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. 9294

Wenn zwei dasselbe tun.

Da habt ihr's! Dieser Scheidemann
Sprach das verpönte Wort.

Rha, aha! Nun drauf und dran:
verrat, Gefahr und Mord!

Zieht brausend die Register:

Nier, Deutschland, sieh: so ist er!

Welch Kerl - kein Nund nimmt von ihm Brot
Der - pfui! - mit solchen Sachen droht!

Wild rauschte es im Blätterwald
von klapperndem Gebein:

Mit solchen Leuten, Theobald,
he, ließest du dich ein?!

Rha, aha! Nun packen
Wir kräftig dich im Nacken,-
Allmählich merkt doch jedes Kind,
Daß wir die Staatserhalter find.

Wie? himmelhagelahnengeift!

Was soll zum Teufel das?

Wer schlägt uns aus den Händen dreist
sJn diesem Spiel das fiß?

Wer spritzt dort aus dem Busche
Mit einer kalten Dusche:

Wir selbst, wir hätten auch schon mal - ?.
hm, kühl ist dieser „vorwärts "strahl.

7

Sehr kühl. Man ist beinah verschnupft
Und sagt nur mild und weich:

Dort ward gesprungen, hier gehupft -
sist das denn etwa gleich?

Wer droht, gewiß, der sündigt,

Doch wer es nur verkündigt
Privat, als Meinung seines Stands,
verdient den Dank des Vaterlands.

Und es ergibt sich, basta, schrumm:

Was einer offen tut,

Das ist gemein. Doch hinten >rum
Da ist es recht und gut.

Ein Schreibebrief, scharf würzen,

Darf Unbeliebte stürzen,-
Doch sagst du ehrlich, was da ist,

Zeigt's, daß du - pfui!!! - Prolete bist. Ter.

Stockholm.

Oer Blick der Menschheit richtet sich nach Norden,
Oie Sinne heben sich aus dumpfem Brüten -
Vb dort ein Ende wird dem grausen wüten,

Ein Ende all dem blut'gen Völkermorden?

wie oft schon ist Enttäuschung uns geworden,
wenn hell die ersten tzofsnungssterne glühten,
Und wieder Tod dann und verderben sprühten
Oie Lisengrüße haßerfüllter Horden.

ffl, daß sich einte, was so rauh geschieden,
vaß wieder fester schlössen sich die Hände
3um großen, schönen Menschheitsbruderbundei

Dann würde allen Völkern Glück und Frieden,
Und alles Leid und wehe hält' ein Ende,

Und ewig war gesegnet diese Stunde!

Lrnst Maar. -

Feldpostbriefe.

LXXIV.

Lieber Maxe! Das muß ja bei Euch in Berlin
schrecklich sein mit alle die Ersatzmittel, wo
man — wie Du Dir herzerweichend beklagst -
Pappe als Stiefelsohlenersatz und Stiefelsohlen
als Biefstickersatz vorgesetzt kriegt! Bloß von
wegen den Bouillonwürfelersatz, der Dir be-
sonders zu ärgern scheint, kann ich Dir nicht
beklagen. Solange es noch keine» Bouillon-
kopp-Ersatz gibt, kannst Du ganz ruhig sein,
lieber Maxe, denn solange wird man Dir für
unentbehrlich erachten! Außerdem darfst Du
Dir mit das Bewußtsein trösten, daß es auch
uns hier in diese Hinsicht nicht viel besser
geht. Das wichtigste kriegen wir ja allerdings
noch immer in echte Form: einen Schrapnell-
ersatz und eine» Läuseersatz hat die Kriegs-
industrie noch nicht zuwege gebracht, sondern
diese Artikel liefert man uns unverfälscht und
ungestreckt. Auf die anderweitigen Gebiete aber
stuckert es manchmal doch recht knollig, und
wenn es mal so kommt, dann kommt es, wie
alles ins dienstliche Soldatendasein, auch immer
gleich knüppeldick.

