Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0155
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
9028

Prozent Gewinn zurück. Nur manchmal ärgerte
sich Herr S. Mayer, daß sie sich eine Weile
mit fü«fundzwanzig Prozent zufrieden gegeben
hatten, und daß ihm nicht früher gekommen
war die Erleuchtung:

— der eine kauft ein, von ihm erwirbt's der
ziveite, und der drille verkauft weiter. W. W.

Die gekränkte Anschuld.

Poincars: Warum behaupten die deutschen
Barbaren nur immer, daß wir keine Verlust-
listen ausgeben? Unser Kurszettel erscheint
doch täglich!

Die Probe aufs Exempel.

der Zrieöensengel: Nicht wahr, mein lieber Wooörow Wilson, jetzt werben doch nur noch
Zriebenstauben nach Europa geschickt?

Probat.

„Sie haben jetzt schon
fünf Angriffe auf die
Franzosen mitgemacht,
Herr Leutnant! Sie trifft
wohl auch keine Kugel?"

„Werden sich hüten
die Franzosen, wo ich
Poincars testamenta-
risch meine Schulden
vermacht habe!"

Altes Testament, Kriegsausgabe.

(1. Mose 25, 29.)

. . . Und Jakob kochte ein Gericht. Da kam
Esau vom Feld und war müde.

Und er sprach zu Jakob: Laß mich kosten
dein Gericht!

Aber Jakob sprach: Verkaufe mir heute deine
Erstgeburt. Denn dies ist ein Linsengericht.

Da ergrimmte Esau und sprach: Meinst du
alter Gannef, ich weiß nicht, daß die Linsen
alle beschlagnahint sind? Iß du nur deinen
Linsenersatz alleine!

Und er behielt seine Erstgeburt.

Mayer, Müller & Schultze

oder: 3 mal 15 ist mehr als 25: 3.

DaswarnochvordemKrieg, dawarSiegfricd
Mayer Markthelfer bei einem Buchhändler;
Jakob Müller war Türsteher — damals sor-
tier—eines Hotels; und Andreas Schultze stand
während des größten Teils des Tages als meist
unbeschäftigter Gepäckträger vor dem Bahnhof.

Keiner wußte von der Existenz des andern.

Da kam der Krieg mit der Begeisterung, die
er überall hervorrief, und eriveckte auch in ihnen
den Wunsch, zu helfen.

Das Sprichwort: Edle
Seelen finden sich zu
Wasser und zu Lande,
ging auch an ihnen in
Erfüllung. Es war in
Berlin - das Wasser je-
doch gebranntes - , da
hatte Siegfried Mayer,
dcrbegnbtestevo» ihnen,
die Notwendigkeit er-
kannt, daß sie der not-
leidenden Menschheit
die Versorgung mit Le-
bensmitteln erleichtern
müßten.

Die Lebensmittelver-
ivertungs - Gesellschaft
Mayer, Müller &

Schultze erlebte eine er-
staunliche Blüte. War
es doch nicht mehr als
recht und billig, das;
sie das Aufgeben ihrer
früheren geliebten Be-
rufe, ihre Aufopferung
im Dienste der Allge-
meinheit sich gut bezah-
len und, da der Gewinn
in drei Teile zerfiel, ihre
Vermittlung nicht unter
fünfzig Prozent eintre-
len ließen.

Ein Jahr war ver-
gangen. Man hatte nn-
gefangen, auch der Fir-
ma Mayer, Müller &

Schultze auf die Finger
zu schauen, was ihnen
sehr unlieb war; und
sie reduzierten ihre Ge-
winne — nach Zurück-
legung der Kriegsge-
winnsteuer — auf vier-
zig, dreißig und sogar
fünfundzwanzig Pro-
zent, wobei sie ihrer drohenden Verarmung
voller Sorge entgegensahen.

Da hatte wieder Siegfried Mayer die ret-
tende Idee.

Herr S. Mayer, Herr I. Müller und Herr
A. Schultze versammelten sich hinter verschlos-
senen Türen. Am andern Tage war die Gesell-
schaft Mayer, Müller & Schultze aufgelöst. —

Die Kontrolle derLebensmittelhändler wurde
jetzt streng gehandhabt. Eines Tages fand sie
bei S. Mayer statt. Aber er konnte überzeu-
gend Nachweisen, daß er sich mit den: beschei-
denen Gewinn von fünfzehn Prozent begnügte,
was ihm angesichts des großen Risikos noch

eine besondere Belobigung der zuständigen
Behörde eintrug.

Dann war bei I. Müller Revision. Auch er
bestand sie mit Ehren und Auszeichnung und
fünfzehn Prozent Gewinn.

War es bei A. Schultze anders? Nein, auch
er war ein anständiges Element der mensch-
lichen Gesellschaft geworden.

Abends aber war die Firma Mayer, Müller
& Schultze bei Wein und schönen Damen in
Eintracht versammelt, und sie dachten nicht
mehr mit Bedauern an die Zeiten mit fünfzig

Das naive Publikum.

Mancherlei Probleme gibt es, — wo die
Meinungen sich trennen, — und ivorüber selbst
die Klügsten — sich nur schwor verständ'gen
können. — Doch in einem einzigen Punkte —
ist man einig sich zur Stund': — Frieden
wünschen alle Völker — auf dem ganzen
Erdenrund!

Und mit froher Spannung blicken — Zivi-
listen und Soldaten, — Brite, Franzmann,
Ruß und Deutscher — auf die Herren Diplo-
maten: — denn ein
Ziel, das alle ivünschen,

— also schließt man ins-
gemein,— müßte ohne
Schwierigkeiten — doch
wohl zu erreichen sein.

Doch der Weise hebt
den Finger, — und er
spricht mit ernster Mah-
nung: — „Schweigt, ihr
Völker! Denn von die-
sen — Dingen habt ihr
kei»» Ahnung: — nur
wer Staatskunst ausgc-
lernt hat — und den
Dienst kennt, der er-
mißt, — welche unge-
heure Masse—Weisheit
hierzu nötig ist.

„Merk', John Bull,
dir's! Merk' dir's, Mi-
chel, — daß für so was
du zu dumm bist, — da
du Untertan und Laie

— und nichts inehr als
Publikum bist! — Küm-
mert euch um eure Sa-
chen, — Proletar und
Bürgersmann: — die-
ser Krieg, begreift es
endlich!- — geht euch
einen Dreck was an!"

__ Sulla.
 
Annotationen