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niKita ln ürauer.
Einst spielt' ich mit Zepter, mit Krone und Stern,
Und auch mein Vermögen mehrte ich gern;
Jetzt bin ich belämmert und interniert
Und gründlich vom Bierverband angcschmicrt.
NodeWane. rs
Die gute Stadt Durazzo,
Berühmt im Altertum,
Die ward im Römerreiche
Genannt Dyrrhachium.
Die alten Römer haben
Sich dort bekriegt mit Macht
Und tapfer auch gefachten
In mancher heißen Schlacht.
Jedoch die neuen Römer,
Die rissen tapfer aus
Und flohn dabei noch tapfrer
Gleich übers Meer nach Haus.
Die Webstoffe sind beschlagnahmt. Schade, daß man nicht auch die
Hirngespinste gewisser Allerweltspolitiker ebenso beschlagnahmen kann.
Zur Beruhigung der öffentlichen Meinung wurden in Italien bisher
73 Generale pensioniert. Das nützt alles nichts. Die richtige Beruhigung
wird erst eintreten, wenn man auch — alle Soldaten pensioniert.
Sara Bernhardt tritt in einer Pariser Revue als Kathedrale von
Reims auf. Das Publikum stimmt bei ihrem Erscheinen stets in das
Lied ein: „So leb denn wohl, du altes Haus —", womit natürlich nur
die Kathedrale gemeint ist. .
Von d'Annunzio ist es jetzt stiller geworden. Er soll, nachdem er
vorher den Kriegsrausch so schön besungen, jetzt mit einem Katerlied
beschäftigt fein. Es verspricht großartig zu werden.
Einem bisher nicht faßbaren Drückeberger ist man auf der Spur:
er heißt „Friede" und galt bisher als „unabkömmlich".
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
„Finanzreform."
Die Lunderlmarkscheine werden demnächst in ver-
kleinertem Format herausgegeben.
Wird der Hundertmarkschein kleiner.
So ertrag' es mit Humor:
Hast du einen ganzen Sack voll.
Bist du reicher als zuvor!
Du wirst freilich prompt versichern.
Daß du keinen „Blauen" hast —
Daniit hast du ohne Zweifel
Deinen Standpunkt gut erfaßt.
Zwar treibt sich von diesen „Tröstern"
Unterm großen Publilum,
Die Statistik lehrt es täglich.
Eine ganze Menge 'rum;
Doch wie mal die Dinge liege».
Hast du wenig Teil daran —
Dem nur nützen die Reformen,
Der sie auch verwerten kann!
Was dir not tut, ist vor allem
Ein recht hoher Wochcnlohn,
Um beliebig zu vergrößern
Deine kleine Flcischration! A. St.
CSC9
Etwas vom langen Leben.
Pariser Blätter behaupteten kürzlich, der
österreichische Kaiser sei in Wirklichkeit seit
40 Jahren tot, und ein Doppelgänger sitze
seitdem auf seinem Thron.
Das mag stimmen. Es ist aber auch richtig,
daß man in Paris wegen der dortigen guten
Luft besonders lange lebt. So ist Herr Tar-
tarin aus Tarascon, das große Lügenmaul,
keineswegs gestorben, sondern lebt vergnügt
in Paris als Redakteur. Der Spanier Don
Quichotte ist nach Frankreich übergesiedelt und
soll dort noch heute eine hohe Regierungsstelle
bekleiden. Nur gelang es den Parisern leider
nicht, den Feldherrn Bonaparte so lange am
Leben zu erhalten. Und gerade ihn hätte man
doch so verdammt nötig. . . .
Lieber Jacob!
Ick habe mir aus Jrinden der Landesver-
teidijung bis jetz nischt von merken lassen, da-
init durch die Kenntnis von meine Notlage
der feindliche Siejesivillen nick) verstärkt wird.
Aber jetz, wo de Rejierung amtlich einjejriffen
hat u» allens vorieber is, derf ick et ja je-
stehen, wat ick während de letzte mangelnde
Butterperiode in ineinen Familienschoß for
Schafen erlebt habe. Meine Olle halte sich
vermittelst een zehnstindliches Warten an 'ne
zugige Marjarineecke nich bloß eenen Schnup-
pen jeholt, jejen dem die Wasserfälle uff'n
Viktoriapark 'n dummer Junge waren, son-
dern se hat von det lange Stehen ooch Platt-
beene jekrijt, wodurch de Reize ihrer körper-
lichen Erscheinung noch schauderhafter jewor-
den sind als se schon von alleene waren.
Det ließ sich indessen noch ertragen, sinte-
malen et sich bloß uff leiblichem Jebiete ab-
spielte. Aber wir haben ooch moralesche Er-
eignisse erlebt, die nich von Pappe waren.
