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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 32.1915

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https://doi.org/10.11588/diglit.8259#0218
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8774

Der gefangene General.

(Schluß von Seite 8772.)

Dubois war nun allein mit den Gefangenen.
Er räusperte, sich, nahm eine liebenswürdige
Miene an und bat den Herrn General, auf
dein Sofa Platz zu nehmen.

Stippke prustete los: „Sie, Krause, schade,
daß das meine Olle nicht hört!" Dann aber
nahm er sich zusammen und zog sein Gesicht
in martialische Falten, ivie nur je Hinden-
burg oder Napoleon.

Dubois ließ - als echter Diplomat — erst
ein paar Flaschen Rotwein und Zigaretten auf
den Tisch setzen, ehe er sich an das Gespräch
machte, zu dem alle drei Beteiligten ihre sämt-
lichen Sprachkenntnisse zusammenraffteni

Es ging ganz gut. Nach einigen Höflich-
keitsfloskeln kam der Maire auf den Kern-
punkt der Sache: die deutsche Armee. Aber
es war vergebens. Alle seine Versuche, aus
diesem boche einige Mitteilungen von Wert
herauszulocken, scheiterten kläglich. Dieser tat,
wenn es brenzlich zu werden begann, stets so,
als ob er die Frage nicht verstünde oder als
ob er wirklich nichts wisse. . . .

Sie war nicht leicht, die Mission des Herrn
Maire. Er versuchte es mit dem Adjutanten.
Aber der trank mit viel Behagen den roten
Wein, paffte die Zigaretten und berief sich stets
auf seinen Vorgesetzten, den „General".

In Dubois begann es zu kochen. Da kam
ihm der geniale Gedanke, durch eine Ver-
blüffung, durch eine Art Gewaltstreich seinen
Gegner zu überrumpeln. Er hatte vor dem
Gerichtshof oft gesehen, wie den verstocktesten
Sündern so die Zunge gelöst wurde.

Er sagte nonchalant: „Sie wissen doch, daß
Jhr.r Armee verloren ist, mon general?"

„So? Meine Armee?"

Dubois zog sein listigstes Gesicht. „Total ver-
loren. Von Ihren Aussagen hängt die Ret-
tung aller Ihrer Untergebenen ab."

Hier vergaß sich Stippke: „Meine schöne
Kapelle! Schockschwerenot!"

„Die Kapelle bedeutet das wenigste dabei."

„Erlauben Sie mal", schnaubte Stippke, in
seiner Militärmusikers-Ehre gekränkt. „Sie
spielte, was man wollte. Sie spielte Ihnen
Beethoven wie geschmiert."

Nun geriet auch Dubois in Hitze. Er wies
dem anderen an einen: Artikel des Pariser
„Matin" nach, daß Beethoven gar kein Deut-
scher, sondern ein Belgier sei, und daß er im
übrigen seine Melodien französischen Kompo-
nisten entlehnt und gestohlen habe.

„Pardon", unterbrach er sich endlich. „Wir
kommen aber ganz vom Thema ab. Also:
alle Ihre Untergebenen, vom Oberst bis zum
Leutnant und gemeinen Mann, sind von uns
umzingelt."

„Glaube ich nicht!" Stippke war wieder in
seiner Generalsrolle.

Dubois zog ein Medaillon. „Hier, die Jeanne
d'Arc — kennen Sie sie?"

„Die Jungfrau von Orleans", lachte Stippke.
„Ob ich sie kenne. Ein tüchtiges Mädchen: sie
hat auch feste auf die Engländer eingehauen!"

Der Maire überhörte diese Taktlosigkeit und
schwor bei dieser „Heiligen", daß seine Mit-
teilung wahr sei, und daß eine Aussage des
Generals diese Armee von der Schmach der
Gefangennahme retten könne.

Der „General" aber erklärte so deutlich wie
möglich, daß ihm das Schicksal der Armee
vollständig egal sei, und daß er keinen Finger *
für ihr Wohl zu rühren gedenke.

Das war dem Maire zu viel. Er vergaß
alle „diplomatischen" Umgangsformen und
nannte den „General" einen Teutonen, einen
Barbaren, einen Urenkel Attilas. Mit einem
mehr gezischten als gesprochenen „Fi donc!“
rannte er aus dem Zimmer. . . .

Es dämmerte. Die beiden Gefangenen leerten
den letzten Rotspahn und suchten ihr Lager

auf. Seit Monaten schliefen sie zum ersten-
mal wieder in Betten. Und doch kam kein rech-
tes Behagen ans: sie wären lieber bei ihrem
Regiment gewesen, dem sie, beiin letzten Sturm-
angriff den Marsch blasend, zur Seite ge-
schritten waren, bis sie im Eifer des Gefechts
abkamen. Dazu kam die Aussicht, daß sich ihre
Behandlung übel gestalten konnte, wenn ihr
wahrer militärischer Rang erkannt würde.

Um Mitternacht, gerade als sie in tiefsten
Schnarchtönen ihr eigenes Schlummerlied
sangen, öffnete die Wache die Tür. Beim
Schein des angezündeten Leuchters erkannten
sie zu ihrem Erstaune» Monsieur Dubois, der
sie kreidebleich und händeringend anflehte:
„Ich bitte um Schutz für mein Haus. Die
Ulanen kommen!"

Im Nu war der „General" aus dem Bett
heraus: „Befehlen Sie allen Militärpersone»,
die sich im Hause befinden, die Waffen abzu-
legen und sich als Gefangene im Hof aufzu-
stellen. Sonst garantiere ich für nichts!"

Dubois garantierte dafür, daß die kleine
Wache keinen Widerstand leisten würde.

Von der Straße her klang Pferdegelrappel.
„Hierher!" brüllten Stippke und Krause zum
Fenster hinaus. Eine deutsche Antwort von
unten gab Äunde, daß eine Ausklärungspa-
trouille der Dragoner unten auf sie warte.

Sieghaft schritten die Beiden hernieder,
auf die Gefangenen deutend. Diese ließ man
freilich hier, da man sich beeilen mußte, den
Maire aber nahm man bis zum nächsten Kreuz-
weg mit — teils als Wegführer, teils ato
Geißel.

In früher Morgenstunde kam Monsieur
Dubois zurück.... Er erzählt seitdem jedem,
der es hören will, wie er den: finsteren deut-
schen General Stippke geschickt strategische Ge-
heimnisse entlockte. Und alle Bewohner des
Städtchens blicken bewundernd auf ihren klugen
Maire. ...

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