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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0240
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9113

Der Bückling.

Dem schlichten Mann im Arbeitskittel

Gilt als begehrtes Nahrungsmittel

Der Bückling heut'; auch hohe Herrn

Lehn ebenfalls den Bückling gern.

Doch ist er da kein Räucherfisch,

Tritt ungeräuchert an zu Tisch.

Buch dient in solchen hohen Kreisen

Der Bückling keineswegs zum Speisen-

Schon mancher hat sein Glück gemacht,

Der ihn „ersterbend" dargebracht.

Ulsred Scholtz.

Der gerechte Fleischermeister.

Eine wahre Geschichte aus einer Stadt
Mitteldeutschlands.

Heitere Laune hatte der Fleischermeister
Neumann nicht mit aus dem Bett gebracht,
das hatte seine gewichtige Gattin schon beim
Kaffee bemerkt. Jetzt saß er mit der Morgen-
zeitung am Fenster, ab und zu einen Blick
auf die Straße werfend. Sie beobachtete ihn
verstohlen und es wurde ihr bänglich, weil
er schon den dritten Kognak hinter die Binde
goß.

Es war aber auch gar nicht mehr schön.
Ja, vor dem Kriege, da war es ein anderes
Leben! Das Geschäft ging großartig. Lauter
bessere Kundschaft, höhere Beamte, Offiziere,
Kaufleute, überhaupt Leute, die Geld hatten
»nd sich etwas leisten konnten. Das Bestellte
wurde zurecht gemacht, die Lehrlinge sausten
damit in die Wohnungen und brachten die
Bestellung für den nächsten Tag gleich mit.
Kam dann der Erste des Monats, gab es
Geld und man hatte nicht viel Schererei. Die
minderwertigen Stücke wurden dann an die
weniger bemittelten Leute verkauft. Nebenbei
brachte ein kleiner Viehhandel noch etwas ein.
Wie gesagt, alles lag glatt, und er war gerade
im Begriff gewesen, sich den Titel „Rentier"
zuzulegen und das Geschäft nach altem Brauch
seinein Sohn zu übergeben, da kam der Krieg
und der Sohn muhte einrücken. Er war un-
längst auf Urlaub, sah auch ganz
gut aus. Er wurde hinter der Front
in seinem Beruf beschäftigt, bloß
das eiserne — na, das konnte noch
werden. Da hatte also Herr Neu-
mann wieder einspringen müssen.

In seinem Gedankengang störte
ihn die Anrede seiner Frau: „Theo-
dor, es ist Zeit!"

Richtig, heute hatte er ja ein
Schwein zur Verteilung überwiesen
bekommen. Na, das konnte wieder
eine schöne Drängelei werden mit
den Arbeiterfrauen und Kindern,
die ein halbes oder gar ein Viertel-
pfündchen wollten. Da konnte man
sich wieder schön abrackern. Er ries
die Tochter und das Dienstmädchen
und gab die Weisung, die Ladentür
zu öffnen.

Himmel, welch ein Gedränge! M
Der Laden konnte die Leute gar
nicht fassen, die wohl schon seit ein
paar Stunden draußen sich ange-
sammelt hatten. Wie versessen diese --
Leute auf Fleisch ivare»!

Er stand nun mit seinen beiden Gehilfinnen
hinter dem Ladentisch und es sollte gerade
losgehen, als noch jemand in die Tür trat.
Unwillig dreht er sich um und erschrak. Donner-
wetter, die Frau Rätin in eigener Person!
Beinahe hätte er „Nicht euch!" gerufen, aber
er begnügte sich damit, weit über den Laden-
tisch zu langen und einige Kinder beiseite zu
schieben, welche nun die feine Dame anstarrten.
Fatal, daß gerade lauter Arbeiterfrauen im
Laden stehen mußten. Dann ging es los:
„Guten Morgen, gnädige Frau! Guten Mor-
gen! Was wünschen gnädige Frau so früh?"

„Ach, Herr Neumann," erwiderte diese, ich
las, daß Sie heute Schweinefleisch haben, und
ich brauche gerade so ein Bratenstück. Sie
wissen schon, ein paar Pfund-"

„Aber gewiß, ganz gewiß, gnädige Frau,
wird sofort besorgt!"

