Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0067
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-— 8623

Neptuns Verzweiflung.

ftobelfpätie.

Und wenn der Krieg erschüttert
Die ganze Menschenwelt,

Die Sonne steht noch immer
Dort hoch am Hinnnelszelt.

Sie strahlet unbeweglich
Herab ihr goldnes Licht,

Und was die Menschen treiben,

Die Sonne kümmert's nicht.

Sie spendet ihre Strahlen,

Wenn sie hernieder scheint,

Den Menschenkindern allen,

Ob Freund sie oder Feind.

Eine Decke unterscheidet sich von den Getreidevorräten dadurch, daß
sich der Mensch in ernsten Zeiten nach ihr strecken muß, während die
Getreidevorräte in ernsten Zeiten für ihn gestreckt werden.

Trotz all der Not der Zeiten
Kommt heuer der Frühling auch,

Er wird auch diesmal bringen
Den frischen Blütenhauch.

Die Vöglein werden singen
In ihrer Waldesruh —

Und draußen die Kanonen,

Die brummen den Baß dazu.

Zum Staatssekretär für Neutralität ist in den Vereinigten Staaten
Mr.Monetzmaker, in Firma Moneymaker, Busineß L Co. ernannt worden.

Der Granatsplitter gleicht dem Gedankensplitter. Er kann nur mit
größter Vorsicht aus dein Kopf entfernt werden.

Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

war, nebst seinem Köter namens „Stern-
schnuppe". Dieses Himmelsgestirn war mein
letzter Rettungsanker. „Such verwundet!" heißt
das Kommando, und schon sauste die Stern-
schnuppe auf ein dichtes Tannengestrüpp los
und bellte ivie von Gott verlassen. Ich rick
ins Dickicht, und, bums, da lag er! Quitten-
gelb ins Gesicht, Hieb über die Kohlrübe,
gänzlich unbewußt. aber lebendig! Wir trugen
ihn zu die Sanitäter, und der Arzt stellte leichte
Verwundung fest, die ihm bloß bedämelt ge-
habt hatte. In acht Tagen ist alles wieder im
Lot. Justav kriegte Kühlung auf den Schädel
und was heftiges zu rieche» und erkannte mir
wieder! Sie schafften ihm ins Lazareit, und
wir machten uns marschbereit.

Geliebte Rieke, ich glaube, daß Du noch nie
in die Lage gewesen bist, einen verstorbenen
Freund lebendig wiederzusehen. Also was soll
ich Dir sagen: in die Freude meines Herzens
habe ich Deine Leberwurst ergriffen und sie
als Zeichen meiner Dankbarkeit Justav'n seinen
vierbeinige» Lebensretter überantwortet. Und
dieser hat sie mit leidenschaftliche Hingebung
innerhalb von zehn Sekunden bis auf den
letzten Zipfel verschlungen. Dann beleckte er
sich und war mit sich und mir zufrieden. Ich
aber sah ihn ohne Bitterkeit scheiden, und es
tat mir bloß leid, daß ich nicht noch eine
zweite hatte. Die hätte ich dann selber ge-
gessen. Aber diesein Umstande bist Du ja Gott
sei Dank in die angenehme Lage, abhelfen
zu können, indem Du Deinem nächsten mit
Sehnsucht von mir erwarteten Brief die ent-
sprechende beistichst.

In diese frohe Hoffnung verbleibe ich bis
dahin Dein Bräutigam

August Säge jun., Garde-Grenadier.

Klein-Deutschland.

Die englischen und französischen Blätter verteile»
täglich Deutschland.

Erst schneidet uns der Russe, schwapp.

Den vstprcutzischen Zipfel ab.

Dann nimmt der Brite .Hamburg sich
Und Frankreich Elsas) sicherlich.

Genügt das. »icinc.Herr»? S »ein!

Klein-Deutschland mutz viel kleiner fein!

Sld England kriegt Westfalcnland
Und Köln und sonst »och allerhand;

Es steckt auch fix Hannover ei».

Pfalz. Hessen »ins; französisch sei».

Genügt das. meine Herrn? s nein!

Klein-Deutschland mutz noch kleiner sei»!
Man gibt dem Russe» Pommern »och.

Befreit die Mark vom deutschen Joch
Und knobelt bei dem Siegcsfcst
Roch aus des Deutschen Reiches Rest!

Zerstückelt man cs hent schon? Rein!

Erst mutz cs noch — besieget sein!! E.

Lieber Jacob!

Et jibt keen Volk, bet so jlicklich is ivie de
Russen. Det kannste vor allen Dingen bei ihre
Kriegfiehrung bemerken. Zuerst, wie der Win-
ter anfing, wurden se vom Frost bejinstigt
un et hätte »ich ville jefehlt un se ivären ieber
de zujefroreneu masurescheu Scen eenfach ivie
ieber'ne Schlidderbahn rieberjerutscht un jleich
bis nach Berlin jerodelt. Et stellte sich aller-
dings schließlich heraus, det die Bahn doch 'n
biskeu holperijer war als ivie se jemeent hat-
ten, aber et lag man bloß an'ne jauze Kleenig-
keit, un ihre jute Hoffnung haben sich de Russen
desivejeu noch längst nich verderben lassen.
Im Jejenteil: jetz, ivo et sachteken anfängt,
Friehjahr zu iverden, un et init'n Frost Essig
is, da rechnen se frehlichen Jemietes uff det
bevorstehende Tauwetter, det, ivie se meinen,
ihre vaterläudeschen Prachtstraßen in eene Art

von monstreesen Saudreck verivandeln ivird,
det sich nich mal 'n Zeppelin drieber zu jon-
deln jetrauen ivirde.

In diesen nazjonalen Dreck stehlen se sich
vor de Deitschen janz sicher — det is ihr
scheeues un erhebendes patriotesches Jcfiehl,
un dieses teischt ihnen ieber manche peinliche
Ereijnisse hinweg, die ja in sonn langen Krieg
natierlich nich janz ausbleiben können. Zum
Beispiel de letzte Finanzkonfereuz, die se
mit ihre Buudesbrieder abjehalten haben.
Dort sagten de Russen zu de Engelläuder:
„Pumpt uns Jeld, damit det wir Konstanti-
nopel schneller erobern un unser Jetreide aus
det Schivarze Meer schaffen un verkoofen
können!" Un de Engelläuder sagten zu de
Russen: „ErobertKonstantinopel'» biskeu lang-
samer, denn könnt ihr euer Jetreide noch im-
mer rausschaffen un verkoofen, un denn habt
ihr Kies in de Molle uu braucht uns nich
anpumpen!" Bei diese Verschiedenartigkeit der
diplomateschen Standpunkte konnte es natier-
lich zu keene jemietvolle Einijung »ich kom-
men, aber de Russen fanden da ooch weiter
uischt bei, sondern bekreizigten sich un sagten:
„Wenn »ich, denn nich! Jeld alleeue macht
»ich jlicklich, un so ville, det unsere aller-
heiligsten Jroßfirschte» sich ihr tägliches Brot
zusammenstehlen können, wird ja woll noch
immer ins Land sind." Un det is ebentfalls
'n scheenes un erhebendes patriotesches Jcfiehl,
det ihnen keeuer nich uachmachen kann.

Daher wiederhole ick nochmals meine obije
Behauptung: et jibt keen Volk nich, det so
jlicklich is wie de Russen!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
 
Annotationen