— 8738
Das Wunder von Tobolsk.
Das war Iwan Maximowitsch,
Der als Metropolit
Der Kirche diente zu Tobolsk
Und jüngst in Gott verschied.
Als Heil'ger war er allbekannt
Schon bei gesunden Jahren
Und sollt' als Wundertäter auch
3m Tod sich offenbaren.
Denn schon verging der zweite Mond,
Seit man ihn trug zur Gruft,
Und immer noch weht rings um ihn
Die allerbeste Luft.
Obwohl ja allgemein bekannt,
Dasz einer von den Heil'gen
3m Tode wie im Leben auch
Fast niemals riecht nach Veilchen.
Rasch drang der Ruf nach Petrograd
Gebieterisch und laut:
»O Heil'ger Synod, schick' uns wen,
Daß er dies Wunder schaut!«
Der Heil'ge Synod schickte wen,
Der 3wan hat berochen
Und ohne weitern Zeitverlust
3hn heilig dann gesprochen.
Und dankerfüllt frohlockt das Volk,
Das sich zur Kirche drängt:
»Der Herr hat unser Russenland
Aufs herrlichste beschenkt!
Er sandt' uns einen frommen Mann,«
So jauchzt man freudetrunken, —
»Der, ob er gleich acht Wochen tot.
Roch keine Spur gestunken!
»Was kümmert uns Galizien, was
Das ganze laus'ge Heer?
Wir haben, ging auch Lemberg futsch,
Jetzt einen Heil'gen mehr!
Wo gibt's ein Volk, so kindlich fromm.
So glaubensstark auf Erden?
Ein solches Volk, das kann und darf
Und wird nicht alle werden!« Arminins.
K-Gehalt.
Die Direktoren der Kriegs-Getreide-
gesellschaft erhalten ein Monatsgehalt
von viertausend Mark.
Das ist entschieden zu wenig, wenn
man bedenkt, daß die Ärmsten sogar die
Quittung über dies Gehalt ganz um-
sonst - ohne jede Schreibgebühr —
ausstellen müssen. Hoffentlich bewilligt
man schleunigst hierfür eine angeniessene
Entschädigung, sonst dürfte sich bald
niemand mehr für dies so kärglich be-
zahlte Amt finden.
Wundertäter.
Die russische Zeitung „Swjet" be-
hauptet, das; drei russische Artilleristen,
die bei einer Kanonade das Gehör ver-
loren hatten es sofort beim Anblick des
Zaren wiedergefunden hätten.
Das ist noch gar nichts. Der Groß-
fürst Nikolai ist ein noch viel größerer
Wundertäter. Als er die Meldung von
den galizischen Niederlagen brachte, ist
dem Zaren sogar — Hören und Sehen
vergangen!
Saison 1915.
Empfehlenswerte Kurorte.
Argonnenwald.
Liebliche Gegend. Ozonreiche Waldluft. Ge-
legenheit zu allerlei Sport, besonders im
Scharfschießen. Keine Kurtaxe.
Döbcritz.
Internationaler Fremdenverkehr. Bereits
vierzigtausend Kurgäste aus allen Ländern.
Für Ruhebedürftige sehr zu empfehlen.
Lille.
Tägliches Feuerwerk. Interessantes, stets
ivechselndes Unterhaltungsprogramm derBade-
direktion. Gute Verbindungen nach Frankreich
und England. Direkter Schnellzugsverkehr
Lille-Lodz.
Galizien.
Neuerdings sehr besucht. Für Sportfreunde:
Russisches Sechswochenrennen. Im Hotel „Zur
Gulaschkanone" gesundes, preisivertes Essen.
Dardanellen.
Geschützte Lage. Vielbesuchte Sommerfrische.
Gemütlicher Verkehr. Regatta. Täglich: Frei-
lichttheater! Gegemvärtig: „Die Räuber".
Venedig.
Idyllische Lage. Andauernd Vorstellungen
der österreichischen Fliegertruppe. Glänzende
Heilerfolge bei „englischer Krankheit" und
Störungen der Gehirntätigkeit.
&&
Vorschlag zur Güte.
Weit schlimmer als englischeStimmrechtsweiber
Sind säbelraffelnde Zeitungsschreiber'
Man sollte stellen, trotz ihrer Bäuche,
In Schützengräben diese Gäuche.
ZuveMchl.
Zeichnung
von
Landwehrmann
Paul Tomitzek,
im Felde.
Münchner Klage.
O trink, solang du trinken kannst,
O trink, solang du trinken magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt.
Da du beim leeren Maßkrug klagst.
Vergebens rufst den Schankwirt du.
And keine Zenzi füllt ihn mehr.
Du stöhnst in deinen Bart: „Ach ja,
Der Krieg ist hart, der Krieg ist schwer!"
