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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0162
9035
Aus der Zeit.
Berliner Delikatestenhandlung.
<5^ ftobelfpätie.
Viel Brüder zieh» nach Osten.
Es reiht sich Zug an Zug.
Zu stärken gilt's die Posten,
Die jäh der Russe schlug.
Zieht hin, zieht hin, ihr Grauen,
Ihr Männer, kampfbewährt.
Zu schützen Deutschlands Gauen,
Zu schützen deutschen Herd!
Ihr kämpft mit Klau und Kralle
In eiserner Geduld —
Wie tief doch alle, alle
Stehn wir in eurer Schuld.
In Ratibor verkaufte ein Fabrikant Zigarren, die Bindfadenreste,
Stroh und Rattenkot enthielten. Anstatt den Braven für die neue,
aber furchtbare Waffe zu belohnen, die er unfern Schützengraben-
brüdern in den Rauchwolken dieser feinen Sorte gestiftet hat, wird
er nun bestraft werden und muß womöglich täglich eine von seinen
eigenen Zigarren rauchen. Entsetzlich!
Naumann nannte die Kolonien den für Deutschland notwendigen
Garten. Wenn über diesen Garten nur nicht so häufig — der Bock
zum Gärtner gesetzt worden wäre!
Das Rätsel, warum Krupp eine Filiale in München eröffnen will,
ist nun gelöst: die verhungernden Münchner drohten mit dem Abfall
vom Deutschen Reich, falls sie nicht auch ein Stückchen „Essen" ab-
bekämen. Qtjr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
Die weiße Wäsche.
Nun droht auch ihr schon das Verhängnis,
Die uns geziert so stolz und nett,
Und ratlos fragt man und in Bängnis:
was machst du ohne Themisett?
Bist du denn noch ein Ulan», ein ganzer,
Und überhaupt zivilisiert,
wenn der gestärkte Leinenpanzer
Dir Brust und Rippen nicht umschnürt?
Und ärger noch und kaum zu sagen
Ist's, was wir mählich nahen sehn:
wir müssen ohne steifen Rragen
Freihalsig auf die Straße gehn!
wie schmückte uns das blanke, glatte
Halsband, acht Zentimeter breit,
Nun geht's dahin, und die Rrawattc,
G Jammer, wird ein Kaub der Zeit!
Nichts läßt vom Rlannesschmuck sich retten.
Uch, wie gewöhnlich und profan,
wenn abgelegt dn die Manschetten,
Oie lieblich aus den Ürmeln sahn.
Sie konnten wohl ein Weib betören,
Und wenn du es zum Trunk geführt,
vann andern Tages auf den Röhren
Fandst du die Rechnung ausnotiert.
Fürwahr, mich packt ein leises Grauen,
wenn ich mich - denken Sie doch mal! -
Soll als Prolet im Spiegel schauen;
Man sinkt ja förmlich sozial!
was weise Geister nie ergründet,
Hier aus dem Handgelenk geschieht:
Tins zwei! Mit den Manschetten schwindet
Oer letzte Standesunterschied!
Und Zittern fährt mir in die Knochen
vor diesem Zustand, uns so fremd,
Ich fühle schwach nnch und zerbrochen
Im Halstuch und im weichen Hemd.
Uch, mit der plätt'rin steifem Werke
Stürzt hin, was stolz ist und honett;
Venn manchem sitzt die ganze Stärke
Im Kragen nur und Themisett. Pa».
Lieber Jacob!
Also Salandra'n haben de Jtaljener for ent-
behrlich erachtet un mit de herzlichsten Sejens-
winsche von sich jejeben. Aber ’n scheenen
Abjang hat er sich zum Schluß von bet rö-
mische Parlament doch noch jeleistet, indem
det er de italjenische Heeresleitung mechtig in
de Parade fuhr. „Ick habe meine Flicht je-
tan!" sagte er, „indem det ick dem Krieg an-
jezettelt habe! Dem Krieg zu jewinnen is aber
Sache der Jeneräle, un wenn se det nich zu-
weje bringen, denn kann ick nischt for! Ick
wasche meine Vorderflossen in Unschuld un
mache mir dinne!" Det sagte er allens uff
Jtaljenisch un dabei hat er sein Portefölje
eenmal hinjeschmisfen un wieder uffjenommen,
un wieder hinjeschmisfen un wieder uffjenom-
men, un zum dritten Mal hinjeschmisfen un
nich mehr uffjenommen. Un denn hat er mit
de Faust uff'n Tisch jeschlagen un is janz
schnell ivegjeloofen. Det is nämlich det ital-
jenische Temperament, verstehste! Unser Theo-
bald macht sowat immer janz anders: der
bewahrt stets det neetije philosophische Schmalz
un läßt de Noblesse oblischee niemals nich ver-
missen, selbst wenn er in de Notwehr jeneetigt
is, de lausigsten Auonymiker uff ihre schmie-
rijen Finger zu hauen.
