüchtete sich an die Öffentlichkeit mit der
dringenden Bitte, daß in Zukunft sein hochpolitischer Briefwechsel ebenso
„streng geheim" behandelt werden möge, als wenn es sich um richtige
Kornwalzer handelt. ‘
Mecklenburg ist das Land mit den vielen Seen; darum fällt die
Verfassung dort auch so periodisch und regelmäßig ins Wasser.
Ihr getreuer Säge, Schieiner.
Die Feierschicht.
And aufs neue, wie schon einmal.
Bietet man vom Themsestrand
Zu verständ'gem Einvernehmen
Freundlich fragend uns die Land:
„Schränken wir für eines Jahres
Dauer unsre Rüstung ein, ,
Daß, befreit von Molochs Drucke,
Werke der Kultur gedeihn!"
Michel hört die schönen Worte,
Doch als ein erfahrner Mann,
Den schon manche Loffnung täuschte.
Glaubt der Michel nicht daran;
Glaubt nicht dran, daß eine Gabe,
Die der Völkerwohlfahrt frommt.
Ihm von oben wird beschieden
And vom grünen Tische kommt.
„Nichts zu hoffen", ruft er seufzend,
„Gibt es, scheint mir, für ein Land,
Wo am Steuerruder sitzen
Bethmann, Krupp und Leydebrandt!
Darum heg' ich kühn're Wünsche,
Meines Lerzens Sehnen richt'
Ich auf eine andre, höh're,
Segensreich're Feierschicht:
„Sagt, wie war' es, wenn ihr Mächt'gen,
Die bisher das Volk regiert.
Euer Wirken, Walken, Reden
Auf zwölf Monde inhibiert?
Wenn vor allem du, erlauchte,
Edle Diplomatenschar,
Deine Weisheit ruhen ließest.
Ach, nur für ein einzig Jahr?!" ArminiuS.
Lieber Jaeob!
De Flaumenzeit is ja nu vorbei, aber wat
soll ick sagen, 'ne Weiße hat ooch ihre Wir-
kungen, verstehste. Also ick war letzte» Sonn-
tagabend bei'» entfernten Vetter in Schlorren-
dorf zu Besuch, wo wir uns ieber de dortije
Stadtverwaltung uffs jeistreichste unterhielten.
Besonders sprachen wir von den »eie» ieber-
irdeschen Unterjrundbahnhof Wittenbergplatz,
der nu de janze Jejend verschimpfiert un uff
Wunsch der empeerten Stadtverorntenvxrsamm-
lung durch järtnerische Anlagen soll unsichtbar
jemacht werden.
Fimf jroße Weiße hatte ick mir im Laufe
der anjeregten Debatte zu Jemiete jefiehrt, un
de Mitternachtsstunde schlug bereits, als ick
eilijen Schrittes nach dem Schlorrendorfer
Lnisenplatz strebte, um meine letzte Elektrische
zu ereilen. Aber pletzlich wurde mir im Leibe
so impulsiv zumute, bet ick et nich wagte, mir
det Verkehrsmittel anzuvertraueu, sondern nach
'n anderes Institut Umschau hielt. Aber keen
Leichtturm fier irrende Schiffer ließ sich er-
blicken, un so blieb mir nischt weiter iebrig, als
an die verjoldete Meilensteinkugel jejenieber
dem Kaiser-Friedrich-Deukmal niederzuhucken
un so zu tun, als wenn ick zu Hause wäre.
Et jing in diese menschenstille Jejend ooch
allens nach Wunsch ab, un ick war mit de
jettliche Weltordnung wieder »ersehnt, als pletz-
lich 'n Schutzjeist untauchte un mir mit bar-
schen Worten zur sittlichen Verantwortung zog.
Det Bewußtsein meiner jekränkten Menschen-
rechte un die fimf jroßen Weißen wurden jetz
aber in mir mächtig, un ick setzte mir ent-
schlossen zur Wehr. „Wat winschen Se noch
weiter von mir?" fragte ich mit ironische Be-
tonung dem Hieter der Straßenordnung. „Wes-
halb haben Sie dem Platz verunreinigt?"
herrschte er mir an. „Na, raten Se mal!" ent-
jegnete ick. „Det is hier aber nich erlaubt!"
ieberschrie er mir. „Na, wo soll ick denn?"
konsultierte ick ihm — „effentliche Anstalten
jibt et hier keene nich, un zur Besteijung eenes
privaten Thrones, wie der Herzog Ernst August
von Cumberland, dafor mangeln mir leider
de neetijeu verwandtschaftlichen Beziehungen!"
„Sie haben diesen Ort verunreinigt, kommen
Sie mit nach de Wache!"
