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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0072
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. 8628

Letzter Trost.

Väterchen spricht:

Wohl, ich kann es nicht verhehlen:
Manches hat der Krieg gebracht.

Das wir uns in Friedenszeiten
Etwas anders ausgedacht.

Unsere Kosaken sollten
— Latte Nikolai versprochen —

Im September mit den Lanzen
In Berlin ans Fenster poche».

Meine tapfer» Leere sollten
Wie die Meerflut sich ergießen
In die reichen deutschen Städte
Und das Leben dort genießen.

And doch lungern noch die Armen
Aus den vaterländ'schen Flure»,

Andre hat der Tod gebettet
In die Sümpfe der Masuren.

Schon sind heut der Monde sieben
Seit dem ersten Schuß verstrichen.

Und mit jede,» Monat ist mir
Auch ein Loffnungsstern erblichen.

Aber soll ich mutlos zagen
Und den Friedensbittbrief schreiben?
Muß mir nicht in allen Nöten
Rußlands treuste Freundin bleiben?

Zäh und tapfer sind die Deutschen.

Weh! wir mußten's bitter spüren!

Doch vor dieser treusten Freundin
Müssen sie selbst retirieren!

Lcil'ge Laus des heil'gen Rußlands,
Werde du des Lands Erretter!

Glühe auf in heil'gen» Zorne!

Werde stärker! werde fetter!

Abgeneigt sind dir die Deutschen,

Laben dir den Tod geschlvoren, —
Leil'ge Laus, nimm heil'ge Rache,

Ehe du und »vir verloren!

Milliarden Russenläuse:

La! »velch fröhliches Gewimmel!
Gräulich muß das Land sich färben
Wie der Leimat Winterhimmel!

Russeulaus! Die Weltgeschichte
Lat dir Großes aufgehoben:

Dich noch werden späte Enkel
Als das Lcil der Menschheit loben!

Beiß für Menschlichkeit und Freiheit,
Ohne Gnade, ohne Wanken!

Und Europas größte Geister
Werden huld'ge» dir und danken!

A. Winnig.

Der Geist Peters des Großen.

Von unsenn Spcztalkorrespondentei» aus dem
russischen Lauplquarlier.

Als nach der jüngsten großen Niederlage der
Zar und der russische Oberbefehlshaber, Groß-
fürst Nikolai Nikolajeivitsch, zusammentrafen,
um zu beraten, ivas nun zu tun sei, kamen
sie zu dein Entschluß, durch einen Geister-
beschwörer den berühmten Ahnherrn ihres
Hauses, Peter den Großen, zu zitieren und
ihn um seine Meinung zu befragen. Während
der sofort berufene Zauberkünstler seine Vor-
bereitllngcn traf, eutivickelte sich zwischen dem
kaiserlichen Neffen und feinem großfürstlichen
Onkel eine ivenig freundliche Ziviesprache:

Zar: Was soll denn das »verde»? Erst »voll-
test du mit deiner großen Dampfivalze Berlin
platt machen und dam»Konstantinopel erobern.
Und nun kommst du mit den kläglichen Trüm-
mern deiner Armee zurück, deren Ausrüstung
so enorme Summen gekostet hat!

Nikolai: Der Hindenburg hat so eine nie-
derträchtige Strategie. Er fügt sich gar nicht
in meine Kriegsregeln.

Zar: Mir scheint, du hast dich zu sehr in
seine Kriegsregeln gefügt.

Nikolai: Du hast gut reden! Schlag ihn
doch selbst!

Zar: Dazu habe ich eben dich bestellt. Aber
du bist zu unfähig dazu.

Nikolai: Und du kannst nichts als die Frie-
densschalmei blasen mit deinen dummen Mani-
festen, über die alle Welt lacht.

Zar: Ich »verde dich nach Sibirien schicke»!

Nikolai: Dann wirst du ja den Oberbefehl
selbst übernehme» müssen.

Zar: Und ivenn ich das täte?

Nikolai: Dan» »virst du binnen kurzem ent-
»veder von Hindenburg gefangen oder selbst
nach Sibirien gejagt sein.

