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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0189
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8746 —

Von W. Steinert, im. Felde.

Der „innere Feind".

Erkennt man jetzt den „innren Feind",
Oer unsres Volkes Wohl verneint?
Der, voll von großen Worten, schwärmt,
Um Kriegsbrand sich die Luppe wärmt?

Der nationale Bürger spricht:

„Ich traue meinen Uugen nicht;

Der ,innre Feind' sitzt dicht bei uns?
Nicht unten da, bei kjinz und Kunz?"

Uch tut mir nicht so sehr verblüfft!
Was diesen innren Feind betrifft —
Derselbe war's zur Friedenszeit
Und bleibt's in alle Ewigkeit.

Scheuklappen trugt ihr vorm Gesicht,
Sonst wär er euch entgangen nicht!
Ihr hättet ihn wohl längst gefaßt
Statt andere verfolgt, gehaßt.

Drumseid—nach demEntscheidungssieg
In diesem schweren Iveltenkrieg —
Luch klar, wer mit dem „innren Feind"
In alle Zukunft ist gemeint!

Italienische Geschichte.

„Merkwürdig!" sagte der König
sinnend. „Was hat mir denn der
d'Annunzio nur immer von unserer
ruhmreichen Vergangenheit vorge-
schwätzt? Vielleicht dachte er aber
an die Adria. Haben wir da nicht
irgendwo gesiegt? Hier bei Lissa zum
Beispiel?

„Leider auch hier nicht, Majestät.
Der österreichische Admiral Tegethoff
vernichtete hier am 20. Juli 1866 in
ganz gemeiner Weise die italienische
Flotte."

„Ja, aber, Salandra, das ist ja
ekelhaft! Was machen wir denn da?"

„Sehr einfach, Majestät. Wir er-
wähnen einen Sieg der alten Römer;
vielleicht die Schlacht bei Zama,
202 vor Christo. Das war meiner
Erinnerung nach der letzte italienische
Sieg der Geschichte!"

Heldengräber.

Von Gefreiter der Reserve W. Hacker.

Gräber in langen Reihen —
Ich habe sie nicht gezählt.
Wollt ich sie nicht entweihen?
Hat mir der Mut gefehlt?

Hügel reiht sich an Hügel,

Weiß nicht, wer unter mir liegt.
Weiß nur: auf schwebendem Flügel
Hat jeder das Leben besiegt.

Weiß nur: dem Baterlande
Gab jeder sein warmes Blut.
Glaube: im fränkischen Sande
Ruhet sich's auch ganz gut.

Euch ist es wohl, Kameraden,

Weiß nicht, was mir erblüht.-

Reu die Büchse geladen! .. .
Fernher erklingt ein Lied.. . .

Bittorio Emanuele beriet mit Sa-
landra den Text der nächsten Rede
an sein Volk. „Wir müssen vor alle:»
an die Heldentaten unserer Vorfahren erin-
nern," sagte er. „Geben Sie mir mal eine
Karte von Italien her; ich will Ihnen dar-
aus die Namen der Siegesstätten sagen, die
Wir erwähnen müssen. Da — hier ist schon
der Name Custozza!"

„Pardon, Majestät. Bei Custozza passierte
ein kleines Malheur: Erzherzog Albrecht von
Österreich besiegte hier am 24. Juni 1866 un-
sere Armee. Und am 25. Juli 1848 ist sie hier
auch geschlagen worden."

Flüchtlinge hinter Lodz.

„Also lassen wir diesen fatalen Ort aus.
Wie wäre es mit Novara?"

„Geht leider auch nicht. Hier wurden wir
am 23. März 1849 von den Österreichern unter
Radetzky besiegt."

„So, so. Aber hier in Mentana — das
können wir doch erwähnen?"

„Unmöglich, Majestät, hier erlitten unsere
sonst so glorreichen Truppen am 3. Novem-
ber 1867 eine schwere Niederlage durch die
Franzosen."

Shakespeare im Weltkrieg.

Der Dreibund.

„O du zertrümmert Meisterstück der Schöpfung!"

(König Lear, vierter Akt.)

Amerika.

„Schlecht weht der Wind, der keinen Vorteil bringt."

(Heinrich VI., dritter Teil, vierter Alt.)

D'Annunzio.

„Der bess're Teil der Tapferkeit ist Vorsicht."

(Heinrich I V., erster Teil, fünfter Akt.)

Cadorna.

„Denn der Regen, der regnet jeglichen Tag."

(Was ihr wollt, fünfter Alt.)

Frankreich.

„Frankreich, hast du mehr Blut noch zu vergeuden?"

(König Johann, zweiter Akt, zweite Szene.)

Der Kriegslyriker.

„Nur reden ivill ich Dolche, keine brauchen." (Hamlet, dritter Alt.)
Kitcheners Heer.

„Ergänzt mit den Gedanken unsre Mängel:

Zerlegt in tausend Teile einen Mann

Und schaffet eingebild'te Heereskraft!" (Heinrich v., Prolog.)

Kriegshetzer.

„Sein Großmaul weiß sein Eselsohr zu hehlen."

(Ende gut, alles gut, vierter Alt.)

Russische Revolutionäre.

„Ich wittre Morgenluft. . . ." (Hamlet, erster Alt, fünfte Szene.)

Professor Grützmüller und die große Zeit.

„Hm, es wäre doch eine kolossale Sache und würde mir Lob und
Gewinn einbringen, wenn ich ein Buch darüber schriebe, inwieweit
der Krieg die Menschen verändert hat, ob sie sich — hm — der Größe
der Zeit bewußt sind, ob sie edler, aufopferungsfähiger geivorden
sind. Damit aber au meinem Buch nicht der Makel der Gelehrten-
stubenarbeit klebt, werde ich die verschiedenen Berufskreise selbst
ausfragen. Zunächst steige ich in die Regierungs- und Beamten-
sphäre -- — --—-."
 
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