Da fiel mein Blick uff de danebenstehende
Anschlagseile un een Jeistesblitz durchleichtete
mein Inneres. „Woso denn?".rief ick triumphie-
rend, „lesen Se jefälligst, wat an diesen Ort
anjeschrieben steht" — nn damit wies ick ihn
uff een Plakat von de Orthozentrische Kneifer-
Gesellschaft — „Los von de Brille! steht hier,
un an diese Ufforderung habe ick mir jehalten
— verstehen Se mir?" „Machen Se feeneit
faulen Witze nich nn kommen Se jntivillig
mit!" Damit faßte er mir an. Ick aber trat
ehrest Schritt zurick, so daß er mir nich langen
konnte, stellte mir in Positur un sprach: „So
also behandelt de hiesige Obrigkeit steierzahlende
Birjer un Urwähler dritter Klasse? Von de
Hochbahnjesellschaft läßt se sich wat Monu-
mentales uff'n Wittenbergplatz machen, rvat
ville mehr zum Himmel stinkt, un icke soll
wejen diese Bajatelle jleich uff't Revier je-
schliffen werden? Wenn mein Uffbau de Schlor-
rendorfer Stadtverwaltung nich jefallen tut,
denn kann se ihm von mir aus ebentso mit
Efei un Rosen beranken lassen wie den Unter-
jrundbahnhof, dem ihr Siemens hinjesetzt hat!"
Damit wandte ick mir eiligst meine ebent an-
fahrende Elektrische zu, un der Schutzjeist, von
meine kommuualpolliteschen Jrinde iebcrzeigt,
ließ mir ohne Jejenrede dahinfahre»!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.
ein cinträflUclies Seschäst.
Bei de» Weltflllgeu um die Naüonalflugspeude erhält nach den aus-
gestellten Bedingungen der Flieger nur ein Drittel des gewonnenen Preises,
die anderen zwei Drittel erhält der Fabrikant des Flugzeugs.
=^' •
hobelfpäne. ts>
Man feierte manch Jubiläum
Mit Klingklang, Singsang und Tedeum.
Man suchte nach den Festen. Indessen
Hat man das eine doch vergessen.
Es feierte kein Festakkord *
Das Jubiläum vom Königswort.
Fünf Jahre sind es just gewesen,
Daß man vergaß, es einzulösen.
Fünf Jahre! Jst's kein Grund zur Feier
Auf eurer hochgestimmten. Leyer?
Stört es euch an des Thrones Stufen
Im Speichellecken und Hurrarufen?
Wer ist Pegond? Ein Mann, der, selbst wenn er mit dem Kopf
nach unten stiegt, ihn doch oben behält. — Wer ist Bethmann? Ein
Mann, der, so hoch er den Kopf auch trägt, ihn doch bis über die
Ohren im Sumpf der Reaktion stecken hat.
Aus den Reihen der Nationalliberalen tönt hörbar der Schrei nach
einer „Pause in der vielen Sozialpolitik". Die Sozialpolitik wird sich
wundern, daß.man sie extra im besten Schlaf stört, um ihr zu erzählen,
daß sie ruhig weiterschlafen dürfe.
Sechs Löwen lagen tot im Blut — Nun sag' noch einer frank und frei,
O Stadt der Biedermeier! Ob Emil oder Fritze,
Beschossen hat die arge Brut Daß unsre tapfre Polizei
Dein Heer der Polizeier. Nicht „Löwenmut" besitze.
Der Herr Reichskanzler stüchtete sich an die Öffentlichkeit mit der
dringenden Bitte, daß in Zukunft sein hochpolitischer Briefwechsel ebenso
„streng geheim" behandelt werden möge, als wenn es sich um richtige
Kornwalzer handelt. ‘
Mecklenburg ist das Land mit den vielen Seen; darum fällt die
Verfassung dort auch so periodisch und regelmäßig ins Wasser.
Ihr getreuer Säge, Schieiner.
Die Feierschicht.
And aufs neue, wie schon einmal.
Bietet man vom Themsestrand
Zu verständ'gem Einvernehmen
Freundlich fragend uns die Land:
„Schränken wir für eines Jahres
Dauer unsre Rüstung ein, ,
Daß, befreit von Molochs Drucke,
Werke der Kultur gedeihn!"
Michel hört die schönen Worte,
Doch als ein erfahrner Mann,
Den schon manche Loffnung täuschte.
Glaubt der Michel nicht daran;
Glaubt nicht dran, daß eine Gabe,
Die der Völkerwohlfahrt frommt.
Ihm von oben wird beschieden
And vom grünen Tische kommt.
„Nichts zu hoffen", ruft er seufzend,
„Gibt es, scheint mir, für ein Land,
Wo am Steuerruder sitzen
Bethmann, Krupp und Leydebrandt!
Darum heg' ich kühn're Wünsche,
Meines Lerzens Sehnen richt'
Ich auf eine andre, höh're,
Segensreich're Feierschicht:
„Sagt, wie war' es, wenn ihr Mächt'gen,
Die bisher das Volk regiert.