Zar: Deine Unverschäintheit»vird nun doch
zu groß. Ich befehle dir-

Der Geisterbeschivörer: Wenn nunmehr,
erhabener Herrscher aller Reußen, der Geist
Eures großen Ahnherrn erscheinen soll, so bin
ich bereit, ihn zu rufen.

Zar und Nikolai (sehrnervös): Ist auch keine
Lebensgefahr damit verbunden?

Der Geisterbeschivörer: Das n»»n gerade
nicht. Aber in einen» Falle doch. Der große
Zar liebt es nicht, daß man ihm »viderspricht.
Da »vird er sehr zornig, und das könnte ge-
fährlich werden.

Zar: Ich »viderspreche nicht.

Nikolai: Ich auch nicht.

Die Not der Zeit.

„Sie glauben gar nicht, Ivtö ich unter diesen» Krieg
leide! Seit wir von Paris keine Moden inehr haben,
weiß man ja gar nicht mehr, was man anziehen soll!"

D e r G e i st e r b e s ch >v ö r er: Also-! (Macht

geheimnisvolle Zeichen. Ein Donnerschlag erfolgt.)

Geist Peters des Großen (mit furchtbarer
Stimme): Wer ruft mich?

Zar: Dein Urenkel Zar Nikolaus.

Geist: Was »villst du?

Zar: Erhabener Ahnherr! Das Reich ist in»
Unglück. Unsere Heere sind von den Deutschen
geschlagen, und diese dringen über die Grenze
vor. Rate »nir, ivas ich tun soll!

Nikolai: Erhabenster Herr, auch ich bitte
um Rat. Der Besieger Karls XII. »vird auch
wissen, »vie man den Hindenburg besiegt.
Geist: Zar Nikolaus, höre mich!

Zar: Ich höre.

Geist: Erst laß den Kerl dort aufhängen.
Zar: Sogleich.

Nikolai: Oh! Oh!

Geist: Und dann hänge dich selbst auf.
Zar: Oh! Oh!

Geist: Dann kann das gleich noch gerettet
»verde».

Zar: Wir sind —

Geist: — beide keinen Schuß Pulver »vert.
(Er verschwindet unter Blitz und Donner.)

Nikolai: Aber-

Der Geisterbeschivörer: Nicht wider-
sprechen-sonst gibt es ein Unglück! L. Fl.

Zeitgemäß.

Nachden» die Engländer so große Virtuosität
im Flaggen-und Farbeiilvechsel verraten haben,
»vurde von Minister Churchill beantragt, den
britischen Löiven als Wappentier abzusetzen und
statt dessen künftig ein Chamäleon zu führen.

Ein Notschrei.

Ich bin ein Gurkha, kennt ihr meine Farben?
vor Jahr »md Tag galt ich als Ivilder n»lr,

Doch seit zum Krieg mich French und Thurchill
warben,

Kämpf'ich in Englands Heer für die Kultur;
Und »st von Englands Helden
Auch sonst nicht viel zu melden -
Den Namen Gurkha flüstert honigsüß
Ein jeder INund in London unb Paris.

Ivenn in Toulon wir unser»n Schiff entsteigen
In» edelsteingeschinückten Seidenwa»ns,
Umzingelt uns ein »merschroär'ner Neigen
Teils jüngerer, teils älterer Nladains,

Un unser»» braunen Felle
Neibt-sich die Nlademoiselle,

Mit Lorbeer Kränzen sie uns Speer und Pfeil
Und küssen uns auf jeden Körperteil.

Noch schlimmer ist's, wenn wir in Dover landen:
Dort lauert schweigend vor dem Hafentor,
Bewaffnet mit den stärksten Liebcsbanden,
Gld-Englands zielbew»»ßter vamenflor;

Es schwärmen wie Hornissen

vie Ladies »»nd die Missen

Und schleppen handfest, jedes Mitleids bar,

Uns, wie wir gehn »»nd stehn, zuin Traualtar.

Ich bin ein Gurkha, kennt ihr meine Farben?
Mich schreckt der Tod nicht, denn mein M»»t ist groß,
Ich segne alle, die im Felde starben,
wahrhaft beneidenswert dünkt mich ihr Los -
Venn ehe ich mich kette
Un eine Suffragette,

Oa diklde lieber ich des Todes Pein —

Ich bin einGurkha,willeinGurkhaseiu! arminius.
 
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