Man stattet ja dem Vaterland
Natürlich gerne ab den Zoll,
Doch drückt es mir das Herze ab.
Daß ich den Maßkrug opfern soll.
Zuerst die Weißwurst — nun das Bier!
Wer will da Patriot noch sein?
O Vater Staat, das war nicht klug.
Der Pessimismus schleicht sich ein.
Sag' selbst, was all die Siegerei
Im Osten lind im Westen nützt,
Wenn man die heil'gen Güter nicht
Des Bierhauspatrioten schützt?!
Das Standesamt.
Herr Müller hatte die Aufgabe, seinen Neu-
geborenen beiin Magistrat auf dem Standes-
amt anzumelden. Er kehrte von dieser Ange-
legenheit mit eineni gewaltigen Zacken heim,
zu dein er natürlich ganz unschuldig gekommen
war, denn er erzählte:
„Also — ick melde richtig den Jungen an.
Vornamen: August Gottlieb Hindenburg, ivie
ivir det verabred't hatten. Kaum bin ick mit
bet Jeschäft fertig, da surrt et über mir. Ick
kucke hin een richtiger Propeller, un von't
Eiserne Kreuz keene Spur. Donnerwetter, denk
ick, sollte det ’it feindlicher Fliejer sein? Wo
man jetz Familie hat! Ick also nach de Vor-
schrift de Beene in de Hand — 'rin in Keller!
Kann ick dasor, det det jerade der Rats-
keller sin muß? — hup —."
„Na, wir werden det Kind schon schaukeln'
Italienischer Armeebericht.
Eine Freudenbotschaft meldet
lseld Eadorna von der Front:
Bei Eradiska lächelt heule
Wolkenlos der Horizont,
3m Trentino dahingegen
Fiel vormittags etwas Negen.
Bei pontebba und pontafel
Und im Baume von Uarfreit,
Sichern Meldungen zufolge,
war es völlig windstill heut,
Während in den Dolomiten
Ziemlich heft'ge Stürme wüten.
Ferner tu ich noch, ihr Lieben,
Zur Beruhigung euch kund:
Die Armee frißt Maccaroni
Und der Uönig ist gesund — —
Weiteres von unfern Helden
War' bis dato nicht zu melde».
. Lehmann.
Lemberg ist größer als Leipzig; denn
rund um Lemberg liegen ebensoviel Tote
begraben, als Leipzig Lebende zählt.
Das Wunder von Tobolsk.
Das war Iwan Maximowitsch,
Der als Metropolit
Der Kirche diente zu Tobolsk
Und jüngst in Gott verschied.
Als Heil'ger war er allbekannt
Schon bei gesunden Jahren
Und sollt' als Wundertäter auch
3m Tod sich offenbaren.
Denn schon verging der zweite Mond,
Seit man ihn trug zur Gruft,
Und immer noch weht rings um ihn
Die allerbeste Luft.
Obwohl ja allgemein bekannt,
Dasz einer von den Heil'gen
3m Tode wie im Leben auch
Fast niemals riecht nach Veilchen.
Rasch drang der Ruf nach Petrograd
Gebieterisch und laut:
»O Heil'ger Synod, schick' uns wen,
Daß er dies Wunder schaut!«
Der Heil'ge Synod schickte wen,
Der 3wan hat berochen
Und ohne weitern Zeitverlust
3hn heilig dann gesprochen.
Und dankerfüllt frohlockt das Volk,
Das sich zur Kirche drängt:
»Der Herr hat unser Russenland
Aufs herrlichste beschenkt!
Er sandt' uns einen frommen Mann,«
So jauchzt man freudetrunken, —
»Der, ob er gleich acht Wochen tot.
Roch keine Spur gestunken!
»Was kümmert uns Galizien, was
Das ganze laus'ge Heer?
Wir haben, ging auch Lemberg futsch,
Jetzt einen Heil'gen mehr!
Wo gibt's ein Volk, so kindlich fromm.
So glaubensstark auf Erden?
Ein solches Volk, das kann und darf
Und wird nicht alle werden!« Arminins.
K-Gehalt.
Die Direktoren der Kriegs-Getreide-
gesellschaft erhalten ein Monatsgehalt
von viertausend Mark.
Das ist entschieden zu wenig, wenn
man bedenkt, daß die Ärmsten sogar die
Quittung über dies Gehalt ganz um-
sonst - ohne jede Schreibgebühr —
ausstellen müssen. Hoffentlich bewilligt
man schleunigst hierfür eine angeniessene
Entschädigung, sonst dürfte sich bald
niemand mehr für dies so kärglich be-
zahlte Amt finden.
Wundertäter.
Die russische Zeitung „Swjet" be-
hauptet, das; drei russische Artilleristen,
die bei einer Kanonade das Gehör ver-
loren hatten es sofort beim Anblick des
Zaren wiedergefunden hätten.