Letzten Sonnabend hatten wir einen sechs-
stündigen Eilmarsch bei brennende südländische

Hitze im Leibe, sonst aber nicht das geringste.
Wir wären für jedes Ersatznahrungsmittel herz-
lich dankbar gewesen, aber es stieß uns keines
auf, und wir mußten schließlich das ganze Mit-
tagessen durch stramme Haltung „ersetzen". In
die abendliche Dunkelheit kamen wir schwitzig,
müde und hungrig in ein von Gott und alle
Menschlichkeit verlassenes mazedonisches Dorf
und freuten uns wenigstens auf den Schlaf, de»
wir sehr nötig hatten und für den es, glaube
ich, auch in Berlin noch kein Ersatzmittel nicht
gibt. Hier bei uns aber kam es anders. Die er-
wartete Einladung, gefälligst Platz zu nehmen
und ganz so zu machen, als wenn man zu
Hause wäre, erfolgte nicht. Bielmehr kam der
Befehl: „Ohne Aufenthalt vorwärts und wei-
ter!" So wurde die Nachtruhe durch die For-
mierung einer Marschkolonne mit verringerten
Abständen „ersetzt". Das letztere nämlich von
wegen die totale Düsterkeit. Amtlich sollte zwar
Mondschein stattfinden, aber er fiel ans, weil
derselbe von einem dicken Platzregen verhüllt
war, wie er bloß in die hiesigen tropischen Ge-
lände Vorkommen kann. Wir genossen in Regen
und Dunkelheit einen zweistündigen Abend-
promenaden-„Ersatz", ehe wir plötzlich Fühlung
mit dem Feind bekamen und es mit einem Male
hell über uns wurde. Aber es war keine Frie-
densware nicht, kein richtiger Mondschein, son-
dern bloß Bollmo»d-„Ersatz", der uns in Ge-
stalt von feindliche Scheinwerfer in die Augen
blendete. Wir wußten jetzt zwar, daß wir uns
nicht vor die nächtliche Einsamkeit zu graulen
brauchten, weil eine größere Ententemasse uns
von drüben her Gesellschaft leistete. Aber leider
war eine genügende Aufklärung bei den schnel-
len Nachtmarsch nicht möglich gewesen, und so
wußten wir nicht, was für Truppen uns gegen-
überstanden. Wir sahen uns deshalb genötigt,
die mangelnde Kenntnis der feindlichen Stärke
durch angenehme Bermutungen zu „ersetzen".
Dieses Ersatzmittel hat aber seine schmerzlichen
Schattenseiten, weil die Vermutungen meistens
getäuscht zu werden pflegen. So ging es uns
aus diesmal. Denn wenn ein Gehöft oder Ge-
büsch geslürmtwar und nur uns durch die Augen-

scheinlichleit überzeugen wollten, mit wen wir
die Ehre gehabt hatten, so fanden wir das Nest
regelmäßig leer. Aber der Feind wurde doch
immer weniger, die Schießerei ließ sichtbarlich
nach und der Ersatz-Vollmond war längst unter-
gegangen. Unser letzter Vorstoß ging auf ein
einsames Bauernhaus, wo kein Kampf mehr,
sondern bloß ein siegreicher Einzug stattfand
und wo wir unter einem Bett einen kranken
Sanitätshund entdeckten, der das einzige Lebe-
wesen ivar, was wir von unserm Gegner wahr-
genommen hatten. Wir betrachteten daher das
miesepetrige Hundevieh als eine Art Entente-
Ersatz und nahmen es in sorgfältige Pflege,
wo es sich auch bald dankbar erholte. Gegen
Morgen machten ivir eine starke Rechtsschwen-
kung und stießen zu unsere Freude mit eine
Trainkolonne zusammen, die uns auf das kame-
radschaftlichste bewirtete. Da hatten denn die
ewigen Ersatzmittel ein Ende und es gab zum
erstenmal wieder etwas wirklich Reelles: für
jeden Mann einen großen Topf heißen Kaffee,
der uns nach alle die Strapazen wieder auf
die Höhe der Situation verhalf.

Von diesen Standpunkt herab grüße ich Dir
für heute als Dein alter Freund

August Säge jun.. Garde-Grenadier.

Nachschrift. Ich glaube, es war doch
Kaffee-Ersatz. Denn ich kriegte so einen merk-
würdigen Zadder zwischen die Zähne, der mir
wie ein getrockneter Kohlrübenstrunk anmutete.
Aber das machte nichts, indem ich ihin mit
einen Schluck Gilla glücklich hinunterspülte.
Leider war es der letzte in die Pulle, aus
welche Tatsache ich das freundschaftliche Ver-
trauen in Dir setze, daß Du Deine praktische
Schlußfolgerung daraus zu entnehmen Dir
hoffentlich nicht entblöden wirst.

CS Cs

Kriegswahrsprüche.

Der Patriot: Gold gab ich für Eisen.

Der Bierbrauer: Wasser gab ich für Bier.

Der Metzger; Knochen gab ich für Fletsch.

Der Müller: Kleie gab ich für Mehl.

Der Futurist: Kitsch gab ich für Kunst.
 
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