Was mein Ältester is, der kam eines Nach-
mittags beim Spalierbildc» neben eene imi-
tierte Kriejerwitwe zu steheii, die ihm sexuell
uffklüren wollte. Un weil er sich det nich jut-
willig jesallen lieh, versuchte se ihm aus de
Reihe zu drängeln. Er war der vierhuudert-
fiinfunsechzigste un er hätte also bloß noch
heechstens drei Stunden zu warten jehabt.
Daher setzte er sich körperlich zur Wehre un
der Erfolg war, det det Weib ihm wejen tät-
liche Beleidijuug bei den kommandierenden
Schutzmann verleimderisch denunzierte un er
een pollezeiliches Mandat von zehn Emm be-
kam, die ick trotz meine oogenblickliche finan-
zielle Schwermut berappen mußte!
Am schlimmsten aber war et meine zweete
Tochter erjangen, die sich vorigtes Jahr mit
eenen Kollegen aus de Fabrik verlobt hatte,
un der ihr jetz pletzlich de Beziehungen ab-
brach, nachdem ihn eene siebenunsechzigjährige
Butterhändleriu aus der Aujuststraße ihre
Hand anjetragen hatte, un er in diese Leiden-
schaft de eenzigste Meeglichkeit erblickte, sich
noch jenials seine Stulle beschmieren zu ken-
nen. Jetz hat er aber Jott sei Dank det un-
naticrliche Verhältnis wieder jeleest un is
reimietig in den Schoß meiner Tochter zurick-
jekehrt. Denn jetz is ja alle Not in diese Hin-
sicht vorbei: wir haben de amtliche Butter-
karte un brauchen uns keene Sorjen nich mehr
machen. Wenn wir nu außer de Karte ooch
noch sojar Butter hätten, denn fehlte uns nischt
mehr zu de Komplettierung unseres Jlicks!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
(^ewposlbestellnngen .'.
lTauf den Wahren Jacob
werden gegen Einsendung von 10 Pfennig pro
Nummer, oder 65 Pfennig pro Vierteljahr,
jederzeit angenommen und pünktlich ausge-
führt durch die
Expedition des Wahren Jacob, Stuttgart.
Redaktionsschluß 6. März 1916,
niKita ln ürauer.
Einst spielt' ich mit Zepter, mit Krone und Stern,
Und auch mein Vermögen mehrte ich gern;
Jetzt bin ich belämmert und interniert
Und gründlich vom Bierverband angcschmicrt.
NodeWane. rs
Die gute Stadt Durazzo,
Berühmt im Altertum,
Die ward im Römerreiche
Genannt Dyrrhachium.
Die alten Römer haben
Sich dort bekriegt mit Macht
Und tapfer auch gefachten
In mancher heißen Schlacht.
Jedoch die neuen Römer,
Die rissen tapfer aus
Und flohn dabei noch tapfrer
Gleich übers Meer nach Haus.
Die Webstoffe sind beschlagnahmt. Schade, daß man nicht auch die
Hirngespinste gewisser Allerweltspolitiker ebenso beschlagnahmen kann.
Zur Beruhigung der öffentlichen Meinung wurden in Italien bisher
73 Generale pensioniert. Das nützt alles nichts. Die richtige Beruhigung
wird erst eintreten, wenn man auch — alle Soldaten pensioniert.
Sara Bernhardt tritt in einer Pariser Revue als Kathedrale von
Reims auf. Das Publikum stimmt bei ihrem Erscheinen stets in das
Lied ein: „So leb denn wohl, du altes Haus —", womit natürlich nur
die Kathedrale gemeint ist. .
Von d'Annunzio ist es jetzt stiller geworden. Er soll, nachdem er
vorher den Kriegsrausch so schön besungen, jetzt mit einem Katerlied
beschäftigt fein. Es verspricht großartig zu werden.
Einem bisher nicht faßbaren Drückeberger ist man auf der Spur:
er heißt „Friede" und galt bisher als „unabkömmlich".
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
„Finanzreform."
Die Lunderlmarkscheine werden demnächst in ver-
kleinertem Format herausgegeben.
Wird der Hundertmarkschein kleiner.
So ertrag' es mit Humor:
Hast du einen ganzen Sack voll.
Bist du reicher als zuvor!
Du wirst freilich prompt versichern.
Daß du keinen „Blauen" hast —
Daniit hast du ohne Zweifel
Deinen Standpunkt gut erfaßt.
Zwar treibt sich von diesen „Tröstern"
Unterm großen Publilum,
Die Statistik lehrt es täglich.
