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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 33.1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.6705#0246
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— 0119

Ein Ereignis.

m ftobelfpäne. r®

Des reichen Butterhäudlers Sohn,

Der har ein schönes Leben,

Denn was er immer dazu braucht,

Tul ihm der Alle geben.

Er säet nicht, er erntet nicht,

Er sammelt nicht in Scheuern,

Nur daß dem Alten manchmal hilft
Die Waren er verteuern.

Der junge Mann ist kerngesund,

Er wiegt schon Pfund zweihundert.

Und daß er unabkömmlich ist,

Drob niemand wohl sich wundert.

Als Heinrich Heine dichtete: „Es gibt hienieden Brot genug für
alle Menschenkinder — und Zuckererbsen nicht minder", da hatte er
offenbar keine Ahnung von der Einrichtung der Brotkarte, noch wußte
er, daß die Erbsen für den Heeresbedarf beschlagnahmt sind.

O Welt, wie wunderbar gewandelt ist dein Sinn:

Den Vielen Not, den Wen'gen Kriegsgewinn!

Eine Reuterdepesche: Die letzte große Kriegsanleihe der Deutschen,
deren Erfolg ausposaunt wurde, ist nur dadurch zustande gekoinmen,
daß Männer, Frauen, Greise und sogar Kinder zwangsweise zeichnen
mußten. Wir besitzen bestimmte Nachrichten, daß in allen Schulen
besondere Zeichnenstunden angesetzt waren.

Sanft spricht Sir Grey, der Mann von drüben —

Es kann das Lamm das kleinste Wässerlein nicht trüben.

Ihr getreuer Säge, Schreiuer und Landstürmer.

Th. Ztauning.

Der erste sozialdemokratische Minister in Dänemark.

Der den Teilnehmern am Internationalen Sozialisten-
kongreß von Kopenhagen im Jahre 1910 wohlbekannte
Genosse Ztauning ist erst 42 Ja: re alt. Lr ist von Beruf
Zigarrensortierer und war schon mit 23 Jahren Vorsitzender
seiner Berufsorganisation und mit 25 Jahren Hauplkassierer
der sozialdemokratischen Partei. Ms m Jahre 1910 Peter
Knudsen Bürgermeister von Kopenhagen wurde, wählte die
Partei an seiner Stelle Stauning zu ihrcni ersten Vorsitzen-
den. Im Jahre 1906 wurde er in das Jolkething gewählt,
wo er die Fraktion seit 1910 als deren Vorsitzender leitet.
Sein nunmehriger Eintritt ins Minist rium ist die Wirkung
des in Dänemark herrschenden konstitutionellen Regierungs-
spstems und wuroe von einem besonders zu diesem Zweck
einberufenen dänischen Parteikongreß, der achtundvierzig
Stunden nach erfolgter Einberufung zusammentrat, mit 293
gegen 32 Stimmen gutgeheißen.

Sprachreinigung.

Der Berliner Polizeipräsident ist eifrig auf
der Jagd nach fremdsprachlichen Firmenschil-
dern. Kam da neulich ein Schutzmann in ein
Restaurant: „Sind Sie der Restaurateur?"

„Jawohl."

„Sie sollen malauf'sPolizeibureau kommen."

„Was soll ich da?"

„Ihr Schild muß geändert werden. Restau-
rant ist französisch, es muß heißen Kneipe oder
Vierhaus."

„Das fällt mir gar nicht ein."

„Dann müssen Sie mit auf's Polizeibureau."

„Sie meinen wohl Schutzmannsstube?"

„Bei uns heißt das Polizeibureau."

„Und bei mir Restaurant. Übrigens lassen Sie
mich zufrieden, sonst muß ich Sie exmittieren."

„Was heißt das?"

„Sehn Se, das möchte ich Ihnen auf Deutsch
nicht sagen." R.

Lieber Jacob!

Je länger bet diese jroße Zeit dauert, desto
mehr jetzt allens druuler un drieber un desto
doller wird de janze Welt ufs'n Kopp jestellt.
De festesten Bejriffe fangen an unwahrscheinlich
zu werden. An de englische Weltherrschaft zur
See war bis jetz nich zu tippen, un keen wohl-
wollender Neitraler hat daran jezweifelt, bet
vermittels diese menschenfreindliche Einrich-
tung de englischen Küsten jejen alle Anjriffe
jeschitzt seien un Deitschland von jede Ver-
bindung mit de ieberseeische Außemvelt ab-
jeschnilten werden könne. Un nu missen de
Engländer et erleben, bet trotz alledem een
jerejelter un unschenierter Unterwasserverkehr
zwischen Deitschland un Amerika von Tage

zu Dage mehr um sich freist. Et wird nich
mehr lange dauern, denn können wir von
Berlin bis New Jork direkt unterirdisch durch-
mache», ohne dct een Engländer wat von
merken tut. Ick setze mir eenfach Potsdamer
Platz in de Unterjrund, fahre bis zum Spree-
tunnel, steife dort in bet Unlerbool un tauche
erst mang de Wolkenkratzer wieder hoch. Un
wat de jarantierte Sicherheet der englischen
Küsten anbetrefft, da is ja schon lange allens
jelogen. Keene Woche ohne Zeppelinvisite. Da
hilft de schärfste englische Paßkontrolle nischt,
de Leite schlängeln sich uff de pollezeiwidrigste
Weise mitten mang de Fixsterne durch, un uff
eenmal sind se da un kleckern Bomben. Eng-
land herrscht noch immer „uff de Wogen",
man bloß mit de Herrschaft ieber un unter
de Wogen is et Essig! Keen Schenllemann
stehlt sich mehr sicher im eijenen Hause, un
alle reißen sich nach de Kellerwohnungen, die
jetz de heechslen Mieten in London bringen
un bloß noch von millionenfache Lords er-
schwungen werden können. Sojar ivnt Seine
Majestät der Keenig Jeorje is, hat sich bei'»
letzten Zeppelinbesuch in eenen Keller zu ver-
stechen jeruht, wat wieder een vollständijer
Umsturz aller heiligsten Jieler bedeiten tut.
Denn bis jetz standen de Throne hoch ieber
de Menschheit, un de Untertanen wurden von
oben herab rejiert. Heite aber muß der Thron
schon in'n Keller uffjestellt werden, un det Volk
wird von unten ruff rejiert! Et kann iebrijens
sind, det det de lliejere Methode is — un
damit hätte denn de jroße Zeit wenigstens
eene jute Seite jehabt!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,

an ’n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Nkdalttonsschlub 1«. Oltober l'Jie,
 
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