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♦ Der tränt ♦

dm Zoologischen Garten zu Berlin wurde ein erbeuteter englischer ^ank ausgestellt.

Und um öas plumpe Monstrum stanö
Oer Bär/ -er Molf un- Elefant,-
Oem Löwen un- -em Jaguar
Mil- sträubte sich -as Nackenhaar,-
hpäne, Panther/ Eiger sahn
Es nei-ifch/ mit gefletschtem Aahn,

Un- voll Gegeifer un- Gebrumm
Schlichen sie um -as Ding herum.

Oer Löwe sprach: „Mer fürchtet -ich?

(lst -eine Haltung königlich?
wie -ick un- plump/ wie schwer un- steif,
Un- keine Mähne, keinen Schweif!
Zürwahr, -u scheinst, Kreunö Elefant,
Dagegen noch höchst elegant."

Oer hob -en Rüffel stolz un- blies:

..Ja, hätte er noch was wie -ies?"

Molfsaugen glühten rot un- run-.

Oer Bär betatzte -en Befun-
Un- brummte: „Eot ist ja -ies Vieh.
Kein Leben irgen-wo un- wie!"

Oem Panther gierte haß im Blick,-
Oer D'ger krümmte öas Genick.

Nur -ke hpäne hielt sich fern:

,,dd) wittre allerlei, ihr Herrn!"

„Mas soll", -er Löwe riefls, „öenn hier
iln unferm Reich -as faule 'Eier,

Noch -ümmer als ein Gänserich?

Uns schuf ein Gott. Doch wer schuf-ich?"
horch! plötzlich tat es einen Schnauf,-
Ein §euer blitzte -onnern- auf.

Oer Elefant brach in -ie Knie,-
Es heult' -er Wolf, -er Panther schrie.

Un- schaurig -röhnt es in -ke Nacht:
„Mich hat -er Menschengeist er-acht!
<>hr armen Kläffer, nei-geäfft,

Mas wißt -enn ihr von - em Geschäft?"
Un- Bäume stürzten, Man- un- Aaun,
Un- voll Entsetzen, Furcht un- Graun
Entflohn -ie Eiere wie gejagt. - -
Oer Löwe aber hat gesagt:

„Mich -ünkt, -aß -ie hpäne -och
hier wie-er einmal richtig roch.

Legt ab -en Stolz un- mault nicht mehr.
Das Vieh gehört mit Recht hierher!

Ich, -en man euern König heißt,

Dank' ab. Nun krönt -en Menschengeist,
Oer, unerreicht in Kraft un- List,

Das allergrößte Raubtier ist!" Pan.

Engelbert pernerstorfer.

Mit Engelbert pernerstorfer, der im Alter von 68 Jahren
nach längerer Krankheit in Wien gestorben ist, scheidet eine
der markantesten Persönlichkeiten aus dem österreichischen
parteileben aus. Noch ehe es eine sozialdemokratische Partei-
vertretung im österreichischen Reichsral gab, hat er dort die
Sache der Arbeiter mit herzerfrischendem Temperament ver-
fochten. Als das neue Wahlrecht die ersten Sozialdemokraten
in den Reichsrat führte, schloß er, der zuerst als „nationaler
Demokrat" hineingewählt worden war, sich ihnen sofort an
und wurde als einer ihrer Führer später zum Vizepräsidenten
des Reichsrats gewählt. Seine kernige und fpmpatische Art
hat ihm die Zuneigung weiter Rreise verschafft.

Herr v. Heydebrand übt in seinen freien Stunden das
Lied von der kaputten Dreschmaschine.

Feldpostbriefe.

LXXXIX.

Geliebte Eltern! Nun bin ich wieder in
wohlbehaltenen Zustand bei die italienische
Front eingetroffen und habe mir allmählich
in die Annehmlichkeiten des Dienstes eingelebt.
Unsere» Fritze Lehmann überreichte ich nichts-
ahnend den Tabak, den mir seine lieben Eltern
für ihm als Weihnachtsgeschenk mitgegeben
hatten. Er war sehr erfreut darüber und stopfte
sich sofort seine Pfeife, worauf ich nahe daran
war, ihn unsere langjährige Freundschaft zu
kündigen. Ich habe in dreieinhalb Jahre Welt-
krieg an die diversesten Fronten mancherlei
zu riechen bekommen, aber diese neue Marke
„Vaterlaudspartei" schien mir doch meine
dienstlichen Verpflichtungen zu überschreiten.
Fritze aber qualmte egal von morgens bis
abends. Daher empfanden wir keine untröst-
lichen Abschiedsschmerzen, als er vorige Woche
unfern gemeinschaftlichen Unterstand verließ,
um eine Patrouille gegen den Feind zu schieben.

