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Bundesbrüder.
„Wir gratulieren, Herr Vetter, zu Ihrem großen Erfolg. Unsere Bundes-
genossenschaft bleibt hoffentlich doch die alte?"
„Wenden Sie sich an unfern Arbeiterrat, meine Herren, der wird Ihnen
die Antwort auf Ihre Frage geben."
NovelMne. -lT
Wenn sonst die Klage ging ums Geld,
Da meinte man die „blauen Lappen",
Vielleicht die Zwanzigmärker auch,
Die dringend nötig zum Berappen.
Jetzt hapert's mit den Nickeln schon
Und mit den roten Kupferlingen,
Sogar der eiserne „Ersatz"
Ist oft nur mühsam aufzubringen.
Hält's irgendwer im Strumpf versteckt,
Statt daß er kaufte Kriegsanleihe?
Hat sich's verflüchtigt ivie ein Dieb
Beim Nahn der hohen Polizeie?
Verloren war' das Vaterland
Mil Mann und Maus, mit Stiel und Stumpen,
Gäb's nicht die eine Möglichkeit:
Auf's Geld zu pfeifen und zu — pumpen!
Der Ring der Feinde hat sich geschlossen; jetzt fehlt nur ein An-
grisf der Feuerlnnder als Edelstein darin.
Die Weltgeschichte wird schreiben: Zu Anfang der russischen Re-
volution brach der Liberalismus aus, wurde aber bald wieder ein-
gefangen.
Gar mancher hat beim Ausbruch des Krieges gelobt, er werde
Gut und Blut für das Vaterland geben, und nimmt es jetzt vom
Vaterland.
Den Kirchen sind die Glocken beschlagnahmt; wie soll man jetzt
den Frieden einläuten?
Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.
K-Bier.
Ein alter Bierbrauer lag im Sterben,
Er sprach zu seinen Söhnen und Erben:
„Tretet um mein Lager heijum
And hört des Bieres Mysterium!
„Man hat das Bier einst mit Bedacht
Aus Gerste, Malz und Lopfen gemacht —
Dazu das notwendigste Wasser,
Das war eine Zeit für Prasser.
„Dann aber in der Kriegeszeit,
Wo man gescheiter als gescheit.
Floß ohne Malz der Tropfen
And ohne Gerste und Äopfen.
„Der Farbstoff blieb und das Wasser auch.
Schier zum Aquarium ward der Bauch.
Man streckte aus die Weise
Das Bier und auch die — Preise.
„Ihr Söhne, bleibt auch ihr dabei.
Daß euer Tun gesegnet sei.
Jedoch," so schloß er mit Lache»,
„Ihr selbst trinkt andere Sachen..."
Vorschlag zur Güte.
Kunde: Was kostet denn dieser Bismarck-
Hering?
Verkäuferin: Achtzig Pfennig.
Kunde: Na, da will ich Ihnen einen guten
Rat geben: Streichen Sie das „Bis" weg
und verkaufen Sie ihn einfach als „Mark-
hering", dann verdienen Sie noch mehr!
Lieber Jacob!
Kannste mir nich sagen, wat de Uhr is?
Det is nämlich jetz hier in Berlin nich fest-
zustellen, indem det sämtliche Normaluhren
vermittels de Kohlennot injesroreu waren un
bis heile scheinbarerweise nich uff jetaut wer-
den konnten. Letzten Sonntag sehe ick durch
de Skalitzer un sehe in een Uhrmacherfenster
'n Riesenzifferblatt, det zuverlässig uff halb
«eine zeigt. Et war 'n richtijer diesjähriger
Friehlingstag, nebelig un stockduster, un ick
war in een Dilemma, ob diese normale Tages-
zeit morjens oder abends bedeiten solle, un
ob ick de Flicht hätte, zu friehsticken oder mir
in de Klappe zu schmeißen. Deshalb friehstickte
ick erst un legte mir nachher in de Klappe.
Aber et muß doch woll Morjenzeit jewesen
sind, denn nach zwee Stunden wachte ick uff,
un et war noch immer Dag. Ick bejab mir
wieder an de Normaluhr un konstantierte, det
se immer noch konstant uff halb »eine zeigte.
Denn besuchte ick meinen Freind Edeward,
un ivie ick spät abends zu Hause machte, fand
ick de Normaluhr trotz de Kohlennot hell er-
leichtet un konnte schon von weitem sehen,
det se unbeirrt bei halb neine jeblieben war.
Ick werde jetz in mein Bezirksviertel 'ne naz-
jonale Sammlung veranstalten, de Normaluhr
ankoofen un se det Herrenhaus schenken, wo
se jedenfalls simpathisch beriehren wird, indem
det de Zeit da ooch nich vorricken derf.
Nu wirste mir fragen, woso ick nich nach
meine ei jene Uhre kieken tue. Aber diese Sache
hat nämlich ihren janz naturjemäßen Haken.
Allerdings besitze ick 'ne jarantierte joldene
Taschenuhr, die mir 'ne ehemalije bejieterte -
Tante zu meine damalije Einsegnung jeschonken
jehabt hat. Se jeht aber schon seil fimsunzwanzig
Jahren nich mehr, un ick wollte ihr neilich in
de vaterländesche Joldsammelstelle abliefern,
aber man lehnte mir ab, indem det det Jold
sich als irrtiemlich erwies un de Jedenkblätter
„Tombak jab ick sor Eisen" noch nich fertig»
jedruckt waren. Außerdem haben wir zu Hause
'ne janze uralte Standuhr, die von meine
Schwiejermutter ihren anjcheirateten Slief-
urjroßonkel herstammt un bloß zwee natierliche
Vorderbeene besitzt, während de Hinterbeene
eene jeheiligte Familientradition zusolje durch
zwee Stick Jlsebriketts ersetzt waren, die ihr
dem richlijen Halt verleihten. Während de
oojenblickliche Kohlennot hat aber meine Olle
de beeden Briketts eenes Tages heimlich weg-
eskimotiert un in Ofen jestochen, un det hat
de olle Uhr iebel jenommen, indem det se sich
nich sor verflichtet hielt, uff de Vorderbeene
alleene zu jehen, un keen sreindliches Zureden
un keene Jewaltmnßrejeln der tatkräftigsten
Uhrmacher konnten ihr bis jetz von ihren
charaktervollen Stillstand abbringen. So hat
mir de Kohlennot ooch diese letzte chronolojische
Zuversicht jeraubt, un ick schwebe ejal in zeit-
lose Unjewißheet. Also wenn Du mal zufällig
erfahren solltest, wat de Uhr is, denn schreibe
mir doch jleich 'ne Postkarte un sage et mir!
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an i> Jörlitzer Bahnhof jleich links.
;Ke?atUpns 1 d;:ufs ■->. Bprll