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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 30.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.7671#0407
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8163 • -

Hoch in der Weltgeschichte klingt
Das Wort Revolution,

Es gibt, wen» es zum Volke dringt.
Den allerbesten Ton.

Es ist ein Wort von Zaubermacht,

Voll Kraft und Sturmesdrang,

Fürs Volk in seiner Knechtschaft Nacht
Der allerschönste Klang.

Von Morgenrot und Freiheit glänzt
Die Welt, wo es ertönt,

Lind durch die Hoffnung unbegrenzt
Dem Volk wird sie verschönt.

veutfltzcr Neichtum.

Wir haben nicht immer;u essen;

Was Zleisch und Brot ist knapp.

Doch ichießen in emcr B.Ziehung
Wir Deutlchen den Vogel ab.

Wir sind in diesem Punkte
Die Reichsten seit jeher:

Wir haben gefürstete Häupter
Zahlreich wie Sand am Meer.

wer kennt die Häupter, die Namen?
vergebens die fromme Müh':

Selbst ein Gedächtniskünstler
Erlernte die Menge nie!

In Braunfchweig und in Bayern
Sind nun zwei neue gekrönt —

Wie hat uns das mit der Misere
Des Alliaglevens versöhnt.

Wir haben nicht immer zu essen,

Ls sehlt an Arbeit und Geld —

Doch um die Zursten wird Deutschland
Beneidet von aller Welt!

Helden.

„Weiß! du, was ein Held ist?"

„Ein Held ist ein Mensch, der keine Furcht kennt."

„Ganz recht! Die Helden sehe» sogar dem Tod
in die Angcn, ohne im geringsten zu zittern."

„Gar nicht?"

„Höchstens ein klein wenig. Aber nur inwendig!
Nach anßen lassen sie sich'S nicht merken. Nein,
lim keinen Preis! Lieber sterben sie aus der Slelle,
als daß sie vor dem Tooe Furcht zeigten. Ein
Held geht seinen geraden Weg, hocherhobenen Hauptes,
und folgt einzig und allein dem Kompaß seiner inneren
Überzeugung von dem, was recht ist und gut."

„Großartig!"

„Ja, das ist ein herrlicher Anblick. Alle freuen
sich, wenn sie einen Helden sehen, Namentlich die
Dame»! O, wie ihr Herz erbebt, wenn der Held
eilt Auge ans sie wirst."

„Nur eines?"

„Vor dem anderen trägt er doch gewöhnlich ein
Monokel. Das gibt ihm ein noch kühneres Ans-
sehe». Das heißt, falls das überhaupt noch möglich
ist. Meistens ist eS nicht mehr mögli b. Denn die
meisten Helden sind Leutnants. Die sehen auch schon
ohne Monokel so stolz und tsthn aits, daß sie sich
einfach nicht mehr nbcrbieten können."

„Nur noch »lilherilntcrgclassenerSchnppenkette!?"

„Ja, aber dann »mim dich in acht! Dann tvird's
gefährlich. Kein Held läßt sich ungestraft reizen.
Sonst sträuben sich sofort seine Haare. . . . Pardon,
das ist ein Irrtum. Die Haare des Helden können
sich nicht sträuben, weil er sie ikämlich vorschrists-
mästig kurz geschnitten trägt oder, >vas den Schnurr-
bart angeht, es auch schon erreicht ist. Nur die
Haare des Backenbarts könnten sich noch sträuben.
Aber er hat ja gar keine Haare an seinem Backenbart."

„Weil er noch zu jung ist?"

„Nein, er hat keine, auch wenn er schon welche
hat. Sobald welche kommen, läßt er sie gleich wcg-

Alte und neue Revolution.

Das Wort ist wie ein Frühlingshauch,
Der alles neu belebt
Lind aus des Alten flllcht'gem Rauch
Die Welt sich neu erhebt.

So war einst die Revolution,

Stolz schritt sie durch die Welt;

Doch heut gibl's einen andern Ton,

Heut klimpert's wie von Geld.

Der Pankee hat mit dem Dollar
Zu kaufen sie geprahlt
Lind hat in Mexiko in Bar
Revolution bezahlt.

—-o o o-

rasieren. Der oberste Herr wünscht nicht, daß seine
Leutnants Backenbärte tragen, und sie fürchten sich
natürlich, diesem Wunsche entgegenzuhandcln."

.„Wa—a—as? Sic fürchten sich? Ich dächte,
Helden fürchteten sich nicht einmal vor den, Tode?"

„Ja, vor dem Tode — das ist natürlich etwas
anderes. Hier handelt cs sich aber um etwas Leben-
diges. Bon der Gnade des obersten Herrn hängt
alles ab, und Patent und Beförderung sind doch kein
Pappenstiel. Doch — pst! Da kommt einer."

„Ein Pappenstiel?"

„Ach nein, ei» Held. Still! Sag' ihm nur nicht,
daß ich gesagt hätte, er fürchte sich vor irgend etwas.
Er würde mir gleich den Degen durch den Leib rcniicn.
Zumal er in 'Gesellschaft einer Dame ist."

„Die kenne ich. Es ist seine Braut."