Vor unsere Linie befand sich nämlich ein
halb in Dreck geschossenes Haus, das von
Italienern besetzt war, die uns ans eine sehr
unangenehme Weise befuukt hatten. Da seit
einige Tage Ruhe eingetreten war, sollte fest-
gestellt werden, ob die Herrschaften noch drin
saßen. Fritze zog abends mit einen Gefreiten,
zwei andere Kameraden und seine Pfeife ab.
Als gegen Morgen die Patrouille ohne ihm
zurückkehrte, überfiel mir doch ein schmerzlicher
Schreck. Mein lieber Freund war in die Dunkel-
heit verloren gegangen, entweder gefallen oder
verwundet und gefangen genommen.

Zwei Tage lang gab es dann ein ununter-
brochenes Feuer zwischen uns und die feind-
liche Front. Es blieb uns, da wir eine sehr
ungünstige Stellung hatten, schließlich nichts
weiter übrig, als entweder zurückzugehen oder
unsere Linie vorzutreiben. Wir entschlossen uns
zu den letztgenannten Fall, und mußten des-
halb zunächst eininal das Haus nehmen, in
das der Feind noch immer saß, wie uns der

Tag und Nacht ununterbrochen rauchende
Schornstein bewies. Pioniere erschienen am
Abend und gruben sehr schlaue Sappen im
Zickzack gegen das einsame Gebäude. Morgens
kehrten sie aber mit die Meldung zurück, daß
in das Haus offenbar bloß Leichen lägen, denn
es wäre ein scheußlicher Geruch und sonst
nichts weiter ringsuni wahrzunehmen gewesen.
Also wurde nachts wieder eine starke Patrouille
von »ns zur Rekognoszierung vorgeschickt, und
diesmal war ich. mit dabei. Wir schlängelten
uns durch die Sappe, ohne bemerkt zu wer-
den, kletterten dann am Ausgang hoch und
umkreisten das Gebäude mit alle vorgeschrie-
benen Vorsichtsmaßregeln. Schließlich aber
nahmen wir unsere ganze dienstliche Courage
zusammen, dachten: was ckann da sein — nu
mal rin in die Bude!

Die ersten Zimmer waren stockduster und
nirgends ein Laut zu vernehmen. Aber aus
die Küche drang ein schwacher Lichtschein, wir
fällten die Bajonette, rissen die Tür auf und
stürmten vor. Der Raum war ganz mit Qualm
gefüllt, ein wohlbekannter Pestgeruch um-
fächelte mir, und vor das brennende Herd-
feuer erblickten meine Augen eine totgeglaubte
überirdische Erscheinung! Da saß kein anderer
als mein Freund Fritze Lehmann, rauchte aus
seine Pfeife und kochte sich seelensruhig Makka-
roni in einen riesigen Kessel. Ich konnte mir
nicht enthalten, sondern stürzte ihn mit rüh-
rende Tränen an dem Hals. Er erklärte uns,
daß er drei Tage lang egal geraucht und dazu
anderthalb Zentner von die Vorgefundenen
italienischen Nudeln aufgefressen hatte. Ein
Zentner wäre noch übrig, er würde also recht
gut noch zwei Tage haben dnrchhalten können.
Aber nun half ihm nichts: er mußte von seinen
Kochlopf herzzerreißenden Abschied nehmen.
Den erbeuteten Zentner Makkaroni, von den
Fritze noch zwei Tage leben wollte, brachten
wir zu unsere Korporalschaft, die davon noch
manchen Tag satt geworden ist.

Das Ergebnis von unsere Patrouille war,
daß wir unsere Stellung ein gutes Stück vor-
 
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