„Ja, aber lieber Herr Neumann, ich habe
augenblicklich keine Fleischmarken mehr!"

„Hat nichts zu sagen, gnädige Frau, wir
wollen unser Fleisch doch auch los sein!"

„Nun, ich verlasse mich darauf, Herr Neu-
mann. Guten Morgen!"

„Das können gnädige Frau ganz bestimmt.
Guten Morgen, gnädige Frau!"

Eiu Wink zum Dienstmädchen und dieses
sprang durch die wartende Menge an die
Tür, um diese hinter der Gnädigen wieder zu
schließen.

Einige Augenblicke sah Herr Neumann ihr
sinnend nach, dann wandte er sich an seine bei-
den Gehilfinnen mit dem Kommando: „Also
zuerst die Fleischmarken abnehmen und das
Geld und dann erst das Fleisch abgeben!"

Nach diesem verschwand er in die anstoßende
Wohnung, um einen Kognak zu trinken und
das Bestellte zurecht zu machen. 8ftE.

Kathederblüte.

„Ein Hohenzollernwort ist heilig! Schicktze,
grinsen Sie nicht so, an Rumänien habe ich
dabei nicht gedacht."

So im Borübergehen...

Der letzte Krieg.

Im tüest und im Ost und im Süd tobt der Kampf,
Die Erde sich hüllet in Jeuer lind Dampf,

Der Donner kracht und sein kcho erdröhnt.

Die alte Erde erzittert und stöhnt.

Und Masse», wie nie sie die IDelt geseh’n,

Im Streite widereinander steh’n,

Standhalten heisst's da, voll Codesmut
In Strömen von eignem und fremdem Blut.

Die Schlachten, sie toben rings umher
Unübersehbar zu Land und Meer
hoch in den Lütten heischt Opfer der Cod,

Uom Meeresgrund schleudert herauf ihn das Boot.

Und unsere tapferen jung und alt
Steh’n fest in des UJeltensturmes Gewalt;

Sie schirmen die Lieben daheim und das Land
Mit scharfem flug' und mit fester Hand,

Dass raubend und mordend nicht bricht herein

Der Heger ans Afrikas UJUstenein

Und nicht der Kosak und nicht der Bascbkir,

Die sendet der blutige Zar herfür.

Um Sein oder Dichtsein gebt dort der Streit,

Uns brennt’s in der Seele wie Hammen beut,

Dass draussett den Unser» werde der Sieg
Und dass dies bleibe der letzte Krieg. Jt.c.

6s6s

Ergänzte Sprichwörter.

Von P.R.

Biele Köche verderben den Brei, — das
Publikum muß ihn auslöffeln.

Wer sät, der wird auch ernten, — die nicht
gesät haben, ernte» meistens noch reichlicher.

Wer arbeitet, der soll auch essen, — wer
nicht arbeitet, ißt meistens besser.

Die Wahrheit vertragen nicht viele, — am
allerwenigsten die Völker, sagen die Diplomaten.

Wie man in den Wald hineinruft, so schallt
es heraus, — das Echo ist aber meistens gröber.
Ehrlichkeit währt am längsten, — bringt aber
nichts ein, sagen die Lebensmittel-
ivucherer.

Lügen haben kurze Beine. —
Früher! Heute umspannen sie den
Ozean!

Rom ist nicht an einem Tage er-
baut worden, — aber ein Tag kann
es einreißen.

6s 6s

Eine englische Note.

Wie Reuters Bureau meldet, hat
die Admiralität dem Ministerpräsi-
denten Asquith folgende Erklärung
zur Weitergabe an die verbündeten
und neutralen Mächte übermittelt:
Da das englische Seerecht ' eine
Handelsschifffahrt unter Wasser
nicht kennt,’ werden die „Deutsch-
land", „Bremen" und ivas noch
folgen mag von Großbritannien
nicht anerkannt. Für England gibt
es somit keine deutschen Handels-
U-Boote.

Deutschland sei stark, um es zu
ertragen l

Es ist gut, dast uns der Krieg darin eines Besseren belehrt hat, —
wir haben alle zu viel gegessen!«
 
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