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„Abergläubisch."
Ein Kulturbild von heute.
Die Damen sahen in der Kon-
ditorei und stocherten mit der Kuchen-
gabel mehr in ihrem Gebäck herum,
als sie davon aßen. Man sah es ihnen
an, daß sie sehr erregt waren.
„Schlechte Nachrichten aus dem
Felde?" fragte die Büfettdame be-
kümmert.
„Nein, nein!" Die ältere Dame
winkte etwas ärgerlich ab und fügte
halblaut, zu ihrer Freundin gewen-
det, hinzu: „Als ob man keine an-
deren Sorgen haben könnte! Kultur-
sorgen!"
„Ja," seufzte die andere. „Es ist
mir wie ein Stich durchs Herz ge-
gangen, als ich las, daß unsere liebe
Freundin wegen Gesundbetens sechs
Monate Gefängnis bekommen hat.
Wie war das nur möglich!"
„Ja, wie war das nur möglich!
Es gibt noch zu viel Ungläubige.
Wenn die Leute wüßten, was wir
ivissen — —"
Und sie entnahm dem seidenen
Pompadour ein Buch, dem man an-
sah, daß es viel und eifrig gelesen
wurde. Auf dem Titelblatt stand
etwas von „Christlicher Wissen-
schaft".
Halblaut las sie: „.. . Du sagst,
cilie Beule sei schmerzhaft; aber das
ist unmöglich, denn Materie ohne
Geist ist nicht schmerzhaft; die Beule, die sich
durch Entzündung äußert, dokumentiert nur
deinen Glauben an den Schmerz, und diesen
Glauben nennst du eine Beule! . . . Kranke
werden nur durch das Sich-Verlieren und Sich-
Versenken in de» Geist geheilt. .. ."
Auch der Steuerfiskus bringt Opfer.
Früher muhte der Steuerbote die
Mühen eintreiben —
Steuern unter unsäglichen
— jetzt kann er es nicht übers Herz bringen, die ihm von den
Patrioten fast aufgedrängte Kriegsgewinnsteuer anzunehmen!
„Und wer solche Wahrheiten lehrt, wird
bestraft, wenn zufällig einige während der
Kur gestorben sind!"
Beide sahen die Szene vor sich, wo die nun
verurteilte Gesundbeterin eifrig betete, um eine
gemeinsame Freundin von einer Rippenfell-
entzündung zu heilen. Beide schwo-
ren Stein und Bein, daß nicht die
gesunde Naturkraft der Patientin
und die gute Pflege sie durchgebracht
habe, sondern ausschließlich die meist
unverständlichen, aber geheiinnisvoll
anmutenden Formeln der Gesund-
beterin. Sie schauerten noch vor Ehr-
furcht, wen» sie an das hellerleuchtete
Zimmer und das Gemurmel ihrer
Priesterin dachten.
Die Uhr schlug.
„Nun muß ich aber nach Hause."
„Es ist doch noch so früh?"
„Ich muß noch zu meiner Wasch-
frau hingehen, die ich für die nächste
Woche bestellen will!"
„Die Arendt?"
„Ja. Denke nur, neulich hat sie
mir gestanden, daß sie mit einer
Bekannten bei einer Kartenlegerin
war! Denke nur: bei einer Karten-
legerin!!"
Die Freundin legte ihr Gesicht
in ernste Falten und sagte: „Ja,
das liegt an der Unbildung dieser
Leute! Unbildung ist der beste Nähr-
boden für Aberglauben!"
„Ja, daß solcher Aberglaube in der
heutigen Zeit noch möglich ist!"
Und kopfschüttelnd gingen sie da-
von. ——
Aus unferm Spruchbüchlein.
Börsenstunde hat Tausendmark-
scheine im Munde.
Das Gewissen ist ein gutes Kanapee, um
sich die nächste Schurkerei darauf zu überlegen.
Kein anständiger Dieb
den Panzerschrank auf.
hackt dem andern
"Verlag von % ß.'W.'&iefy ‘JXact)f, (ö.m.ß.ß. in (Stuttgart
ÜfC «WilWlWslW
öw Weibes
von Z>r. §.V. Simon.
Mit 35 Abbildungen im Text
und einer farbigen Tafel.
Siebente, umgearbeitete Auflage.
304 Seiten, preis gebunden M. 2.50.
lklitlvilkllilWlhMie
(darwins Lehre)
von Sr.S.Tfthulok.