Eine ganze Menge 'rum;
Doch wie mal die Dinge liege».
Hast du wenig Teil daran —
Dem nur nützen die Reformen,
Der sie auch verwerten kann!
Was dir not tut, ist vor allem
Ein recht hoher Wochcnlohn,
Um beliebig zu vergrößern
Deine kleine Flcischration! A. St.
CSC9
Etwas vom langen Leben.
Pariser Blätter behaupteten kürzlich, der
österreichische Kaiser sei in Wirklichkeit seit
40 Jahren tot, und ein Doppelgänger sitze
seitdem auf seinem Thron.
Das mag stimmen. Es ist aber auch richtig,
daß man in Paris wegen der dortigen guten
Luft besonders lange lebt. So ist Herr Tar-
tarin aus Tarascon, das große Lügenmaul,
keineswegs gestorben, sondern lebt vergnügt
in Paris als Redakteur. Der Spanier Don
Quichotte ist nach Frankreich übergesiedelt und
soll dort noch heute eine hohe Regierungsstelle
bekleiden. Nur gelang es den Parisern leider
nicht, den Feldherrn Bonaparte so lange am
Leben zu erhalten. Und gerade ihn hätte man
doch so verdammt nötig. . . .
Lieber Jacob!
Ick habe mir aus Jrinden der Landesver-
teidijung bis jetz nischt von merken lassen, da-
init durch die Kenntnis von meine Notlage
der feindliche Siejesivillen nick) verstärkt wird.
Aber jetz, wo de Rejierung amtlich einjejriffen
hat u» allens vorieber is, derf ick et ja je-
stehen, wat ick während de letzte mangelnde
Butterperiode in ineinen Familienschoß for
Schafen erlebt habe. Meine Olle halte sich
vermittelst een zehnstindliches Warten an 'ne
zugige Marjarineecke nich bloß eenen Schnup-
pen jeholt, jejen dem die Wasserfälle uff'n
Viktoriapark 'n dummer Junge waren, son-
dern se hat von det lange Stehen ooch Platt-
beene jekrijt, wodurch de Reize ihrer körper-
lichen Erscheinung noch schauderhafter jewor-
den sind als se schon von alleene waren.
Det ließ sich indessen noch ertragen, sinte-
malen et sich bloß uff leiblichem Jebiete ab-
spielte. Aber wir haben ooch moralesche Er-
eignisse erlebt, die nich von Pappe waren.
Was mein Ältester is, der kam eines Nach-
mittags beim Spalierbildc» neben eene imi-
tierte Kriejerwitwe zu steheii, die ihm sexuell
uffklüren wollte. Un weil er sich det nich jut-
willig jesallen lieh, versuchte se ihm aus de
Reihe zu drängeln. Er war der vierhuudert-
fiinfunsechzigste un er hätte also bloß noch
heechstens drei Stunden zu warten jehabt.
Daher setzte er sich körperlich zur Wehre un
der Erfolg war, det det Weib ihm wejen tät-
liche Beleidijuug bei den kommandierenden
Schutzmann verleimderisch denunzierte un er
een pollezeiliches Mandat von zehn Emm be-
kam, die ick trotz meine oogenblickliche finan-
zielle Schwermut berappen mußte!
Am schlimmsten aber war et meine zweete
Tochter erjangen, die sich vorigtes Jahr mit
eenen Kollegen aus de Fabrik verlobt hatte,
un der ihr jetz pletzlich de Beziehungen ab-
brach, nachdem ihn eene siebenunsechzigjährige
Butterhändleriu aus der Aujuststraße ihre
Hand anjetragen hatte, un er in diese Leiden-
schaft de eenzigste Meeglichkeit erblickte, sich
noch jenials seine Stulle beschmieren zu ken-
nen. Jetz hat er aber Jott sei Dank det un-
naticrliche Verhältnis wieder jeleest un is
reimietig in den Schoß meiner Tochter zurick-
jekehrt. Denn jetz is ja alle Not in diese Hin-
sicht vorbei: wir haben de amtliche Butter-
karte un brauchen uns keene Sorjen nich mehr
machen. Wenn wir nu außer de Karte ooch
noch sojar Butter hätten, denn fehlte uns nischt
mehr zu de Komplettierung unseres Jlicks!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
(^ewposlbestellnngen .'.
lTauf den Wahren Jacob
werden gegen Einsendung von 10 Pfennig pro
Nummer, oder 65 Pfennig pro Vierteljahr,
jederzeit angenommen und pünktlich ausge-
führt durch die
Expedition des Wahren Jacob, Stuttgart.
Redaktionsschluß 6. März 1916,