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König ferdinand non Rumänien im Dalles.

Was nützt mich denn ein Rosengarten.
Wenn andre drin spazieren gehn?

m ftobelfpäne.

Ich bin der Schreiner Säge
Und hoble frisch drauf los,

Den Frieden will ich schaffen
Mit meinem Hobelstoß.

Ich spann' die Friedensfeinde
In meine Hobelbank,

Was krumm ist, mach' ich grade.
Gesund, was heute krank.

Dann zieht vom Volk zum Volke
Der Frieden seine Bahn,

So will's zum neuen Jahre
Der deutsche Hobelmann.

In einer Berliner Nachlaßversteigerung wurde der noch recht solide
Strick eines Gehenkten von einem Kriegswucherer erworben. Hoffent-
lich für eine zweckentsprechende Verwendung.

„Schnorrer sind es und Verschwörer",

Sprach einst Bülow, ließ sie packen.

Schickt' per Schub sie an die Grenze
Zu des Zaren Leibkosaken.

Und nun sind es Friedensboten,

Die den Zaren abgeschüttelt —

Heute ehrt man die „Verschwörer",

Die man früher hat gebüttelt.

Meine Olle will sich von mir scheiden lassen, wenn ick ihr bet
Frauenwahlrecht nich beschaffe! Wat sagste nu, Jenosse Scheidemann!

Ihr getreuer Säge, Schreiner und Landstürmer.

fasser von diesen Aufruf möchte ich gerne noch
vor Silvester persönlich begegnen, damit ich
ihn meine tiefempfundensten Neujahrswünsche
eigenhänüig ausdrücken könnte!

Was ich dagegen Dir und alle Kompagnie-
kameraden hiemit auf das herzlichste tue.
Dein altex Freund

August Säge jun.. Garde-Grenadier.

Zwei Briefe.

Zwei Briefe ruhen
In meinem Schrein,

Die soll'n über alle-
Mir heilig sein.

Der eine der Mutter,

Der andre der Braut —

Ein Krieger hat sie
Mir anvertraut.

„Und komm ich nicht wieder
Aus blutigem Feld —

Sei du der Bote,

Der sie bestellt!"

Sein „letzter Wille" —

And- ist noch so jung!

Vom Leben zum Tode
Fetzt nur ein Sprung.

Ich hoffe und wünsche.

Mir sei es vergönnt.

Daß selbst ihm zurücke
Ich geben sie könnt'.

Doch kehrt er nicht wieder
And soll es nicht sein
Die letzten Grüße

Dann bring ich den zwein. E. Klaar,

Sinnspruch.

Sieh, es Hausen durch das Land
Viel unsaubre Geister,

Und kein Kreuz mit fester Hand
Drüber schlägt ein Meister.

Du, o Volk, mußt fest nur bleiben,

Um die Geister zu vertreiben! A. T,

Lieber Jacob!

Del Weihnachtsfest habe ick in ernste, aber
wirdije Haltung ieberstanden. Meine Familje
hatte mir mit ville scheene Jeschenke ieber-
rascht, mit die ick bloß leider nischt anzu-
fangen weeß. Da mir in't letzte Jahr meine
letzten drei Backzähne verlassen jehabt haben,
schenkte mir meine Olle eenen Nußknacker.
Aber ick sah mir am Weihnachtsboom — vierte-
halb Zoll hoch for vier Mark fuffzig — ver-
jeblich nach Nisse um, die dieses Jahr nich
jewachsen zu sein scheinen. Von meinen Fremd
Edeward bekam ick'npiekfeinesBierseidel.Aber
außer eene Wehmutszähre, die mir bei de Be-
trachtung dieses Luxusjejenstandes entjlitt, is
bis jetz von wejen Mangel an Stoff noch keen
Droppen nich rinjejossen worden. Un wat meine
lieben Kinder sind, die hatten alle zusammen-
jelegt un Vätern for schweres Jeld eene
Schachtel Streichhölzer jekooft — jarantierte
Auslandsware, die Jott sei Dank keen Feier
nich jeden, un daher ooch keene unzeiljcmäße
Sehnsucht nach die nich vorhandenen Zieh-
jarren uffkommen lassen kennen.

Inzwischen is aberdet scheene Fest vorieber,
un Neijahr steht vor de Türe. Objleich de
Menschheet oojenblicklich noch immer ununter-
brochen in de jroßeZeit lebt un sich mit dieses

bejlickende alldeitsche Bewußtsein eejentlich
' zufrieden jeden sollte, so kann ick mir doch
nich janz von bet unersättliche Jefiehl abhal-
ten, det et noch 'n paar kleene Winsche jibt,
die ick Dir un mir zu det neie Jahr ferne
aussprechen mechte. Aber ick firchte damit bei
de verschiedentlichsten Stellen Anstoß zu er-
rejen. Denn wenn ick uns etwas mehr Nah-
rungsmittel winsche, so fiehlen sich de Ajrarjer,
un wenn ick uns etwas mehr Heizmaterjal
winsche, de Kohlenbarone in ihre heiligsten
Jeschäftsinteressen jekränkt. Wenn ick aber de
Hoffnung zu äußern wage, det uns der liebe
Jott zum neien Jahr von de Zensur un dem
Belagerungszustand erleesen mechte, so wirde
mir det Oberkommando det schwer iebelneh-
men, weil et durch diese jöttliche Maßrejelung
um sein jreeßtes Verjniejen un seinen heech
sten Stolz beraubt werden wirde. Un wenn
ick mir jar erkiehnen mechte, uns eenen recht
baldijen, recht allseitijen, recht dauerhaften
un recht verninftijen Frieden zu winschen,
denn hätte ick sofort dem janzen vereinigten
Zorn der Schwerindustrie, der Armeeliefe-
ranten, der Landwirtschaft, der Schleichhänd-
ler, der Alldeitschen un der Vaterlandspartei
uff mir jeladen. Da ick aber een juter Deit-
scher bin un de einflußreichen un bejüterten
Klassen uff keenen Fall zu nahe treten mechte,
so verkneife ick mir alle meineNeijahrswinsche,
hungere un friere -ruhig weiter un öffne mit
Ricksicht uff dem anbefohlenen Burgfrieden
meine Futterluke bloß, um „Deutschland,
Deulschland ieber allens" zu singen.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke.

an 'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
 
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