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Verleg von E. Auer . Roubaix, Nordfrankreich
Ein Weihnachtsgruß bayerischer Parteigenosse» an die Heimat.
Meyer und Kompagnie.
Herr Meyer ist auf dem Wege ins
Geschäft. So eilig er es aber auch
hat, er bleibt doch einen Augenblick
bei dem neuesten Depeschenanschlag
stehen. Aus drei kurzen schwarzen
Zeilen steigt d erBlutd urst d erSchlach-
ten, klingt das heldenhafte Ringen er-
bitierlerKämpfer, spricht es von viel
tausend Tote» und Verwundeten.
„Es ist eine ernste Zeit," sagt Herr
Meyer mit bedeutungsvollem Kopf-
nicken, und als er merkt, daß er Zu-
hörer hat, setzt er mit schmerzlicher
Miene hinzu: „Und auch eine schwere
Zeit für alle."
Dann geht er fort in der Haltung
eines Mannes, dem der Krieg die letz-
ten Hilfsquellen verstopft hat. Manch
teilnehmender Blick gutmütiger Men-
schen folgt ihm.
Vor der Tür seines Kontors tritt
eine junge, kränkliche Frau au ihn
heran. „Ich schenke nichts," sagt Herr
Meyer schnell, noch ehe sie eine Bitte
aussprechen kann. „Meine Geschäfte
gehen selbst so schlecht, daß ich nicht
aus noch ein iveift."
„Ich will auch nichts geschenkt,"
sagt die Frau. „Ich ivill nur etwas
besseren Lohn. Für eine leinene Kran-
kenhose mit zwei Taschen zahlen Sie
mir achtzehir Pfennig. Und davon
kommt die Furnitur noch in Abzug,
daran muß ich zwei Stunden ar-
beiten. Denken Sie, daß ich von
sieben Pfennig Stundenlohn existieren kann?"
„Liebe Frau," sagt Meyer mit kläglichem
Gesicht. „Wenn Sie meine Sorgen kennen
würden und die niedrigen Preise, die ich be-
komme, ivürde» Sie mehr als zufrieden sei»!"
Und mit einer geschickten Wendung ist er int
Kontor.
Der Buchhalter, der schon auf ihn gewartet
hat, unterrichtet ihn von der neuesten Be-
stellung der Militärbehörde und der Rote-
Kreuz-Krankenhäuser. Viele tausend StückFeld-
mäntel, Waffenröcke, Hosen, Reithosen sind es.
„Die Bestellungen sind schon an die Heim-
arbeiter weitergegaugcn," berichtet der Buch-
halter. „Das freut mich," sagt Meyer voll Sal-
bung, „da unterstützt man die armen Leute in
diesen schivere» Zeiten doch etwas."
Der Buchhalter zuckt mit den Achseln, als
ivollte er sagen: Mir brauchst du doch nichts
vorzumachen!
Dann berechne» sie lnide de» in Aussicht
stehenden Gewinn. Es ist ein glattes Geschäft:
für einen Feldniantel bekommt der Schneider
vier Mark, das Bekleidnngsamt zahlt an Herrn
Meyer acht Mark. In diesem Schema bewegt
sich alles.
Das macht auf die viele» tausend Stück
eine» Bombenverdieust aus. Selbst Meyers
Antlitz beginnt zu leuchte».
Aber draußen zur Mittagstunde hat er sich
schon wieder beherrscht.
„Eine schwere Zeit," sagt er seufzend zu
einem Bekannten. „Namentlich für uns Ge-
schästsleute. . . ."
Der Äerr Seehund.
Ich wandle langsam durch de»
„Zoo". Hier merkt man nichts voui
Krieg; es ist alles tute sonst. Zwischen
den herabfallenden Blättern der
Bäume, rollen die Reifen der spielen-
den Kinder. Es sind gutgekleidete und
offenbar auch gut genährte Kinder,
die Schokolade, Kuchen, Nüsse und
Obst an die Tiere verteilten.
Es geht den Tieren nicht schlecht,
denke ich und mache mir so meine
Gedanken. Dann gehe ich weiter. Bei
den Seehunden und Seelöwen lauscht
eine große Menschengruppe den Er-
llärungen des Wärters.
„Das schwieligste war," so berichtet
er, „jetzt in.Kriegszeiten das nötige
Fntler für die Tiere zu bekommen.
Das Pferdefleisch für die Raubtiere
ist ja auch teurer geworden. Wo soll
man aber die Seefische für die See-
hunde herkriegen?"