Mit 49 Abbildungen im Text.
VII! und 312 Seiten,
preis in Leinwand gebunden M. 3.—
po und Rhein
Savoyen, Nizza und
der Rhein
Zwei flbhanölungen von
Friedrich Engels
Herausgegeben von Eduard Bernstein.
32. Bändchen der Kleinen Bibliothek.
Preis gebunden M. 1.—, broschiert 75 pfg.
Kugust Bebel
Oie §rau
und der Sozialismus
Preis gebunden M.3.—
in Geschenkeinband M. 3.50.
Rus meinem Leben
Preis der drei Bände gebunden M.7.25
in Geschenkeinband M.S.25.
= KRIEGS-POSTKARTEN -
Grösste Kollektion: Zerstörte Orte, Schlachten, Schützengräben und andere
Postkarten. Angaben, ob Ost- oder Westfront. 100 St. Mk. 2.—, 1000 St. Mk. 18.—
Karl Voegels Verlag, Berlin O, Blumenstrasse 75.
—-Zigaretten für die Front -
Nur für unsere Truppen. Billig und wirklich gut. Wir liefern portofrei nach
Qualität 100 Stück zu Mk. 1.70, zu Mk. 2.70 und Mk. 3.40.
Karl Voegels G. m.b. H., Berlin O, Blumenstrasse 75.
Salamander Schuhges.m.b.ß. fiertin
Zentrale: Äerltn tO.ö,Frledt'Cchftr. 182
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„Abergläubisch."
Ein Kulturbild von heute.
Die Damen sahen in der Kon-
ditorei und stocherten mit der Kuchen-
gabel mehr in ihrem Gebäck herum,
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an, daß sie sehr erregt waren.
„Schlechte Nachrichten aus dem
Felde?" fragte die Büfettdame be-
kümmert.
„Nein, nein!" Die ältere Dame
winkte etwas ärgerlich ab und fügte
halblaut, zu ihrer Freundin gewen-
det, hinzu: „Als ob man keine an-
deren Sorgen haben könnte! Kultur-
sorgen!"
„Ja," seufzte die andere. „Es ist
mir wie ein Stich durchs Herz ge-
gangen, als ich las, daß unsere liebe
Freundin wegen Gesundbetens sechs
Monate Gefängnis bekommen hat.
Wie war das nur möglich!"
„Ja, wie war das nur möglich!
Es gibt noch zu viel Ungläubige.
Wenn die Leute wüßten, was wir
ivissen — —"
Und sie entnahm dem seidenen
Pompadour ein Buch, dem man an-
sah, daß es viel und eifrig gelesen
wurde. Auf dem Titelblatt stand
etwas von „Christlicher Wissen-
schaft".
Halblaut las sie: „.. . Du sagst,
cilie Beule sei schmerzhaft; aber das
ist unmöglich, denn Materie ohne
Geist ist nicht schmerzhaft; die Beule, die sich
durch Entzündung äußert, dokumentiert nur
deinen Glauben an den Schmerz, und diesen
Glauben nennst du eine Beule! . . . Kranke
werden nur durch das Sich-Verlieren und Sich-
Versenken in de» Geist geheilt. .. ."
Auch der Steuerfiskus bringt Opfer.
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„Die Arendt?"
„Ja. Denke nur, neulich hat sie
mir gestanden, daß sie mit einer
Bekannten bei einer Kartenlegerin
war! Denke nur: bei einer Karten-
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Die Freundin legte ihr Gesicht
in ernste Falten und sagte: „Ja,
das liegt an der Unbildung dieser
Leute! Unbildung ist der beste Nähr-
boden für Aberglauben!"
„Ja, daß solcher Aberglaube in der
heutigen Zeit noch möglich ist!"
Und kopfschüttelnd gingen sie da-
von. ——
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öw Weibes
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Mit 35 Abbildungen im Text
und einer farbigen Tafel.
Siebente, umgearbeitete Auflage.
304 Seiten, preis gebunden M. 2.50.
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(darwins Lehre)
von Sr.S.Tfthulok.
Mit 49 Abbildungen im Text.
VII! und 312 Seiten,
preis in Leinwand gebunden M. 3.—
po und Rhein
Savoyen, Nizza und
der Rhein
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Friedrich Engels
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32. Bändchen der Kleinen Bibliothek.
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