Mit Salandra'n is ovch sein Intimus Barzilai
aus det italjenische Ministerium entschwunden.
Un den Mann kann ick det wahrhaftig nich
verdenken, wenn er kalte Fieße kriegte. Er war
nämlich „Jeneralkommissär for de unerlösten
Provinzen", un det war schon von Anbejinn
an 'n sehr schwierijes Amt, indem det die
betreffenden Unerlösten sich ihre Erlösung uff
det hartnäckigste widersetzten un nich det je-
ringste Verständnis for die Wohltaten bezeijen
taten, die ihnen de Jtaljener zujedacht hatten.
Un nu erlöse mal jefälligst eenen, der sich
partuh nich erlösen lassen will! Aber det wäre
schließlich allens noch jejangen, wenn sich Bar-
zilai'n seine amtliche Wirksamkeit in de letzte
Zeit nich so kolossal verjrößert hätte. Erst hatte
er doch man bloß die Provinze» zu erlösen,
die de Jtaljener de Österreicher jerne abknöppen
wollten, un nu kriegte er uff eenmal ooch
noch alle die dazu, die de Österreicher de Jtal-
jener soebent frisch abjeknöppt haben! Un da
dieser Amtsbezirk sich von Tage zu Tage immer
iveiter ausdehnte, is de Arbeitslast Barzilai'n
wahrscheinlich ieber'n Kopp jewachsen un er
dankte erjebenst for Siedobst un zog sich mit
seinen Freind Salandra jrollend in det un-
bewußte Privatleben zurick. Möjen se beide
sanft ruhen, — aber in alle Ewigkeit! Amen.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
(^eldpostbeftellungen + +
1J aus den Wahren Jacob
werden gegen Einsendung von 10 Pfennig pro
Nummer, oder 65 Pfennig pro Vierteljahr,
jederzeit angenommen und pünktlich ausge-
führt durch die
Expedition des Wahren Jacob, Stuttgart.
Um genaue und deutliche Angabe
der Feldpostadresfcn wird gcbcicn.
»iedaliionsschlnfi 26. Juni 1910.
Aus der Zeit.
Berliner Delikatestenhandlung.
<5^ ftobelfpätie.
Viel Brüder zieh» nach Osten.
Es reiht sich Zug an Zug.
Zu stärken gilt's die Posten,
Die jäh der Russe schlug.
Zieht hin, zieht hin, ihr Grauen,
Ihr Männer, kampfbewährt.
Zu schützen Deutschlands Gauen,
Zu schützen deutschen Herd!
Ihr kämpft mit Klau und Kralle
In eiserner Geduld —
Wie tief doch alle, alle
Stehn wir in eurer Schuld.
In Ratibor verkaufte ein Fabrikant Zigarren, die Bindfadenreste,
Stroh und Rattenkot enthielten. Anstatt den Braven für die neue,
aber furchtbare Waffe zu belohnen, die er unfern Schützengraben-
brüdern in den Rauchwolken dieser feinen Sorte gestiftet hat, wird
er nun bestraft werden und muß womöglich täglich eine von seinen
eigenen Zigarren rauchen. Entsetzlich!
Naumann nannte die Kolonien den für Deutschland notwendigen
Garten. Wenn über diesen Garten nur nicht so häufig — der Bock
zum Gärtner gesetzt worden wäre!
Das Rätsel, warum Krupp eine Filiale in München eröffnen will,
ist nun gelöst: die verhungernden Münchner drohten mit dem Abfall
vom Deutschen Reich, falls sie nicht auch ein Stückchen „Essen" ab-
bekämen. Qtjr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
Die weiße Wäsche.
Nun droht auch ihr schon das Verhängnis,
Die uns geziert so stolz und nett,
Und ratlos fragt man und in Bängnis:
was machst du ohne Themisett?
Bist du denn noch ein Ulan», ein ganzer,
Und überhaupt zivilisiert,
wenn der gestärkte Leinenpanzer
Dir Brust und Rippen nicht umschnürt?
Und ärger noch und kaum zu sagen
Ist's, was wir mählich nahen sehn:
wir müssen ohne steifen Rragen
Freihalsig auf die Straße gehn!
wie schmückte uns das blanke, glatte
Halsband, acht Zentimeter breit,
Nun geht's dahin, und die Rrawattc,
G Jammer, wird ein Kaub der Zeit!
Nichts läßt vom Rlannesschmuck sich retten.
