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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 30.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.7671#0410
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8166 • -

Der kleine Terrorist.

„Ham Se noch immer tcene Reklainemarten?"

„Nee, mein Jung!"

„Na, denn wer' ick meine Mutter sagen, det se nischt mehr bei Sie koosen soll
-o o o--

Gesammelte Reden des Lanptmanns
v. Krachwitz an seine Kompagnie.

IX. Die Pflicht zu schweigen.

Also mal herhören! Also ich will euch noch
mal jnnz jehörig ins Jebet nehmen wejen
der verfluchten Erzählerei immer. Das soll
nich sein! Merkt euch das ein for allemal.
Was hier vorjeht un passiert, und was hier
jesagt wird, is bloß für euch bestimmt un jeht
keinen außer der Kaserne was an. Also das
bitte ich mir aus! Feldwebel! Stoppen Se mir
mal diesen Kerl mit seinem frechen Jesicht en
bißchen an die Seite! So! Noch weiter zurück!
Der Kerl füllt mir direkt ans die Nerven, tal-
sächlich, wenn er mich mit seinen unverschämten
Angen so anstiert. Das heißt: hören Se aber
man jefälligst zu, Musjö, denn für Sie jilt es
janz hauptsächlich!

Also was manchmal entstehen kann, wenn
hier jedes Wort nach draußen jetragen wird,
das konnte man an der Jeschichte sehen, die
da in Elsaß-Lothringen passiert is. Das Publi-
kum da unten is nämlich von derselben Sorte
wie hier bei uns, bloß noch e» bißchen frecher,
aber sonst dieselbe Koleur in jrün: jroßschnauzig
un ohne jede Ahnung von militärischem Jeist,
j nau wie bei uns hier die Polacken. Aber wie
jesagt: noch frecher. Hat da en Offzier zu'nem
Mann jesagt, er solle sich orndlich wehren, wenn
ihm einer in die Quere käme un ruhig zu-
stechen, wenn's sein müßte — das is auch janz
in der Ordnung — un er solle sich von ihm
noch zehn Mark holen, wenn er so 'nen Mackes,
so nennt man die Jesellschaft da, wir sagen
hier Polacken, durch den Wanst gerannt hätte.

Das hat nun unjlaublicher Weise so'n Wackes
bei seiner Sippe erzählt, un die hat denn das

janze Nest rebellisch jemacht. Alle Abend jroßer
Auflauf, Radau un andere Frechheiten! Na,
es hat natürlich bald welche an den Schnabel
jejeben, Polizei un Gendarmerie sind losjelassen
etzeterapeepee. Aber es is doch 'ne unanjenehme
Jeschichte, zumal wenn man den Radau nich
jleich richtig behandeln kann, wie es sich jehört:
Seitenjewehr aufjepflanzt, Sturmriemen runter
un denn druff auf die Baude!

Slber das soll denn auch »ich sein un darum
iS sone Sache eben unanjenehm. Die jemeincn
Zeitungen fallen natürlich jleich über sowas
her un nachher kommt noch der verehrte Reichs-
tag un quatscht un quatscht etzeterapeepee. Da
is cs schon besser, man jeht jleich orndlich vor.

Na, was die Zeitungsfritzen anbetrifft, diese
dreckigen Tintenjuden, da kann man sich noch
helfen. Das hat mir wirklich wohl jetan, daß
da 'mal ein paar österreichische Offiziere kur-
zen Prozeß jemacht haben. Da is nämlich auch
so'n Schandblatt jewesen - von Ihrer Koleur,
Musjö! , das ein anständiger Mensch bloß
'mal auf der Latrine in die Hand nimmt, un
hat allerlei Lug un Stank jebracht. Sie sollen
mich nich immer so dreckig anstieren! Sie! I
Jitt! das is janz genau so'n Kerl! Also hier
sind die Offziere den Tintenklexern einfach aus
die Bude jerückt un haben der Jesellschait die
Jacke voll jehauen. Jawoll! Orndlich die Jacke
voll jehauen! Das is nämliche das einzig Rich-
tije! Hei, da mögen se schön herumjetanzt sein,
die Herren Redakteure, wie es da Feuer auf
den Frack jejeben hat! Das is nämlich so: in
der Zeitung immer die jroße Fresse, daß man
denkt, es wär n alles Riesenkerle, un wenn
man se sich richtig vornimmt, dann springen
se wie die Laubfrösche. Also das ist das ein-
zige Mittel.

Was - was is denn daS da? Wer hat
denn da immer was zu schwatzen? Wer? So,
der? Was hat der Kerl jesagt? So -- die
Tintenklexer hätten den Offizieren die Säbel
wegjenonnnen? Na, das laß er sich man nich
einbiiden. So 'ne Schlappstiebel sind es nich,
daß sie sich von diesem Kroppzeug die Säbel
wegnehmen ließen, llbcrhanpt: was hat der
freche Lümmel hier zu sprechen, wenn ich in-
struiere? Hier beim Dienst sprechen! Na, ich
ivill ihm den Zimmt besorien! Also schreiben
Se auf, Feldwebel: dieser Kerl hier mit Ieiner
jemeinen Jesinnung fünf Stunden feldmarsch-
mäßig Strafexerzieren! Feldmarschmäßig! We-
jen weil er bei der Instruktion durch seinen
Kompagniechef gesprochen hat!

So! Alto noch 'mal: hier wird nich jleich
alles rausjetragen! Un der Lümmel da exzer-
ziert! Laß er sich bei seinen jroßsressijen Freun-
den bedanken. Wegjetreten!

es es

Ein süßer Tod.

Der süßeste Tod ist bekanntlich der Tod für König
und Vaterland. Alle, die mit dem Leben davon-
gekommen find, bezeugen es.

Danach aber kommt gleich, was die Süßigkeit
anlangt, der Tod für ein anderes Mitglied des
königlichen Hauses. Viele Patrioten drängen sich
neuerdings danach, indem sie sich von prinzlichen
Automobilen überfahren lassen. So letzthin ein drei-
jäbriges Mädchen in Potsdam, das sich von dem
Auto des Prinzen Friedrich Leopold junior den
süßen Tod bereiten ließ.

Dagegen gibt es kein Mittel. Tenn langsamer
fahren — das geht einfach nicht. Man bedenke doch,
wie beschäftigt die Prinzen sind, um ihr Stück Brot
zu erarbeiten. Da sind sic natürlich immer sehr in
Eile. D
 
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