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Schicksalswende.
Wir sind die Diplomaten
Voin heil'gen Vierverband,
Als edel, kühn und weise
In aller Welt bekannt.
Die Menschheit zu beglücken
Sind allzeit wir bedacht — —
Und haben drum vor Jahr und Tag
Den Weltkrieg angcfacht!
Der Schutz der kleinen Staaten
Ist unsre Ehrenpflicht,
Ihn jedem zu gewähren
Scheu» wir kein Opfer nicht.
Wer kindlich uns vertrauet
Genießt den schönsten Lohn-
Der Serbe und der Belgier
Genießt ihn heute schon!
Auch de» Neutralen haben
Wir unser» Dienst geweiht
Als Lort der Menschenliebe
Und der Gerechtigkeit;
Vor jeder Unbill schirmen
Wir sie mit starker Land-
Und wer uns das nicht glauben will.
Der frage Griechenland!
Vor allem aber sind wir
Mit stolzer Kraft dabei,
Europa zu erretten
Aus Deutschlands Barbarei,
Und was in dieser Linsicht
Von uns bereits geschehn — —
Das kann nach hundert Jahren noch
Man in Ostpreußen sehn!
Darum in allen Landen
Lobsang ein jedes Kind,
Daß wir bas Glück der Menschheit,
Der Freiheit Stütze sind.
Für unsre schönen Augen
Gab jeder Gut und Blut,
Und was er sonst noch bei sich hat.
Dahin mit frohem Mut.
Jetzt aber ward das anders
Zu unserm hest'ge» Schmerz:
Man setzet vor die Türe
Den Stuhl uns allerwärts.
Mit faulen Redensarten
Schickt man uns Gute heim — —
Und selbst der dümmste Gimpel fliegt
Uns nicht mehr auf den Leim!
Drum schmiert uns neue Ruten
Voll süßen Lonigseims,
„Corriere della Sera",
„Matin" und wackre „Times"!
Lügt, daß die Balken brechen,
Und schtvindelt, was ihr könnt!
Wenn das nichts Hilst, hilft gar nichts mehr —
Dann ist's mit uns zu End'! Lehmann.
2
Gine Ehrenrettung.
Vierologisches von Epe
Wie schiverfällt es doch
manchen Leute», gerecht
zu sein! Wie leicht urtei-
le» sie abfällig über an-
dere - nur deshalb, weil
sie sich in die edlen Mo-
live eben dieser anderen
nicht hineindenken kön-
nen. Namentlich an den
Stammtischen wird so
viel gelästert. Oder, um
es ganz korrekt zu sagen:
wurde gelästert. Denn
Stammtische hat es
einmal gegeben. Früher,
ganz früher, als man
iwchBiertrank. Mancher
von den älteren Lesern
wird sich dieserZeitdun-
lel erinnern. Für elf oder
zwölf Pfennig bekam
man eine „Halbe". Nein,
es ist wirklich wahr! Da-
mals waren die Bier-
brauer noch ein einfacher
Stand und hatten nichts
mit de» Apothekern ge-
mein. Vielmehr bestand
ein gewisser Gegensatz
ivie etwa zwischen Ge-
sundheit und Krankheit.
Der gesunde Mensch ging
in die Kneipe, der kranke
in die Apotheke. Heute
ist es beinahe umgekehrt.
Jedenfalls, das steht fest:
daß die Bierbrauer ehr-
geizig geworden sind und
u ach ^lpothekerru hm dür-
sten, wie mir ein eigenes
Erlebnis zu beiveisen
scheint.
Italiens wahrer.Herrscher.
Victor Emanuel: Zum Teufel, wer sitzt denn da auf meinem Thron?
Salandra: Das ist Seine Majestät der englische Gesandte!
Ich bin nämlich selber
einer von den älteren Le-
sern und habe — die
Abstinenzler m.ögen es
mir verzeihen — manche
Halbe getrunken. Gern,
wie ich gestehen muß.
Infolgedessen hatte ich
es im Laufe der Jahre
sogar zu einem kleinen,
bescheidenen Bierbauch
gebracht. Ein Bierherz
stand mir, wie mein Arzt
freudestrahlend konsta-
tierte, in sicherer Aus-
sicht. „Uns zwei," sagte
der Doktor, „wird nur
der Tod scheiden." Er
war gar anhänglich.
Aber was sind Hoff-
nungen, was Entwürfe,
die der Mensch, der ver-
gängliche, braut? Tie
Bierbrauer steigerten die
Preise. Ich konnte über
meinen Etat nicht hinaus
und trank eine Halbe
iveniger.
„Bravo!" sagte mein
Arzt. „Desto länger blei-
ben wir beisammen!"
Die Bierbrauer stei-
gerten wieder die Preise.
Ich trank noch weniger.
„Vorzüglich!" Ter Dok-
tor rieb sich die Hände.
Die Bierpreise ginge»
von neuem in die Höhe.
Die Halbe ward abge-
schafst und das Viertel
glas kam. Mein Hosen-
bund fing an zu schlot-
tern. Je mehr die Preise
schwollen, desto rapide
zog mein Bauch sich zu-
Schicksalswende.