Aue Gesichter legen sich in tiefe
Falten des Nachdenkens. Ein Herr
bemerkt lächelnd: „Da wäre es doch
das einfachste gewesen, sie abzuschaf-
stn.S ehuitde sind doch nicht so selten,
daß man sienicht auch nach demKriege
sofort ivieder anschaffen könnte!"
Aber der Einwand wird keiner Wi-
derlegung gewürdigt.
„Die Tiere sind kolossal gefräßig,"
fährt derWärter fort, „so daß die paar
Seefische, die man jetzt noch kriegen
kann, gar nicht in Betracht kommen.
So haben ivir den» die Seehunde und Fisch-
ottern allmählich an Flußfische gewöhnt. Viele
hundert Zentner Flußfische kommen zu uns und
werden von den Tieren schon ganz gutivillig
gefressen. Da, sehen Sie nur!" Er ivirft ei»
paar Barsche und Karpfen in das Bassin, die
sofort ergriffen und verzehrt iverden.
Mir läuft das Wasser im Munde zusammen.
Ich esse für mein Leben gern Flußfische, ris-
kiere aber seit langem, keinen zu kaufen, weil
sie zu teuer sind. Und, hier werden Hunderte
Zentner verfuttert und man ist noch froh, daß
die Herren Seehunde nicht dagegen protestieren.
Beini Hinausgehen rechne ich »ach, ivieviele
arme Familien jetzt für eine Weile ivohl gern
— Seehunde oder Fischottern im „Zoo" sein
möchten. . . .
Verlag von I. H. W. Dietz Nachf. G.m.b.5). in Stuttgart.
Das Kapital
Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx
Volksausgabe
Herausgegeben von Karl Kantsky
XLVI11 und 768 Seiten
Preis broschiert M. 5.50, gebunden M. 0.50.
Der Briefwechsel zwischen Friedrich
Engels und Karl Marx 1844-1883
HerausgegebenvonA.BebelundEd.Bernsteiu
Vier Bände Großoktav
Der Preis für die vier Bände beträgt brosch. Bk. 40. , geb. M. 44.—
August Bebel
Die Frau und der Sozialismus
Gebunden M. 3.—, in Geschenkeinband M. 3.50
Aus meinem Leben
Drei Bände gebunden M. 7.25, im Geschenkeinband M. 8.25
Ein Rückblick aus dem Jahre 2000
Von Edward Bellamy - Übersetzt von Klara Zetkin
Zweite, durchgcsehene Auflage. Preis gebunden M. 1.—
Kunde von Nirgendwo
Ein utopischer Roman von William Morris
Herausgegeben von Wilhelm Liebknecht
Zweite, illustrierte Auflage. Preis gebunden Mk. 1.—
Verleg von E. Auer . Roubaix, Nordfrankreich
Ein Weihnachtsgruß bayerischer Parteigenosse» an die Heimat.
Meyer und Kompagnie.
Herr Meyer ist auf dem Wege ins
Geschäft. So eilig er es aber auch
hat, er bleibt doch einen Augenblick
bei dem neuesten Depeschenanschlag
stehen. Aus drei kurzen schwarzen
Zeilen steigt d erBlutd urst d erSchlach-
ten, klingt das heldenhafte Ringen er-
bitierlerKämpfer, spricht es von viel
tausend Tote» und Verwundeten.
„Es ist eine ernste Zeit," sagt Herr
Meyer mit bedeutungsvollem Kopf-
nicken, und als er merkt, daß er Zu-
hörer hat, setzt er mit schmerzlicher
Miene hinzu: „Und auch eine schwere
Zeit für alle."
Dann geht er fort in der Haltung
eines Mannes, dem der Krieg die letz-
ten Hilfsquellen verstopft hat. Manch
teilnehmender Blick gutmütiger Men-
schen folgt ihm.
Vor der Tür seines Kontors tritt
eine junge, kränkliche Frau au ihn
heran. „Ich schenke nichts," sagt Herr
Meyer schnell, noch ehe sie eine Bitte
aussprechen kann. „Meine Geschäfte
gehen selbst so schlecht, daß ich nicht
aus noch ein iveift."
„Ich will auch nichts geschenkt,"
sagt die Frau. „Ich ivill nur etwas
besseren Lohn. Für eine leinene Kran-
kenhose mit zwei Taschen zahlen Sie
mir achtzehir Pfennig. Und davon
kommt die Furnitur noch in Abzug,
daran muß ich zwei Stunden ar-
beiten. Denken Sie, daß ich von
sieben Pfennig Stundenlohn existieren kann?"