„So? Aber die wird er sicher nicht heiraten.
Die hat doch keinen Pfennig Geld. Das weiß ich
ganz genau, lind da er auch keins hat — also?"

„Was — also?"

„Also wird er sic nicht heiraten, und wenn sie
jetzt noch so sehr seine Braut ist. Das ist doch sehr
einfach. Er mußte sonst fürchten . . ."

„So, fürchtet sich dein Held schon wieder?"

„Schon wieder? Bloß vor der Ungnade seines
obersten Herrn. Und das ist doch ganz natürlich!"

„Gewiß, gewiß! Für einen tapferen Mann gibt's
sicher nichts Natürlicheres, als nach der Pfeife dessen
zu tanzen, der schon über sein Schicksal gebietet."

,/Nicht wahr? Das meine ich auch. Und darum
tanzen die Leutnants auch keinen Tango, weil inan
ihti von oben nicht pfeift Worüber viele Damen
ganz »»tröstlich sittd, weil der Tango doch ein so
himmlischer Tanz ist, so innig angeschmiegt mt die
Brust des Helden. Manche von diesen sütd übrigens
auch traurig darüber."

„Das sind datin also traurige Helden."

„Ja; aber noch viel mehr sind ganz froh dar-
über — weil sic nämlich den Tango gar nicht
lönneu. Das sind jetzt fröhliche Helden."

„Nein, das siitd erst recht traurige Helden."

„Aber sie sind doch froh über das Verbot?"

„Gerade deshalb!" ©

Russische Weihnachtspredigt.

. und Joseph und Maria flohen mir ihrem Knäb-
lein nach Ägypten, da Herodes, der Judenkönig, in
Bethlehem den ersten Nitnalkindcrmord veranstaltete!"

Auf Aktien wird in jenem Land
Sie wohl organisiert
Lind von dem freventlichen Brand
Der Bankee profitiert.

Lind die einst neue Welten schuf.

Die Göttin stolz und schön.

Sie muß jetzt auf der Protzen Ruf
Gar noch zur Börse gehn.

Bis sie sich auf sich selbst besinnt

Lind an des Volkes Land

Den alten Llmzug neu beginnt

Lind frei macht Volk und Land. A. T.

Die Begeisterung in Bayern.

Ein plötzlicher Hagelschauer prasselt nieder. Alles,
was auf der Straße bummelt, flüchtet in die Häuser.
Ich trete in ein Restanrant ein.

Dort sitzt der Wirt bei einem Herrn aus Nord-
dcnlschland und erzählt ihm lang und breit von der
großen Voltsbcgeisternng während der bayerischen
Königsmacherei.

„Sogar jetzt noch schreiben Misere besseren Blätter
begeisterte Nachrufe," sagt schließlich der Wirt und
legt dem Fremden irgend einen Generalanzeiger hin.

Der Nolddeutschc liest und schüttelt zweifelhaft
den Kopf. Dann fragt er seinen Nachbarn: „Kinn,
meitl Herr, wie hat Ihnen d e Konigskrönung ge-
fallen?"

Der Gefragte mißt den Fremden mit einem gleich-
gültigen Blick. „Ich kann Ihnen gar nicht sagen,
wie schauderhaft gleichgültig mir die Sache ist,"
meinte er und bläst den Ranch mit spitzem Mund
i» blaue Ringe.

„S c sind doch Bayer? Wie gefällt Ihnen die
Königssache?" fragt nun der Norddeutsche eigen-
sinnig einen andern Gast.

„Prächtig! Wir haben's ja; ivas lie t an ein
und cinhalb Milliönchen, wen» man dafür gleich
zwei Könige haben kann?" spottet dnser.

Da steht der fremde Herr auf und wird iholt
die Frage am nächsten Tisch.

„Ich will mei Ruh' haben! mir ist die Sach'
wnrst, ganz Wurst!"

Ein anderer Gast mischt sich hinein und bald ist
der schönste Krach fertig.

„Daran ist bloß der Preuße dort mit seiner
Fragerei schuld," kmirit der Wirt itnd winkt seinem
Hausknecht.

Der Fremde geht. Ich folge ihm ans dem Fuß.

Als ich über die Straße gehe, rasselt oben ans
dem offenen Fenster ein Grammophon: He.l unserm
König, heil! L P.

<23 (23

5)eilige Nacht.

Die Lichtlein brennen wunderhell.

Die kleinen Füßlein gehen schnell —

Lind kleine Händchen fassen zu, —

Aus Kinderherzen flieht die Ruh',

Weil sie so endlos glücklich sind —

Am Kreuzweg sitzt ein armes Kind.

Grüntannendust erfüllt den Raum
Lind all die Wonne faßt er kaum.

Die froh aus aller Augen lacht.

Oh diese schöne Wundernacht,

Sie bringt den Mensch in Himmelsnäh'-

Das arme Kind sinkt in den Schnee.

Ein Wunsch nur füllt ein jedes Herz,
Denn alle drängt es himmelwärts
Llnd leise klingt das heilige Lied,

Das wie ein Traum zur Löhe zieht:
„Gelobet sei Herr Jesus Christ-"

Das arme Kind gestorben ist. Frih Sänger.
 
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