Wir sind die Diplomaten
Voin heil'gen Vierverband,
Als edel, kühn und weise
In aller Welt bekannt.
Die Menschheit zu beglücken
Sind allzeit wir bedacht — —
Und haben drum vor Jahr und Tag
Den Weltkrieg angcfacht!
Der Schutz der kleinen Staaten
Ist unsre Ehrenpflicht,
Ihn jedem zu gewähren
Scheu» wir kein Opfer nicht.
Wer kindlich uns vertrauet
Genießt den schönsten Lohn-
Der Serbe und der Belgier
Genießt ihn heute schon!
Auch de» Neutralen haben
Wir unser» Dienst geweiht
Als Lort der Menschenliebe
Und der Gerechtigkeit;
Vor jeder Unbill schirmen
Wir sie mit starker Land-
Und wer uns das nicht glauben will.
Der frage Griechenland!
Vor allem aber sind wir
Mit stolzer Kraft dabei,
Europa zu erretten
Aus Deutschlands Barbarei,
Und was in dieser Linsicht
Von uns bereits geschehn — —
Das kann nach hundert Jahren noch
Man in Ostpreußen sehn!
Darum in allen Landen
Lobsang ein jedes Kind,
Daß wir bas Glück der Menschheit,
Der Freiheit Stütze sind.
Für unsre schönen Augen
Gab jeder Gut und Blut,
Und was er sonst noch bei sich hat.
Dahin mit frohem Mut.
Jetzt aber ward das anders
Zu unserm hest'ge» Schmerz:
Man setzet vor die Türe
Den Stuhl uns allerwärts.
Mit faulen Redensarten
Schickt man uns Gute heim — —
Und selbst der dümmste Gimpel fliegt
Uns nicht mehr auf den Leim!
Drum schmiert uns neue Ruten
Voll süßen Lonigseims,
„Corriere della Sera",
„Matin" und wackre „Times"!
Lügt, daß die Balken brechen,
Und schtvindelt, was ihr könnt!
Wenn das nichts Hilst, hilft gar nichts mehr —
Dann ist's mit uns zu End'! Lehmann.
2
Gine Ehrenrettung.
Vierologisches von Epe
Wie schiverfällt es doch
manchen Leute», gerecht
zu sein! Wie leicht urtei-
le» sie abfällig über an-
dere - nur deshalb, weil
sie sich in die edlen Mo-
live eben dieser anderen
nicht hineindenken kön-
nen. Namentlich an den
Stammtischen wird so
viel gelästert. Oder, um
es ganz korrekt zu sagen:
wurde gelästert. Denn
Stammtische hat es
einmal gegeben. Früher,
ganz früher, als man
iwchBiertrank. Mancher
von den älteren Lesern
wird sich dieserZeitdun-
lel erinnern. Für elf oder
zwölf Pfennig bekam
man eine „Halbe". Nein,
es ist wirklich wahr! Da-
mals waren die Bier-
brauer noch ein einfacher
Stand und hatten nichts
mit de» Apothekern ge-
mein. Vielmehr bestand
ein gewisser Gegensatz
ivie etwa zwischen Ge-
sundheit und Krankheit.
Der gesunde Mensch ging
in die Kneipe, der kranke
in die Apotheke. Heute
ist es beinahe umgekehrt.
Jedenfalls, das steht fest:
daß die Bierbrauer ehr-
geizig geworden sind und
u ach ^lpothekerru hm dür-
sten, wie mir ein eigenes
Erlebnis zu beiveisen
scheint.
Italiens wahrer.Herrscher.
Victor Emanuel: Zum Teufel, wer sitzt denn da auf meinem Thron?
Salandra: Das ist Seine Majestät der englische Gesandte!
Ich bin nämlich selber
einer von den älteren Le-
sern und habe — die
Abstinenzler m.ögen es
mir verzeihen — manche
Halbe getrunken. Gern,
wie ich gestehen muß.
Infolgedessen hatte ich
es im Laufe der Jahre
sogar zu einem kleinen,
bescheidenen Bierbauch
gebracht. Ein Bierherz
stand mir, wie mein Arzt
freudestrahlend konsta-
tierte, in sicherer Aus-
sicht. „Uns zwei," sagte
der Doktor, „wird nur
der Tod scheiden." Er
war gar anhänglich.
Aber was sind Hoff-
nungen, was Entwürfe,
die der Mensch, der ver-
gängliche, braut? Tie
Bierbrauer steigerten die
Preise. Ich konnte über
meinen Etat nicht hinaus
und trank eine Halbe
iveniger.
„Bravo!" sagte mein
Arzt. „Desto länger blei-
ben wir beisammen!"
Die Bierbrauer stei-
gerten wieder die Preise.
Ich trank noch weniger.
„Vorzüglich!" Ter Dok-
tor rieb sich die Hände.
Die Bierpreise ginge»
von neuem in die Höhe.
Die Halbe ward abge-
schafst und das Viertel
glas kam. Mein Hosen-
bund fing an zu schlot-
tern. Je mehr die Preise
schwollen, desto rapide
zog mein Bauch sich zu-