Euer Wirken, Walken, Reden
Auf zwölf Monde inhibiert?
Wenn vor allem du, erlauchte,
Edle Diplomatenschar,
Deine Weisheit ruhen ließest.
Ach, nur für ein einzig Jahr?!" ArminiuS.
Lieber Jaeob!
De Flaumenzeit is ja nu vorbei, aber wat
soll ick sagen, 'ne Weiße hat ooch ihre Wir-
kungen, verstehste. Also ick war letzte» Sonn-
tagabend bei'» entfernten Vetter in Schlorren-
dorf zu Besuch, wo wir uns ieber de dortije
Stadtverwaltung uffs jeistreichste unterhielten.
Besonders sprachen wir von den »eie» ieber-
irdeschen Unterjrundbahnhof Wittenbergplatz,
der nu de janze Jejend verschimpfiert un uff
Wunsch der empeerten Stadtverorntenvxrsamm-
lung durch järtnerische Anlagen soll unsichtbar
jemacht werden.
Fimf jroße Weiße hatte ick mir im Laufe
der anjeregten Debatte zu Jemiete jefiehrt, un
de Mitternachtsstunde schlug bereits, als ick
eilijen Schrittes nach dem Schlorrendorfer
Lnisenplatz strebte, um meine letzte Elektrische
zu ereilen. Aber pletzlich wurde mir im Leibe
so impulsiv zumute, bet ick et nich wagte, mir
det Verkehrsmittel anzuvertraueu, sondern nach
'n anderes Institut Umschau hielt. Aber keen
Leichtturm fier irrende Schiffer ließ sich er-
blicken, un so blieb mir nischt weiter iebrig, als
an die verjoldete Meilensteinkugel jejenieber
dem Kaiser-Friedrich-Deukmal niederzuhucken
un so zu tun, als wenn ick zu Hause wäre.
Et jing in diese menschenstille Jejend ooch
allens nach Wunsch ab, un ick war mit de
jettliche Weltordnung wieder »ersehnt, als pletz-
lich 'n Schutzjeist untauchte un mir mit bar-
schen Worten zur sittlichen Verantwortung zog.
Det Bewußtsein meiner jekränkten Menschen-
rechte un die fimf jroßen Weißen wurden jetz
aber in mir mächtig, un ick setzte mir ent-
schlossen zur Wehr. „Wat winschen Se noch
weiter von mir?" fragte ich mit ironische Be-
tonung dem Hieter der Straßenordnung. „Wes-
halb haben Sie dem Platz verunreinigt?"
herrschte er mir an. „Na, raten Se mal!" ent-
jegnete ick. „Det is hier aber nich erlaubt!"
ieberschrie er mir. „Na, wo soll ick denn?"
konsultierte ick ihm — „effentliche Anstalten
jibt et hier keene nich, un zur Besteijung eenes
privaten Thrones, wie der Herzog Ernst August
von Cumberland, dafor mangeln mir leider
de neetijeu verwandtschaftlichen Beziehungen!"
„Sie haben diesen Ort verunreinigt, kommen
Sie mit nach de Wache!"
Da fiel mein Blick uff de danebenstehende
Anschlagseile un een Jeistesblitz durchleichtete
mein Inneres. „Woso denn?".rief ick triumphie-
rend, „lesen Se jefälligst, wat an diesen Ort
anjeschrieben steht" — nn damit wies ick ihn
uff een Plakat von de Orthozentrische Kneifer-
Gesellschaft — „Los von de Brille! steht hier,
un an diese Ufforderung habe ick mir jehalten
— verstehen Se mir?" „Machen Se feeneit
faulen Witze nich nn kommen Se jntivillig
mit!" Damit faßte er mir an. Ick aber trat
ehrest Schritt zurick, so daß er mir nich langen
konnte, stellte mir in Positur un sprach: „So
also behandelt de hiesige Obrigkeit steierzahlende
Birjer un Urwähler dritter Klasse? Von de
Hochbahnjesellschaft läßt se sich wat Monu-
mentales uff'n Wittenbergplatz machen, rvat
ville mehr zum Himmel stinkt, un icke soll
wejen diese Bajatelle jleich uff't Revier je-
schliffen werden? Wenn mein Uffbau de Schlor-
rendorfer Stadtverwaltung nich jefallen tut,
denn kann se ihm von mir aus ebentso mit
Efei un Rosen beranken lassen wie den Unter-
jrundbahnhof, dem ihr Siemens hinjesetzt hat!"
Damit wandte ick mir eiligst meine ebent an-
fahrende Elektrische zu, un der Schutzjeist, von
meine kommuualpolliteschen Jrinde iebcrzeigt,
ließ mir ohne Jejenrede dahinfahre»!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof, jleich links.