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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0194
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Casements Ende.

Die Rache Englands.

NodeWane.

An jedem Tag — das; Gott erbarm! —
Schlügt so ein Wurstblatt seinen Alarm.

I» dicken Lettern weiß es zu reden
Von unmittelbar uns bedrohenden Fehden.

Bald ist's im Staate Dänemark faul.

Bald steigt Mijnheer auf den Kriegesgaul,
Bald ist bestimnit Amerika dran.

Bald Afghanistan und Beludschistan.

Heut rüstet Rumänien 'ganz bestimmt,
lind morgen gar ist Hellas ergrimmt —
Man siegt mit solche;; fetten Enten
Schneidig über die Konkurrenten.

Denn ftiinmt's auch nicht, so ist doch klar:

Das allbeliebte Wurstblatt war
Mal wieder voran in der Fixigkeit.

Wenn auch nicht grad in der Richtigkeit. . . .

Französische Berichte führen Beschwerde darüber, daß die Deutschen
tränenerregende Geschosse verwenden. Ja. sind et;va nicht alle Geschosse,
die von Menschen gegen Menschen gerichtet werden, tränenerregend?

Es hieß einst: „Jeden; ein Ei, dem braven Schweppermann aber
zwei" Heute könnte der Schweppermann noch so brav sein, — die
Eierkarte ;vürde seine Bevorzugung schon verhindern.

Landkarten, Ansichtskarten, Butter- und Flcischlarlen haben mitein-
ander gemeinsain, das; inan sich an ihnen nicht satt sehen kann.

Die größten Siege der Neuzeit werden in den Zeitungen und im
Wirtshaus erfochten. c^r getveuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

Das goldene Kalb.

Von A. Titus.

Als Moses vom Berg der Verheißung kam.
Da schien er erstarrtvor Schreck und vor Scham:
Da sah er sein Volk so gierig und wild
Ilmlanzen ein mächtiges Götzenbild.

Ein goldenes Kalb auf dem Sockel stand.

Hoch ragte es weithin über das Land,

Und alle, sie schrien zu ihm empor
Als wie ein einziger Fubclchor.

Der Hohepriester, ganz infiammierl.

Des Volkes Reigen hat angeführt,

Das damals dem großen Götzen von Gold
Inbrünstig seine Verehrung gezollt.

In heiligem Zorn der Prophet erglüht.

Als er dos Götzenbild glänzen sieht,

Er schlägt es in Trüininer und streut sie umher,
Das tanzende Volk, es erschrickt gar sehr.

Und wie es stumm rings im Kreise steht.
Spricht seinen grimmigen Fluch der Prophet,
Daß fürder auf alle und jegliche Zeit
Das Götzenbild sei dcrVernichtung geweiht.—

Jedoch aus den Trümmern wuchs neu es empor
Und brachte daS Unheil gleich wie zuvor,

Die Menschheit wurde noch immer stricht frei
Von dieses Götzenbilds Tyrannei.

Zu dieser Zeit in der ganzen Welt
Hat riesengroß inan es ausgestellt.

So übermächtig wie nie zuvor.

Umtobt von der Geldsäckreiter Chor.

O arme Menschheit, so kämpfest du
Und blutest vergeblich immerzu.

Wenn nicht ein neuer Prophet sich regt
Und den goldenen Götzen auf immer zerschlägt.

Der Papiermangel

hat neuerdings schlimme Formen angenoinnien.
Nicht nur, daß unsere Kriegslyriker ihre Pro-
duktion einschränken und auch die wertvollen
Artikel des Grafen Revenllow gekürzt werden
müssen, können sich nur noch Millionäre das
Tragen von Papierkragen leisten, und die
Straßenbahnfahrscheine diene» bereits als Ein-
wickelpapier für Würste! Aber das ;nacht
alles nichts, wenn uns nur genügend Papier
übrig bleibt, u;n den Friedensschluß darauf
zu schreiben! ___

Wer ist neutral?

Wenn einem Deutschland ist fatal
Und jede Rücksicht drauf egal;

Wer einstimmt in den Wut-Choral,

Daß man uns morde radikal;

Wer gegen Deutschland hübsch brutal.
Sanft vor den Herren an; Kanal,

Wer uns ein Bein stellt allemal —

Der ist neutral, der ist neutral!

Lieber Jacob!

Wenn det Sprichwort seine Nichtigkeit hat,
det de dimmsten Bauern de dicksten Kartoffeln
bauen, denn muß woll de deitsche Landwirt-
schaft au eenen kolossalen Jberflus; von Jn-
tellijenz leiden. Uff eene wenijer schineichel-
hafteWeise derf ick inir dem nazjonalen Mangel
an det nahrhaftije Knollenjewächs »ich er-
klären, denn wir leben ja in det joldene Zeit-
alter des Burgfriedens, wo keen Stand den
anderen uff de Hiehneroogen trampeln soll,
;veil det de Schlagfähigkcit der deitsche;; Arinee
unterjraben tut. Un ick bin ooch uiit opfer-
sreidijen Stolz bereit, ;»ir den Leibriemen noch

zivee Loch enger zu ziehen, wenn det sor de
Verteidijnng der deitschen Jrenzen sollte neetig
sind. Aber wat den eenen recht is, is den
andern ooch zu jönncn, un ;vat dem Menschen
verboten wird, det sollen sich de Damhirsche
des Prinzen Friedrich Leopold ooch nich leisten
derfen. Dahinjcjen aber lese ick i» de Zeitung,
det diese jehörnten Anjehörije» eines bevor-
zugten Standes det Recht haben, in de benach-
barten Kartoffelfelder anszutreten un hier de
incuschliche Nahrung zu veraasen. Ick muß
jestehen, det mir det impulsiv befremdet hat.
Wen» ick mir eene Pellkartoffel leisten will,
denn verlangt der Staat von mir dem Be-
fähijnngsnachweis veriniltelst Kartosfelkarle,
un wenn de Damhirsche zu dämlich sind, uni
det einznsehen, denn ;nuß se det ebcnt durch
ihre vorjesetzle Dienststelle enerjisch klar je-
nnrcht werden! Sonst könnte et sich an; Ende
doch villeicht ereijnen, det de Volksseele zu
kochen anfängt, wat in eene Zeitepoche, wo
et in; iebrijen nich ville zu kochen jibt, zu sehr
unanjenehme Verwicklungen fiehren könnte.

Wenn ick Heere, wie zu»; Beispiel Beseler
in Warschau mit det dorlije Räuberunwesen
Schicht jeniacht hat, denn erjrcift nur een
unabweisbares Neidjefiehl jcjen die erober-
ten feindlichen Landssteile, un ick kann den;
sehnsichtijen Wunsch nich unterdricken, det
doch ooch bei uns eener ufftrelen inechte,
der det Ränbernnwesei; in de Lebensmittel-
branche von eenen eisernen Beseler ausfejen
läßt — ejal, ob et sich un; vierbeenije Da»;-
hirsche oder um zweebeenije Vertreter des nazjo-
nalen Nährstandes handeln tut!

Woinil ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke.

an ’;; Jörlitzer Bahnhof jleich links.

NedallionSschlusr 7. August lUK.
 
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