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9397 —

Aus rier Waschstube des Quirmals in Rom.

„Unser armer Bambino! Er muß eine gräßliche Angst ansgestanden haben."

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Jetzt hast du deinen Cäsar, Marianne,

Und hohen Zielen führt er dich entgegen,
Erleidet er nicht unterwegs 'ne Panne,

So ivird dir Lorbeer blühn auf deinen Wegen.

Oft koinint's auch anders, liebe Republik«,
So wie einstmals beim Panamakanale,

Es ist wohl lange her, doch die Musike
Ist nicht verstummt vom Panamaskandale.

Sei's wie es sei, es führt dich jetzt, du Gute,
Herr Cldmenceau, doch schon verraten biste.
Und wenn du's zahlen mußt nrit deinem Blute,
Wo ist dann Clömenceau, der Panamiste?

In den verschiedenen Ressorts der Reichsverwaltung herrscht infolge
Kohlenmangels eine sehr kühle Temperatur, die Exzellenz Schwander
nicht vertragen konnte und sich deshalb schleunigst nach dein wärmeren
Straßburg wieder zurückzog.

Der Wein erfreut des Menschen Herz,

So heißt es schon im Lied,

Daran ermesset meinen Schmerz,

Ihr Zecher in Nord und Süd.

Er duftet von der Mosel her.

So mild und süß vom Rhein,

Doch kriege ich ihn nimmermehr,

Müßt' Millionär denn sein.

Die Hausbesitzer von Groß-Berlin wollen keenen Schnee nich schip-
pen, — ick ooch nich! Man muß doch nich, wie Fritz Reuter sagt,
von allem essen. Ihr getreuer Säge, Schreinerund Landstürmer.

Glossen.

Wie schön sich alles entwickelt doch!

Das Hamstern, das wird zur Tugend noch!

Der Arme klagt, ihn hungert sehr,

Der Reiche, ja, der klagt noch mehr.

Die Junker tun immer recht grimmig feudal,
Doch stehen Die Welt erbebt nicht einmal.

So mancher, der sich gar hitzig
Als Patriot geriert.

Der ist zugleich zu Hause
Vortrefflich verproviantiert. A. T.

Lieber Jacob!

Wat unser Burjermeester Reicke is, der steht
nich bloß mit de sämtlichen zehn Musen uff
Duzfuß, denn er is bekanntlich een bejnadigter
Dichter, sondern er muß ooch intime perseen-
liche Beziehungen zum heilijen Petrus haben.
Wie konnte der Mann sonst wissen, det et
diesen Winter heechstens achtmal schneien wird?
Det hat er aber in de Stadtverorntenversamm-
lung mit de bestimmteste Projnose behauptet,
als er de kochende Berliner Volksseele klar-
machen wollte, det de Schneeschipperverord-
nung des Oberkommandos man bloß 'n Kinder-
spiel is.

Mir helft allerdings ooch diese jinstije Wetter-
profezeiung leider nischt, denn wenn et ooch
man bloß een eenzigstes Mal schneien tut: icke
un meine Olle kommen ran! Det hat uns un-
sere Portjösfrau nach det letzte Worttrommel-
feier, det se mit meine Olle von wejen dem

Waschkichenschlissel auskämpfen mußte, schon
janz bestimmt verlautbart. Un da werde ick woll
nich jejen anstinken kennen, denn de Portjös-
frau bekleidet nach den Schneeschippererlaß als
Vertreter von'n Hauswirt obrigkeitliche Befug-
nisse, un wenn ick ne Lippe riskiere, komme ick
von wejen Beamtenbeleidijung un Widerstand
jejen de Staatsjewalt ran. Nach den Schipper-
Ukas kost't det in diesen Falle ejal bis een
Jahr Jefängnis un bei milde Umstände, vor
die mir Jott bewahren meeje, sojar dausend-
fimfhundert Meter Jeldstrafe!

Noch belemmerter steht et mit den Jeheimen
Rejierungsrat in't Vorderhaus. Der Mann
hat doch zum ersten April jekindigt, un da
soll er un seine Jnädije nu mit uns in de erste
Kolonne schippen. Mit ihn jinge et ja, denn
er is jut bei Kräften un arbeet't man bloß
in de Reichsjemiesestelle, wo se aus Mangel
an Ware ejal mit Fliejenfangen beschäftigt
werden, wat jetz in Winter ebentfalls ruht.
Aber de Jnädije is in Schwindel von wejen
de Kostimierung. Se hat nämlich nischt hijie-
nischet nich anzuziehen, allens bloß klar drunter
un durchbrochen drieber. Wat meine Olle is,
die hat 'n jutes Herz u» mechte ihr ja jerne
kollejialisch unter de Arme jreifen un ihr wat
pumpen. Un wat meine Olle ihre Parchent-
hoseu sind, die widerstehen de stärksten Nord-
oststirme. Aber se hat bloß een Paar, ver-
stehste, un wenn wir in zwee verschiedene Ko-
lonnen wären, denn ließe et sich ja machen,
det se se ihr for die Zeit anheimstellt, aber weil
wir doch in eene kommandiert sind, jetzt det
nich. Da braucht meine Olle, die ebentfalls sehr
anfällig i» de Extremitäten is, ihre Parchen-
tenen alleene, un et kann leicht sind, det sich

de Frau Jeheimrätin 'n Schnuppen in ihre
Maukbeene zuziehen wird.

Aujuste dajejen, wat unsere Drittjingste is
un Ostern aus de Schule kommt, faßt det
Ereignis von eenen verschiedenen Standpunkt
uff un freit sich wie 'n Schneekeenig uff de
Schipperei. Se hat sich sofort zu de erste frei-
willije Morjenschicht jemeld't, wo se mit Leh-
manns Fritze, Querjebeide drei Treppen links,
in de seichte Düsternis Kompaniearbeet machen
will. Nu is ja de Winterskälte for mensch-
liche Liebesjefiehle nich zweckeusprechend, un
in de Schneepampe kann nich ville passieren.
Aber trotzdem muß eener bei sonne jungen
Leite uff allens Menschenmögliche jefaßt sindj
un ick habe mir als Vater un moralischer
Haushaltungsvorstand von meine minderjüh-
rije Tochter entschlossen, bei det Oberkom-
mando eenen prinzipiellenProtest inzureichen un
die Herren an jrienen Tisch for sämtliche Foljen
schadenersatzflichtig zu machen. Schnuppen in't
Vorderhaus jetzt mir schließlich nischt an, aber
de Unterjrabung der Sittlichkeit in Hinterhaus
un Querjebeide lasse ick mir ooch von de mille-
tärische Obrigkeit nich antasten!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,

a» '» Jörlitzer Bahnhof jleich links.

g!®“ Unsere geehrte» Abonnenten inachen wir
darauf aufmerksam, daß die Beförderung der
Güter und Pakete durch Bahn und Post zurzeit
eine sehr langsame ist. Wir bitten dringend, alle
Störungen in der Zustellung nnsererZeitschriften
mit den Zcitverhältnissen zu entschuldigen. Wir
sind bestrebt, die Expeditionen pünktlich zu er-
ledigen, die Verspätungen sind einer höheren
Gewalt zuzuschreiben.

RedaMonsschluß 26. November 1917.
 
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