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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0139
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8695 .

üerblenüunfl. (na* ,Borßzcm JanKö’.)

Dem Abgrund entgegen!

<5^ ftobclfpänc. e®

In Grönland ivohnt der Eskimo,

Der ist dort seines Daseins froh
Und lebt bei seinem Nordlichtschein
Gemütlich in den Tag hinein.

Er hat den Braten nie gemocht, -
Speist Walroßfleisch nur ungekocht;
lind lieblicher als unser Wein
Däucht ihm des Seehunds Tran zu sein.

Aus Häuten schasst er sich sein Kleid,
Der Seehund liefert's allezeit,

Und auch sein Weib verlangt kein Geld,
Wenn sie ein neu Gewand bestellt.

O lieber Deutscher, halt zurück

Den Spott ob solch bescheidnem'Glück —

Dem Eskimo Kultur gebricht,

Jedoch der Weltkrieg plagt ihn nicht!

Ein Diplomatcnkurs soll in den Abruzzen eingerichtet werde». Einige
der bewährtesten Briganten haben sich bereit erklärt, über Treu und
Glauben vorzutragen. t

Das europäische Gleichgewicht iväre durch eine Abtretung Süd-
tirols an Italien nicht gefährdet worden, da diese sich unter dem Motto:
„So pleite — so pleite" vollzogen hätte.

Ein neuer Gruß aus Österreich: Gesund und Landsturm sollst du
sein bis hundert Jahr!

Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

Die alte Leier.

„An der Fleischleuerung sind die Sozialdemokraten
schuld." Abgeordneter G amp (Kons.) in der Budget-
kommission des Deutschen Reichstags.

O

Es ist die alte Melodie
In alter Frische erklungen,

Die man in goldner Friedenszeit
Uns allzuoft gesungen.

Die Roten sind an allem schuld,

Ihr Konto ist unermessen —

Wir hatten das im Zcitcndrang
Beinahe schon vergessen.

Sie sind doch das Karnickel stets.

Der Bock von allen Sünden —

Und wenn es keine Roten gab'.

Man müßte sie erfinden.

Es kling' ein Loch der Dankbarkeit
Linaus in alle Weiten:

Loch Gamp, der uns so amüsiert
In diesen traurigen Zeiten!

et®

Eine Vorsichtsmaßregel.

Ede: Wat is denn bet eejentlich, der eng-
lische Hosenbandorden?

Lude: Det kannste dir doch an deine fimf
Fingern abzählen, oller Dussel! Det is natier-
licherweise een nitzlicher Orden, ivo man sich
de Hosen mit zubinden tut.

Ede: Aha, denn verstehe ick ooch det ziel-
bewußte Vorjehen der Engelländer.

Lude: Jnbetreffs wiefern?

Ede: Na, alle dcitschen Ritter des eng-
lischen Hosenbandordens sind doch dieser Aus-
zeichnung for verlustig erklärt worden.

Lude: Na und?

Ede: Ick meene, de Engelländer iverden in
diese schweren Zeiten ivoll ihre Hosenbänder
for sich selber neetig brauchen. Nämlich um zu
verhindern, det ihr Herz, det sc schon längst in
de Hosen jerutscht is, se »ich am Ende noch
jänzlich abhanden komint — verstehste!

Lehmann.

Lieber Jacob!

Nu hat sich det Band, det dem Dreibund
so lange zusammenjehalten hat, richtig zu een
Bruchband entwickelt, det de Italiener hof-
fentlich bald werden aulejen missen, von wejen
die milletäreschen Leibschäden, die wir ihnen
mit de Österreicher jemcinsam beibringen wer-
den. Ick iveeß nich jenau, der wievieltste Feind
det is, dem ivir jeh unser eijen nennen, aber
ick jloobe, det erste Dutzend muß woll bald
voll sind. Indessen det macht nischt, wir richten
uns schon ein, un de Russen, Franzosen un
Engelländcr missen denn ebent in Döberih 'n
bisken zusammenricken, damit sor ihre »eien
Bundesbrieder Platz wird.

Det se weiter als wie bis Döberiy komme»
werde», jloobe ick nich. Tet liegt nu mal in
unsere Feinde nich drin. Se halten sich immer
in hochachtungsvolle Entfernung von unsere
Schitzenjräben, un ick kann se det ooch nich
verdenken; denn so 'n deitscher Schitzenjräben
is wirklich 'ne eklije Schose, wenn man ihm
sich in de Nähe bekieken tut. Ick spreche aus
eijenhändije Erfahrung, indem ick nämlich
letzten Sonntag perseenlichst in den Schitzeu-
jraben jewesen bin, dem de Elisabethcr uff
den alten Exerzierplatz in Westend ausjebud-
delt haben. Menscheuskind, ick sage Dir, det
is mächtig belehrend! So 'n Schitzenjräben
besteht zunächst mal aus eene Holzbude, ivo
se Dir fufszig Fennije Eintrittsjeld abknöppen,
un denn verschwindste plötzlich unter de Bild-

fläche, un et bleibt keene irdische Spur von
Dir iebrig. Et war au den Sonntag 'n kolos-
saler Andrang von Publikum, aber bemerken
konnte een außerhalb Stehender nich det je-
ringste von, un wenn Du von de Haltestelle
am Reichskanzlcrplatz kamst, denn sahste nischt
weiler als ivie dem jlatten Exerzierplatz un
ahntest nich, det sich unter diese stumpfsinnije
Jras- un Sandfläche jut nu jern zweedausend
intellijente Berliner jejenscitig de Hacken ab-
trampelte». Denn et war verflucht enge da
unten, u» man bekam 'n deitlichen Vcjriff von
die Luft, die iin Ernstfälle herrschen muß.

Ooch sonst war der janze kriejerische Betrieb
naturjetreu darjestellt, iebcrall in de Schieß-
scharten lagen Jewehre in Anschlag, die weiter
nischt fehlte als wie de Läufe un de Kammern,
un als Minenwerfer hatten se 'n leeres Faß
Patzenhofer uff jebaut, det mit seinen ansje-
schlagenen Boden jenau uff det Mädchenpen-
sionat in de Ahornstraße zielte, n», ivie uns
een sachverständijer Jesreiter erklärte, jedem
seindlichc» Anjriff von dort aus im Feier er-
sticken konnte, lln dabei war et man bloß ’it
jnnz poplijes Faß, heechstens zu suffzehn Liter.
Uff diese Art wurde jeden milletäreschen Laien
klar jemacht, wat for 'ne Wucht in de deitsche
Wehrkraft drinsticht; un ivie ick de Wolfsjrnbe»
jesehc» un mir schließlich noch in eenen bomben-
sicheren Unterstand verloofen hatte, ivo et
stockeduster war un ick aus Versehe» in eene
alte Dame rintrat, die mir deswejen schauder-
haft ausschinipfte, da sejnete ick mir. det ick
een Deitscher un keen Feind nich bin, un mir
so '» fraulichen Schitzenjräben nich mit stir-
meude Hand erobern brauche, sondern for 'ne
halbe Mark det Verjnicjen jenieften kann.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Nedakt'onsschluß gl. Mai 1015.
 
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