Uch, wie gewöhnlich und profan,
wenn abgelegt dn die Manschetten,
Oie lieblich aus den Ürmeln sahn.
Sie konnten wohl ein Weib betören,
Und wenn du es zum Trunk geführt,
vann andern Tages auf den Röhren
Fandst du die Rechnung ausnotiert.
Fürwahr, mich packt ein leises Grauen,
wenn ich mich - denken Sie doch mal! -
Soll als Prolet im Spiegel schauen;
Man sinkt ja förmlich sozial!
was weise Geister nie ergründet,
Hier aus dem Handgelenk geschieht:
Tins zwei! Mit den Manschetten schwindet
Oer letzte Standesunterschied!
Und Zittern fährt mir in die Knochen
vor diesem Zustand, uns so fremd,
Ich fühle schwach nnch und zerbrochen
Im Halstuch und im weichen Hemd.
Uch, mit der plätt'rin steifem Werke
Stürzt hin, was stolz ist und honett;
Venn manchem sitzt die ganze Stärke
Im Kragen nur und Themisett. Pa».
Lieber Jacob!
Also Salandra'n haben de Jtaljener for ent-
behrlich erachtet un mit de herzlichsten Sejens-
winsche von sich jejeben. Aber ’n scheenen
Abjang hat er sich zum Schluß von bet rö-
mische Parlament doch noch jeleistet, indem
det er de italjenische Heeresleitung mechtig in
de Parade fuhr. „Ick habe meine Flicht je-
tan!" sagte er, „indem det ick dem Krieg an-
jezettelt habe! Dem Krieg zu jewinnen is aber
Sache der Jeneräle, un wenn se det nich zu-
weje bringen, denn kann ick nischt for! Ick
wasche meine Vorderflossen in Unschuld un
mache mir dinne!" Det sagte er allens uff
Jtaljenisch un dabei hat er sein Portefölje
eenmal hinjeschmisfen un wieder uffjenommen,
un wieder hinjeschmisfen un wieder uffjenom-
men, un zum dritten Mal hinjeschmisfen un
nich mehr uffjenommen. Un denn hat er mit
de Faust uff'n Tisch jeschlagen un is janz
schnell ivegjeloofen. Det is nämlich det ital-
jenische Temperament, verstehste! Unser Theo-
bald macht sowat immer janz anders: der
bewahrt stets det neetije philosophische Schmalz
un läßt de Noblesse oblischee niemals nich ver-
missen, selbst wenn er in de Notwehr jeneetigt
is, de lausigsten Auonymiker uff ihre schmie-
rijen Finger zu hauen.
Mit Salandra'n is ovch sein Intimus Barzilai
aus det italjenische Ministerium entschwunden.
Un den Mann kann ick det wahrhaftig nich
verdenken, wenn er kalte Fieße kriegte. Er war
nämlich „Jeneralkommissär for de unerlösten
Provinzen", un det war schon von Anbejinn
an 'n sehr schwierijes Amt, indem det die
betreffenden Unerlösten sich ihre Erlösung uff
det hartnäckigste widersetzten un nich det je-
ringste Verständnis for die Wohltaten bezeijen
taten, die ihnen de Jtaljener zujedacht hatten.
Un nu erlöse mal jefälligst eenen, der sich
partuh nich erlösen lassen will! Aber det wäre
schließlich allens noch jejangen, wenn sich Bar-
zilai'n seine amtliche Wirksamkeit in de letzte
Zeit nich so kolossal verjrößert hätte. Erst hatte
er doch man bloß die Provinze» zu erlösen,
die de Jtaljener de Österreicher jerne abknöppen
wollten, un nu kriegte er uff eenmal ooch
noch alle die dazu, die de Österreicher de Jtal-
jener soebent frisch abjeknöppt haben! Un da
dieser Amtsbezirk sich von Tage zu Tage immer
iveiter ausdehnte, is de Arbeitslast Barzilai'n
wahrscheinlich ieber'n Kopp jewachsen un er
dankte erjebenst for Siedobst un zog sich mit
seinen Freind Salandra jrollend in det un-
bewußte Privatleben zurick. Möjen se beide
sanft ruhen, — aber in alle Ewigkeit! Amen.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
(^eldpostbeftellungen + +
1J aus den Wahren Jacob
werden gegen Einsendung von 10 Pfennig pro
Nummer, oder 65 Pfennig pro Vierteljahr,
jederzeit angenommen und pünktlich ausge-
führt durch die
Expedition des Wahren Jacob, Stuttgart.
Um genaue und deutliche Angabe
der Feldpostadresfcn wird gcbcicn.
»iedaliionsschlnfi 26. Juni 1910.