„Liebe Frau," sagt Meyer mit kläglichem
Gesicht. „Wenn Sie meine Sorgen kennen
würden und die niedrigen Preise, die ich be-
komme, ivürde» Sie mehr als zufrieden sei»!"
Und mit einer geschickten Wendung ist er int
Kontor.
Der Buchhalter, der schon auf ihn gewartet
hat, unterrichtet ihn von der neuesten Be-
stellung der Militärbehörde und der Rote-
Kreuz-Krankenhäuser. Viele tausend StückFeld-
mäntel, Waffenröcke, Hosen, Reithosen sind es.
„Die Bestellungen sind schon an die Heim-
arbeiter weitergegaugcn," berichtet der Buch-
halter. „Das freut mich," sagt Meyer voll Sal-
bung, „da unterstützt man die armen Leute in
diesen schivere» Zeiten doch etwas."
Der Buchhalter zuckt mit den Achseln, als
ivollte er sagen: Mir brauchst du doch nichts
vorzumachen!
Dann berechne» sie lnide de» in Aussicht
stehenden Gewinn. Es ist ein glattes Geschäft:
für einen Feldniantel bekommt der Schneider
vier Mark, das Bekleidnngsamt zahlt an Herrn
Meyer acht Mark. In diesem Schema bewegt
sich alles.
Das macht auf die viele» tausend Stück
eine» Bombenverdieust aus. Selbst Meyers
Antlitz beginnt zu leuchte».
Aber draußen zur Mittagstunde hat er sich
schon wieder beherrscht.
„Eine schwere Zeit," sagt er seufzend zu
einem Bekannten. „Namentlich für uns Ge-
schästsleute. . . ."
Der Äerr Seehund.
Ich wandle langsam durch de»
„Zoo". Hier merkt man nichts voui
Krieg; es ist alles tute sonst. Zwischen
den herabfallenden Blättern der
Bäume, rollen die Reifen der spielen-
den Kinder. Es sind gutgekleidete und
offenbar auch gut genährte Kinder,
die Schokolade, Kuchen, Nüsse und
Obst an die Tiere verteilten.
Es geht den Tieren nicht schlecht,
denke ich und mache mir so meine
Gedanken. Dann gehe ich weiter. Bei
den Seehunden und Seelöwen lauscht
eine große Menschengruppe den Er-
llärungen des Wärters.
„Das schwieligste war," so berichtet
er, „jetzt in.Kriegszeiten das nötige
Fntler für die Tiere zu bekommen.
Das Pferdefleisch für die Raubtiere
ist ja auch teurer geworden. Wo soll
man aber die Seefische für die See-
hunde herkriegen?"
Aue Gesichter legen sich in tiefe
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bemerkt lächelnd: „Da wäre es doch
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stn.S ehuitde sind doch nicht so selten,
daß man sienicht auch nach demKriege
sofort ivieder anschaffen könnte!"
Aber der Einwand wird keiner Wi-
derlegung gewürdigt.
„Die Tiere sind kolossal gefräßig,"
fährt derWärter fort, „so daß die paar
Seefische, die man jetzt noch kriegen
kann, gar nicht in Betracht kommen.
So haben ivir den» die Seehunde und Fisch-
ottern allmählich an Flußfische gewöhnt. Viele
hundert Zentner Flußfische kommen zu uns und
werden von den Tieren schon ganz gutivillig
gefressen. Da, sehen Sie nur!" Er ivirft ei»
paar Barsche und Karpfen in das Bassin, die
sofort ergriffen und verzehrt iverden.
Mir läuft das Wasser im Munde zusammen.
Ich esse für mein Leben gern Flußfische, ris-
kiere aber seit langem, keinen zu kaufen, weil
sie zu teuer sind. Und, hier werden Hunderte
Zentner verfuttert und man ist noch froh, daß
die Herren Seehunde nicht dagegen protestieren.
Beini Hinausgehen rechne ich »ach, ivieviele
arme Familien jetzt für eine Weile ivohl gern
— Seehunde oder Fischottern im „Zoo" sein
möchten. . . .
Verlag von I. H. W. Dietz Nachf. G.m.b.5). in Stuttgart.
Das Kapital
Kritik der politischen Ökonomie von Karl Marx
Volksausgabe
Herausgegeben von Karl Kantsky
XLVI11 und 768 Seiten
Preis broschiert M. 5.50, gebunden M. 0.50.
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Herausgegeben von Wilhelm Liebknecht
Zweite, illustrierte Auflage. Preis gebunden Mk. 1.—