Das ist noch gar nichts. Der Groß-
fürst Nikolai ist ein noch viel größerer
Wundertäter. Als er die Meldung von
den galizischen Niederlagen brachte, ist
dem Zaren sogar — Hören und Sehen
vergangen!
Saison 1915.
Empfehlenswerte Kurorte.
Argonnenwald.
Liebliche Gegend. Ozonreiche Waldluft. Ge-
legenheit zu allerlei Sport, besonders im
Scharfschießen. Keine Kurtaxe.
Döbcritz.
Internationaler Fremdenverkehr. Bereits
vierzigtausend Kurgäste aus allen Ländern.
Für Ruhebedürftige sehr zu empfehlen.
Lille.
Tägliches Feuerwerk. Interessantes, stets
ivechselndes Unterhaltungsprogramm derBade-
direktion. Gute Verbindungen nach Frankreich
und England. Direkter Schnellzugsverkehr
Lille-Lodz.
Galizien.
Neuerdings sehr besucht. Für Sportfreunde:
Russisches Sechswochenrennen. Im Hotel „Zur
Gulaschkanone" gesundes, preisivertes Essen.
Dardanellen.
Geschützte Lage. Vielbesuchte Sommerfrische.
Gemütlicher Verkehr. Regatta. Täglich: Frei-
lichttheater! Gegemvärtig: „Die Räuber".
Venedig.
Idyllische Lage. Andauernd Vorstellungen
der österreichischen Fliegertruppe. Glänzende
Heilerfolge bei „englischer Krankheit" und
Störungen der Gehirntätigkeit.
&&
Vorschlag zur Güte.
Weit schlimmer als englischeStimmrechtsweiber
Sind säbelraffelnde Zeitungsschreiber'
Man sollte stellen, trotz ihrer Bäuche,
In Schützengräben diese Gäuche.
ZuveMchl.
Zeichnung
von
Landwehrmann
Paul Tomitzek,
im Felde.
Münchner Klage.
O trink, solang du trinken kannst,
O trink, solang du trinken magst!
Die Stunde kommt, die Stunde kommt.
Da du beim leeren Maßkrug klagst.
Vergebens rufst den Schankwirt du.
And keine Zenzi füllt ihn mehr.
Du stöhnst in deinen Bart: „Ach ja,
Der Krieg ist hart, der Krieg ist schwer!"
Man stattet ja dem Vaterland
Natürlich gerne ab den Zoll,
Doch drückt es mir das Herze ab.
Daß ich den Maßkrug opfern soll.
Zuerst die Weißwurst — nun das Bier!
Wer will da Patriot noch sein?
O Vater Staat, das war nicht klug.
Der Pessimismus schleicht sich ein.
Sag' selbst, was all die Siegerei
Im Osten lind im Westen nützt,
Wenn man die heil'gen Güter nicht
Des Bierhauspatrioten schützt?!
Das Standesamt.
Herr Müller hatte die Aufgabe, seinen Neu-
geborenen beiin Magistrat auf dem Standes-
amt anzumelden. Er kehrte von dieser Ange-
legenheit mit eineni gewaltigen Zacken heim,
zu dein er natürlich ganz unschuldig gekommen
war, denn er erzählte:
„Also — ick melde richtig den Jungen an.
Vornamen: August Gottlieb Hindenburg, ivie
ivir det verabred't hatten. Kaum bin ick mit
bet Jeschäft fertig, da surrt et über mir. Ick
kucke hin een richtiger Propeller, un von't
Eiserne Kreuz keene Spur. Donnerwetter, denk
ick, sollte det ’it feindlicher Fliejer sein? Wo
man jetz Familie hat! Ick also nach de Vor-
schrift de Beene in de Hand — 'rin in Keller!
Kann ick dasor, det det jerade der Rats-
keller sin muß? — hup —."
„Na, wir werden det Kind schon schaukeln'
Italienischer Armeebericht.
Eine Freudenbotschaft meldet
lseld Eadorna von der Front:
Bei Eradiska lächelt heule
Wolkenlos der Horizont,
3m Trentino dahingegen
Fiel vormittags etwas Negen.
Bei pontebba und pontafel
Und im Baume von Uarfreit,
Sichern Meldungen zufolge,
war es völlig windstill heut,
Während in den Dolomiten
Ziemlich heft'ge Stürme wüten.
Ferner tu ich noch, ihr Lieben,
Zur Beruhigung euch kund:
Die Armee frißt Maccaroni
Und der Uönig ist gesund — —
Weiteres von unfern Helden
War' bis dato nicht zu melde».
. Lehmann.
Lemberg ist größer als Leipzig; denn
rund um Lemberg liegen ebensoviel Tote
begraben, als Leipzig Lebende zählt.