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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0174
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9047

Die Ktiallngarre.

Eine pcitilidbe Überraschung für Prälidcnt Wilson.

„Nanu/ hm, hm, das scheint doch ein
Gefährlich schliimnes Kraut zu sein —

Sir liobelfpäne. r®

Die Rechenkünstler rechnen
Und stellen fest mit Graus,

Was dieser Krieg kann kosten,

Bis er mal endlich aus.

Wer soll das alles zahlen?

Der Bierphilister brüllt;

Die Angst vor neuen Steuern,

Die macht ihn manchmal wild.

Getrost! Die Weltgeschichte
Wird stets ein Rauchfang sein,

Drin stehen viele Schulden,

Die alten und die neu'n.

Im englischen Ministerium kriselt es wieder bedenklich. Da werden
die Herren, uin Aussehen zu vermeiden, bald die nötigen — In-
dispositionen treffen inüssen.

Recht traurig, spricht Bierhuber, Doch trauriger und schliimner
Ist es und macht ilnS bang, Deucht es dem Braven schier,
Daß diese Russenschlachten Daß abends um halb sieben

Dauern umheimlich lang. Erst ansteckt man das Bier.

Bntocki soll einen» Gerücht zufolge deinnüchst in den - Para-
graphenstand erhoben werden.

Mit Offensiven, wilden und strengen,

Will die Entente ganz Deutschland begraben —

Doch gilt hier wie stets noch das Wort: sie hängen
Auch heut keinen Feind, bevor sie ihn haben. . . .

Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

Ein Dialog im Jenseits.

Von Lans Flux.

Störtebecker (zu Nelson): Ah, schönen guten
Tag, Herr Kollege!

Nelson: Lassen Sie mich!

Störtebecker: Aber warum denn nur?

Nelson: Wie können Sie sich herausnehmen,
mich „Kollege" zu titulieren?

Störtebecker: Dazu bin ich durchaus be-
rechtigt.

Nelson (zornig): Wieso?

Störtebecker: Ich habe Flotten befehligt
und Seeschlachten gewonnen, ivie Sie auch.

Nelson: Mag sein. Aber Sie ivaren zu-
gleich eilp Seeräuber und sind von einem
ehrbaren und weisen Senat der guten Stadt
Hamburg darum zum Tode verurteilt und
schimpflich durch Henkershand vom Leben zum
Tode gebracht ivorden.

Störtebecker: Aber Sie haben doch auch
Kopenhagen geplündert . . .

Nelson: Weil es mir von meiner Regie-
rung befohlen war!

Störtebecker: Hatte diese ein Recht dazu?

Nelson: Jawohl, denn sie war die herr-
schende Seemacht.,

Störtebecker: Also hatte sie das Recht,
iveil sie die Macht hatte. Solange ich in den
nordische» Geivässern eine Macht war, hatte
ich auch das Recht. . .

Nelson: Sie sind als Seeräuber bestraft!

Störtebecker: Wenn Napoleon Sie in seine
Gewalt bekommen hätte, wären Sie von ihm
auch als Seeräuber bestraft ivorden.

Nelson: Das wäre gegen das Völkerrecht
gewesen.

Störtebecker: Wenn Napoleon dazu die
Macht hatte, so hatte er nach dem von Ihnen
aufgestellten Grundsatz auch das Recht dazu.
Aber ich werde Sie doch nicht mehr „Kollege"
nennen. . .

Nelson: Das ist schön von Ihnen.

Störtebecker: . . . denn ich habe ja nur
in der Nord- und Ostsee Seeräuberei ge-
trieben . . .

Nelson: In der Tat!

Störtebecker: ... aber die englischen See-
räuber haben schon seit Jahrhunderten die
Welt ausgeplündert, und zurzeit plündern sie
wieder auf allen Meeren. So weit habe ich es
allerdings nicht gebracht. Ich habe also nicht
das Recht, Sie „Kollege" zu nennen. Emp-
fehle mich!

Lieber Jacob!

Also n>l is ja der Kriegslanz jlicklich an alle
Fronten im Zange, un de Ententebrieder können
de Welt zeijen, wat se können, respektive oder
auch das Jejenteil. Eener entlastet immer dein
andern, un jeder will nischt weiter, als ivie
for det alljemeene Wohl Opfer bringen, un
se wissen schon janich inehr, wo se mit alle
ihre Vorschußlorbeeren hin sollen. De stärksten
Erfolje aber Haben jleich am Anfang doch de
Jtaljener jehabt, die sich um so mehr ieber ihre
Sieje freiten, weil et for ihnen janz wat Un-
jewohntes war. Et muß »voll ooch een erhe-
bender Momang jewesen sind, wie Cadorna
mang de Etsch un de Brenta seine todes-
mutijen Heldenscharen jejen de feindliche»
Schitzenjräben anricken ließ, aus die sich de
Österreicher aber schon am Tag vorher heiui-
lich zurickjezogen hatten. Un wie nu ee» ital-

jenisches Trommelfeier losjing, det zwee Dage
un drei Nächte ununterbrochen uff de leeren
Jräben runnerbullerte, un ivie denn nach diese
jrindliche un vorsichtije Vorbereitung schließ-
lich der Sturmanjriff jejen dein abwesenden
Feind riskiert wurde, der sich zu eene der jlän-
zendsten Waffentaten der italienischen Arinee
un zu de jreeßte Heiterkeit der Weltjeschichte
auswuchs! Wat kommt et da uff die paar
Dausend schwere Jeschosse an, die jratis un
franko in de verlassenen österreichischen Jräben
rinjefeffert wurden? So 'ne kleene Nebenaus-
jabe spielt doch jar keene Rolle jejenieber den
unsterblichen Ruhm, dem sich de Jtaljener er-
obert haben. Ja, wenn man jejen eenen Feind
kämpfen tut, der oogenblicklich jerade zufällig
»ich da is, denn is man feine raus! Aber um
diese erstklassije stratejischeLageherbeizufiehren,
dazu is ooch een richtijes Feldherrnschenie not-
ivendig, un jeden jlickt det »ich, verstehste!

Aber ooch de Franzosen stehlen sich in ihre
Art beseeligt, un se haben in eenen pletzlich
uffwallenden Jlicksrausch beschlossen, de janze
Front von de Schweiz bis Beljien zu een een-
zijes „Siejesbuleward" auszubauen, det noch
bis in de spätesten Jahrdausende de erstaunte
Welt von de Heldentaten der Entente erzählen
soll. Villeicht warten se aber mit den Bau-
ufftrag noch 'ne janz kleene Weile, denn bei
die heftijen kriejerischen Unvorherjesehenheiten
kann de Front am Ende doch noch quer durch
Paris jehn, un denn können se jleich eens von
de dortijen Bulewards zu dein Trtumphbaii
benutzen un sparen '»e Menge Kosten.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

RkdalttonSIchiutz io. Zu« 1910.
 
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