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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0022
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3m Abendrot.

versunken ist die Sonne fast,

Bald ist der junge Tag entfloh»,

Fern türmt sich auf Gewölk und Glast,

Und näher zieht der Übend schon.

va - plötzlich grell ein Leuchten glimmt!
Oer Horizont wvd eine Glut!

Oer Wald, die wiese - alles schwimmt
Uls wie in einem Meer von Blut!

Und Urähsn schwärmen dicht herbei,

Ein schwarzes, unheilvolles Heer,

Oie stoßen ihren schrillen Schrei,

Und ihre Flügel schlagen schwer.

Sie schwimmen durch die rote Glut,

Ihr Urächzen Klingt wie ein „Zuhu!"

Sie schwimmen durch das Meer von Blut
Oem nahen dunklen Walde zu.

Utein Schritt versagt: was soll dies fei»?

In Polen tobt die Uussenschlacht —

Kanonen donnern überm Rhein —

Um Westmeer steh» wir auf der wacht —

Kommst du von dort, bn schwarze Brut?
Kommst du vom frechen Leichenschmaus?
bind trüb und schwer wird mir zumut,

Und stumm und still geh' ich nach Haus.

___ E. Maar.

Zu der Kriegskonditorei.

Ein friedliches Bild aus ernster Zeit.

Von A. L.

In der Hauptstraße des Städtchens liegt
eine einfache kleine Konditorei, in der ein guter
Kaffee verabreicht ivird. Im Schaufenster sind
verlockende Äpfel- und Mandelkuchen soivie
kleines Gebäck aufgebaut. Drei kleine runde
Marmortischchen stehen im einzigen Raum des
Geschäfts, und hinter dem Ladentisch walten
der Inhaber und eine junge Französin mit
großen, dunkle» Augen ihres Amtes.

Die Konditorei ist voll von Soldaten, die
gemütlich um die Tischchen sitzen und Kaffee
trinken. Ter Kaffee ist billig, zivei Sous (acht

Pfennig) kostet die Tasse mit Milch und Zucker;
der Kuchen ist teuer, denn das Mehl ist knapp.

■316er trotz des hohen Preises haben alle Feld-
grauen große Stücke Obstkuchen vor sich und
beißen mit wahrem Heißhunger hinein. Cie
kommen von ihrem Truppenteil aus der Front
mit irgend einen: Auftrag; meist haben sie für
die Kompagnie, die seit Wochen vorn ini
Schützengraben liegt, Einkäufe zu machen. Wie
trefflich auch die Einrichtung der Feldküchen
ist, und wie vorzüglich auch einige Kochkünsllcr
in de» unterirdischen Kochstätten ihr Amt ver-
sehen, auf die Dauer ist Erbswurst und Speck
etivas eintönig, und so kommt es, daß eine
warme Tasse Milchkaffee mit Kuchen den
wackeren Kämpfern als der Inbegriff aller
Leckerbissen erscheint.

Die zuletzt angekommenen Krieger sprechen
kein Wort Sie trinken zivei, drei, vier Tassen
Kaffee und vertilgen unheimliche Stücke Kuchen,
lind erst, wenn das wohlige Gefühl der Sätti-
gung eingetreten ist, geht es ans Fragen und
Erzählen. Die einzelnen Heldentaten werden
von de» Männern meist mit schlichter Selbst-
verständlichkeit dargestellt; aber wenn die Rede
ans ihre unterirdischen Wohnungen in den
Schützengräben kommt, dann entsteht ein eifri-
ger Wettbeiverb und jeder sucht de» anderen
zu überbieten.

„Wir haben richtige Matratzen", erzählt
ein behaglich seinen Kaffee schlürfender Sachse,
„Matratzen und ein Kanapee aus dem hinter
uns liegenden verlassenen Dorfe, das die fran-
zösische Artillerie zerstört hat."

„Das ist gar nichts", erwidert ein Badener,
„wir haben ein Klavier und unser Offizier-
diensttuer spielt manchen lustigen Marsch dar-
auf; auch gesungen wird kräftig zur Klavier-
begleitung, besonders mittags in der Feuer-
pause."

Die Krone setzt allem aber die Mitteilung
eines Landwehrmanns auf, der schilderte, wie
sie ein Quartett gebildet hätten. Er spiele
Mundharmonika, ein Kamerad besitze eine Kla-
rinette, ein anderer benutze einen alten Tür-

flügel als Pauke, und der vierte bearbeite einen
Feuerhaken als Triangel. „Die feinsten Kon-
zerte haben wir damit in Szene gesetzt," schließt
der Erzähler. Alles lacht.

Dan» wendet das Gespräch sich ivieder ern-
sten Dingen zu: von gefallenen Kameraden,
ro» der Heimat und de» Nachrichten, die man
von den Angehörigen erhalten hat.

Da ertönt Pferdegetrappel. Eine Patrouille
reitet vorüber, kraftvolle Reiter, die Lanze in
der markigen Faust. Neugierig schauen die
Feldgrauen hinaus. Plötzlich ein Ruck. . .,
ei» Marmortischchen fällt polternd um, die
Tassen zerschmettern auf dem Boden, Stühle
fliegen zur Seite, und ein Landsturmmann, der
bisher stumm schmunzelnd in der Ecke gesessen,
stürzt zur Tür hinaus: „Fritz, Fritz, inein
lieber Junge, hier bin ich, dein Vater!"

Betroffen hält ein junger Reiter sein Roß
an, erkennt den Vater, springt vom Pferde und
hält ihn in den Armen. Und nun sprudelt'S
von Fragen: „Vater, wo stehst du? Wie geht's
der Mutter und den Geschwistern? Habt ihr
den Roggen gut hereingebracht?"

Und der Vater schaut nur immer strahlend
in das frische, junge Gesicht, bis der Patrouillen-
führer mit bewegter Stimme mahnt: „Kamerad,
ivir müssen weiter!"

Da springt der Junge ivieder auf, einmal
schaut er zurück, und noch eininal und immcr
wieder. Dann winkt er »och mit der Lanze.

Der Vater steht beivegungslos an der Tür,
ergriffe» die andern hinter ihm; die kleine
Französin aber drückt schluchzend ihr Gesicht
ins Taschentuch . ..

Liebesgaben.

Ein Vater erzählte seinem kleinen Hans, daß
die Engländer nun auch die Indianer gegen
uns ins Feld führen wollten.

Da fragte der in Jndianecgeschichten schon
sehr belesene Bub: „Sag' mal, Vater, da müssen
dann die Jndianerfrauen wohl Lederstrümpfe
stricken?"
 
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