Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 31.1914

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8258#0351
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
8523

ver gepeiniglc lohn vuU.

„Verflucht! Kaum ist die ,Emden' unschädlich gemacht, sitzt mir
Deivet auf der Glatze!"


DovelspÄne. eT


Moskaus Krämer fragten jüngst
Ihren angestammten Zaren,
Ob nicht bald der Frieden winke,
Die Geschäfte gehen schlecht.
lind das freche Nikoläuschen
Warf gewaltig in die Brust sich:
Frieden will er dann erst schließen,
Wenn der Feind darnieder liegt.
Welch ein Wort rann unbedachtsam,
Niklas, über deine Lippen!
Denn der schlimmste Feind der Russen
Ist bekanntlich doch der Zar.

Der Dalai Lama von Tibet befindet sich in großer Verlegenheit;
wenn er für die Engländer betet, verhauen ihn die Chinesen, — betet
er für die Chinesen, kriegt er Prügel von den Engländern.

Tsingtau und Emden, alabonnör,
Besatzung ganz auserlesen,
Es sind, es kann nicht anders sein,
Auch Schreiner dabei gewesen.
Scharf fuhr der Hobel übers Brett,
Daß nur die Späne so flogen.
Da lag fürwahr Musste drin.
Und ist die Arbeit zu loben.
Einige Tausend Schreiner könnten Beschäftigung finden beim Aus-
bessern des Holzwegs, auf den: die Alliierten wandern.
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

auch andere Stammesgenossen teilhaftig zu
machen. Edel, hilfreich und gut, wie diese zoo-
logische Völkerrasse bekanntlich ist, schlich er
sich heimlich ins englische Lager und kaiiümit
ein Dutzend von seine stolze und kühne Kame-
raden bei Meiern retour, die sich alle die
Schnauzen leckten und sagten: „Hunger!"
Aber jetzt unser Einjähriger! Die zwölf Ge-
fangenen sind seine und er wurde nächsten
Tag in: Regimentsbefehl deswegen belobigt.
Die Knöppe bekam er sofort und es kann leicht
sind, daß er sogar noch zu das Eiserne ein-
gegeben wird,
Und wem hat er das alles zu verdanken?
Ihr werdet Euch diese Frage selber beant-
worten können, geliebte Eltern, und ich gebe
mir die zuversichtliche Hoffnung hin, daß Ihr
nicht zögern werdet, mir vermittels einige
Präpelkisten recht bald in eine ebenso ehren-
volle Lage zu verhelfen, wie der Einjährige
Meier sich drin befindet!
Euer ewig dankbarer Sohn
August Säge jun., Garde-Grenadier.
M LS
Glossen.
Der Prozeß von Serajewo ist noch lange
nicht zu Ende: auf den Schlachtfeldern Europas
wird er noch immer hartnäckig weiter ver-
handelt!
Den Kartoffel- und Petroleumwucherern
müßte ans Staatskosten täglich ein Festessen
aufgetischt werden, das sehr wohlschmeckend
sein soll ... nämlich: mit Petroleum gebratene
Kartoffeln.

Kriegsgespräch.
„Wo haben Sie sich dasEiserne Kreuz geholt?"
„Bei Antwerpen."
„Im Sturm, nicht wahr?"
„Nein, im Regen."
Lieber Jacob!
De Engländer haben wir nu doch nach Ruh-
leben expedieren missen, weil de Deitschen in
det freie britischeJnselreich jarzu ausverschämt
jeschunden wurden. Jetz wird von uns nach
det Prinzip „Wurscht wider Wurscht" ver-
fahren, wat in Bezug uff de Verflejung jerade
keen Nachteil nick; is, indem de Wurscht sach-
teken anfängt, zu de kostspieligsten Ausschwei-
fungen zu zählen, un wir einjeborenen Berliner
uns'n paar Knobländer jetz bloß noch bei fest-
liche Jelejenheiten leisten können. In diese Hin-
sicht werden et also de Ruhlebener Lords vil-
leicht besser haben, un ick jönns se diesen seeli-
schen Trost, denn ick bin nich so rachdurschtig
un nachträglich wie een Teil von unsere hiesije
Jeschäftswelt, die jetz riss eenmnl allens Eng-
lische am liebsten jänzlich vom Erdboden aus-
rotten mechte. Frieher setzte jeder Schneider
seinen Stolz drin, det er de Kluft for seine
Kundschaft bloß nach de englische Mode machen
konnte, un jeder Bratenstipper mußte partuh
Londoner Fassong haben. Nu jibt et det aber
nich mehr un Du dersst in keenen Laden über-
haupt nischt verlangen, wat bloß in't entfern-
teste an Jroßbritannien un Irland erinnern
tut. Bei't englische Leder kann ick det Verfahren
noch einijermaßen bejreifen,indem wirdetjejen-
wärtig selber am besten un dauerhaftesten zu
jerben verstehen; aber sehr peinlich war et neu-

lich for mir, wie ick mir in 'n Finger jeschnitten
hatte un englischet Flaster koofen wollte. Wie
ick bei den Drogenfritzen war, jraulte ick mir,
detWort „englisch" ieber de Lippen zu bringen.
Denn der Mann hatte 'ne schwarz-weiß-rote
Strippe in't Knopploch stechen un sah ooch sonst
sehr handjreiflich aus. Frieher war er janich
so un hat mir oft de jaranliert echte englische
Seefe anjeschmiert, die er ohne alle nazjonale
Vorurteile eijenhändig unten in seinen Keller
kochte. Am schlimmsten aber jeht et doch meinen
Jingsten, der de englische Krankheet hat un sich
nu mit seine Schulkameraden rumwamsen muß,
diesihm von wejen sein Leiden for'n Erbfeind
betrachten un dementsprechend zu behandeln
versuchen, wat fe aber meist schlecht bekommt.
Im iebrijen haben wir noch immer keen Pe-
troleum nich un ick bin abends jeneetigt, mein
eijenes Licht leichten zu lassen, wo aber meine
Olle erklärt, det se dabei nich Kartoffeln schälen
kann, een Verjniejen, det ja nu ooch von Tage
zu Tage kostspielijer wird. Aber wir missen uns
ebent mit det christliche Bewußtsein treesten, det
et de feindlichen Staaten erst recht klatrig jeht.
Neilich las ick in de Zeitung, det in Rußland
sojar een Mangel an Tinte herrschen tut. Wie
det kommt, kann ick mir allerdings nich erklären,
selbst wenn ick annehme, det de Kosaken jetz von
wejen det Schnapsverbot zu dieses wenijer be-
rauschende Jelränke jejrifsen haben. Denn et
muß trotzdem immer noch 'n knollijer Jberfluß
von Tinte vorhanden sind, sonst konnte doch de
janze russische Armee nich bis ieber de Ohren
drinne sitzen!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthils Nauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
 
Annotationen