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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0114
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8987 —

Rätselhaft.

„Mutter, ich möchte doch wissen, warum die Würste immer kleiner
und die Metzgermeister immer dicker werden?"

ftobelfpäne. t®

Es wehen linde Lüfte
In unser Land hinein,

Und Frühling ist es worden
Ilm alten grünen Rhein.

Die Vöglein singen munter —
Doch dumpf herüber schallt
Der Donner der Geschütze
Aus dem Vogesenwald.

Es spähen ernste Blicke
Ins Firmament hinein,

Ob nicht ein Bombenvogel
Will fliegen über'n Rhein.

Italienische Blätter feierten ein Maultier, das in den Alpen gefallen
ist, und das schon bei den abessinischen Kämpfen dabei gewesen sein soll.
Als Sonnino das las, sagte er: „Das ist doch nichts Neues, daß —
Maultiere bei uns gefeiert werden!"

Die größte Heuchelei,

Die in der Welt man kennt,

Ist, wenn ein Spekulant
Sich Patriot jetzt nennt,

Der noch das tiefste Elend schröpft
Und daraus seine Gewinne schöpft.

Genaue Nachforschungen haben ergeben, daß ein in der letzten Zeit
vielgenannter Völkerrechtsvertrag richtig heißt: Die Londoner Seerechts-

deklamation.

Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

Die Hetzer.

Das sind die Ritter vom kleinen Lirn
And von der großen Lunge;

Scharf ist die Logik hinter der Stirn,

Doch schärfer noch die Zunge.

Sie schwöre» den Völkern ringsumher
Verderben ohne Gnade.

And schafft's auch täglich Feinde mehr —
Dann grade!

Sie bleiben ruhig bei Muttern zu Laus,
Die Lerren Letz-Redakteure.

Es nähmen vor einer Maus reißaus
Die kläffenden Schwadroneure.

Doch wenn ihre Feder die Tinte trinkt.
Dröhnt laut die Letz-Kanonade.

And ob die Welt in Blut versinkt —

Nun grade!

Das sind die Ritter der Schnoddrigkeit.

Sie wisse» alles viel besser.

Die Lerren ohne Verantwortlichkeit,

Sie liefern jeden ans Messer,

Der nicht mit ihnen eines Sinns.

Es ist ja nicht ihr Schade:

Sie zählen zärtlich den Zins des Gewinns —
Drum grade!

Kriegssegen.

Aus Amerika wird berichte!, daß die Zahl der
Millionäre seit Beginn des Krieges von 4000
auf 10000 gewachsen fei.

Hört die große Jubelkuude,

Die per Telegraph

Ans zu kriegsbereiter Stunde

Hcrzbelebcnd traf.

In Europa seht in Wölkchen
Man de» Reichtum um.

Doch der Bankers schlaues Völkchen
Macht die Finger krumm.

Eifrig seht ihr sic am Gießen,

Ferne der Gefahr;

Wenn hier rote Ströme fließen.
Fließt dort der Dollar.

Dort, wo jede Waffenschmiede
Schier die Goldesströme speit.

And wo Wilson, der Präflde,
Spricht von edler Menschlichkeit.

Wie das tröstet, tote das lindert
And die Menschheit ehrt!

Wenn sich alles auch vermindert.
Doch das Gold sich mehrt!

Daß der Reid euch nicht verzehre.
Sprecht mit leisem Hauch:

Ein paar neue Millionäre
Haben wir ja auch! Pan.

Lieber Jacob!

Also nu is ooch der Seefenverbrauch obrig-
keitlich jerejelt! Mehr wie een nn 'n Viertel-
pfund monatlich jibt's nich pro Person, un
dieses Quantum ivird jedesmal uff de Brot-
karte abjestempelt. Et werden also in Zukunft
keene Ausschweifungen uff bet Jebiet der
Reenlichkeet nich mehr crloobt sind, nn Deitsch-
land hat damit seine» festen Entschluß kund-
jejeben, nich bloß mit Butter, Fleesch un Zucker,
sondern ooch mit'» Dreck durchzuhalten!

Dieser staatliche Jnjriff in de privatrecht-
liche Körperfleje hat in meinen Familienschoß
'ne jeteilte Uffnahme jefnnden. Fritze, >vat
unser Jingster is, jab seinen rickhaltlosen Bei-
fall zu die Maßnahme kund. „An, Vater!"
rief er mit Entzickung, „nu brauche ick mir
bloß noch Sonntag de Ohren waschen? Is
wahr?" „Nee, mein Sohn," entjejente ick mit
beizende Ironie, „man bloß noch zu Kaisers
Jeburtstag, und in de Zwischenzeit trage ick
dir bei Spindler und lasse dir chemisch rei-
nijen!" „Wenn Fritze sich nich waschen braucht,"

meldete sich Lncie, unsere Kleenste mit bet jol-
dene Lockenhaupt, „denn brauche ick mir ooch
nich kämmen! Eenmal de Woche Zopp flechten,
is jenug? Nich, Vater?" „Jawoll, meine Toch-
ter," jab ick zur Antwort, „ick werde dir bet
Leben sojar noch anjenehmer zu jestalten
suchen, indem ick dir uff de Stelle skalpiere!
Wenn de Sonntag bei Tante Lehmann uff
Besuch jehst, kannste dir Muttern ihren fal-
schen Zopp pumpen!" Damit joß ick ooch in
diesen Freudenbecher eenen Droppen Mampe
mit Schimmeljespann.

Meine Olle hatte die janze Schose von
Anfang an mit den ihr eijenen Jnjrimm uff-
jenommen. Se meente nämlich, mit det bißken
Seefe kennte se de Wäsche for eene Familje,
die ihre Sachen so wie ick un meine Nach-
kommenschaft ejal verdrecken, unmeeglich be-
sorjen. Ick suchte ihr zu treesten, indem ick
ihr vor Oogen fiehrte, det et in sonne ohne-
hin jroße Zeit uff'n bißken Dreck mehr oder
wenijer nich ankäme, aber se wollte keene
Vernunft nich annehmen un maulte, bis wir
uns abends in de Klappe legten. Kaum war
ick seifzend injedrusselt, so fiehlte ick mir leb-
haft in de Rippen jestoßen. „Jotthilf!" sagte
meine Olle zu mir, „ick habe ’» Floh! Darf
ick dem nu knaxen oder muß ick ihm mir erst
uff de Brotkarte abstempeln lassen?" „Ick
werde dir morsen bei de Kommission'» Jagd-
schein lösen, aber jetz lasse mir jefälligst in
Ruhe!" eißerte ick, indem ick mir mit Ent-
schiedenheit uff de andere Seite drehte un
den Schwachsinn det weiblichen Jeschlechts
mit keenen weiteren Ton nich mehr wirdigte.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

RedalttonSschkuß 1. Mai 1916.
 
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