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•so Bereitfcbaft
wir haben nicht (las 8chwert erkoren,
von Rul)m und Machtbegier gequält.
Dem frieden find wir lugefchworen:
Lin jedes Recht lei unverloren,
das sich ein freies Dolk erwählt.
Durd) Rot und Rächt find wir gegangen,
doch nicht um fremdes Out und Land.
Uns trieb nicht raubendes verlangen,
und nun des friedens lore sprangen,
ergreifen wir die Bruderhand.
Richt als die ftolzcn Überwinder
beschreiten wir die friedensbahn.
In allen Orenien wachsen Rinder.
Bestellt als ihrer Zukunft finder
fei unser großes Werk getan! vrsger.
Bedenklich.
„Sic. Dtenstmann, find Sie frei?"
„Jawohl, mein Herr!"
:,Na, dann rufen Sie mal: es lebe die Freiheit!"
Feldpostbriefe.
X6I.
Lieber Maxe! Angesichts von die Berliner
Lebensmittelzustände beneidest Dn mir in
Deinen letzten Brief, weil ich inir hier in eine
so nahrhafte Gegend aufhalte, wo nian sich
die Apfelsinen von die Bäume schütteln kann,
und einen die gebratenen Makkaroni ins Maul
fliegen. Leider aber befindest Du Dir hinsicht-
lich diese Meinung auf einen entschiedenen
Holzweg. Oberitalien mag ja sehr fruchtbar
sein, aber nach eine mehrmonatliche kriegerische
Einquartierung bleiben nur noch ungenießbare
Gegenstände ins Gelände zurück, und wie
Fritze Lehmann aus die Ackerstraße und ich
vorige Woche auf Lebensmittelrrquirierung
in die umliegenden Gehöfte ausgeschickt wur-
den, da waren wir uns bewußt, daß wir eine
strategische Aufgabe erfüllen sollten, mit die
selbst Hindenburg und Ludendorff schwer fertig
geworden wären.
Wir zoddellen deshalb ohne große Erwar-
tungen ab, und es war auch nirgends etwas
zu finden. Wir beschlossen daher, uns etwas
iveiter in die vordere Richtung vorzuwagen,
die eigentlich schon zu das feindliche Macht-
bereich gehörte. Und kaum hatten wir dort
das erste Gehöft durch die Bördertür betreten,
so sahen wir auch schon, wie aus die Hinter-
tür eine italienische Patrouille von fünf Mann
sich in landesüblichen Eilschritt entfernte. Sie
war von die berühmten Bersaglieri, die sich
durch eine sehr merkwürdige Kopfbedeckung
auszeichnen. Sie haben nämlich einen Hut auf,
wo von die Krempe ein richtiger großer Hahnen-
schwanz ihnen bis auf die Schulter herunter-
baumelt. Pie. Eilfertigkeit, mit die sich die
besagte Patrouille entfernte, war so groß, daß
wir mit ihr trotz rasche Verfolgung nicht hand-
greiflich werden konnte». Bloß einer, der ins
Stolpern gekommen und hingeschlagen war,
verblieb in unsere Hände.
Dieses Resultat war für uns zwar sehr
ehrenvoll, aber nicht ganz zweckentsprechend.
Denn wir sollten Lebensmittel mitbringen,
aber keinen gefangenen Italiener nicht, von
die wir schon reichlich genug haben. Und nun
standen wir da mit einen ungenießbaren Ber-
saglieri und durften uns so vor unfern Haupt-
mann nicht sehen lassen, geschweige den» vor
den Feldivebel oder gar vor unfern Korporal-
schaftsführer, den Herrn Sergeanten Lehmann!
Was sollten wir machen? Also schickte ich
Fritzen mit den Gefangenen zu die Kompagnie
zurück und machte selber noch ein paar ver-
zweifelte Versuche, irgend was Eßbares auf-
zutreiben. Natürlich war es vergeblich, und
nach zweistündliches Herumkaufen wollte ich
ohne große Hoffnungen gerade noch ein ein-,
sames Haus besuchen, das in eine verborgene
Schlucht gelegen und min bisher nicht auf-
gestoßen war. Sowie ich aber in die Tür trete,
pralle ich gegen eine eilige Erscheinung, die
hinaus will, und wie ich sie mir besehe,, ist
es mein Fritze Lehmann! „Helfe mir!" brüllt
er, „das Aas ist ausgekniffen und in dieses
Haus gelaufen. Ich habe alles durchsucht,
aber das Frauenzimmer hat ihm zu schlau
verstochen. Wenn sie ihm nicht gutwillig 'raus-
gibt, senge ich die ganze Bude ab!" Ich be-
ruhigte ihm und da die alte Frau, die den
Hof allein bewohnte, mir versicherte, der
Soldat hätte sich durch den Garten ins Un-
gewisse verflüchtigt, so begaben wir uns in
diesen sogenannten Garten, der aus weiter
nichts wie aus dichtes Bäumgestrüpp bestand,
das, wie es hierzulande Mode ist, auch jetzt
im Winter grüne Blätter hat. Plötzlich bleibt
Fritze wie angedonnert stehen und zeigt mit
die Vorderflosse mitten in das Dickicht, und
wahrhaftig: da sehe ich deutlich dem Hahnen-
schwanz von unserin Bersaglieri durch das
Laub schimmern! Ehe ich es noch hindern
konnte, hat Fritze seinen Kuhfuß an die Backe
und — wumm — funkt er in seinen wut-
entbrannten Blutdurst auf den Kerl los. Aber
in denselben Augenblick erhob sich aus das
Gebüsch ein schreckliches Gekreische und Ge-
gacker, und wie wir hinlaüfen, finden wir
einen erschossenen Hahn und eine ganze Herde
Hühner, die eiligst das Weite suchen wollten!
Sofort hatten wir fünfe von ihnen ereilt und
kehrlen mit die Beute in das Haus zurück,
wo wir bei nochmaliges energisches Durch-
suchen zwar keinen Bersaglieri, aber mehrere
Zentner Reis vorfanden, von die wir eine
ausreichende Portion requirierten. Die alte
Frau war damit sehr zufrieden, denn sie be-
kam instruktionsmäßig alles baar berappt,
was — wie sie uns anvertraute — seitens
ihre italienischen Landsleute, die ihr am Tag
vorher einen dienstlichen Besuch abgestattet
hatten, nicht Sitte gewesen war.
So kehrten wir nach ausgeführten Befehl
zu die Kompagnie zurück, wo wir mit große
Ehren empfangen wurden und es noch an
denselben Abend Huhn mit Reis gab. Von
unseren verflossenen Bersaglieri haben wir
keine Meldung nicht erstattet, weil der ja
eigentlich mjt unser» dienstlichen Auftrag
nichts zu tun hatte und unfern Ruhm nicht
förderlich gewesen wäre. Ich bitte auch Dir.
über diese Angelegenheit ebenfalls nichts weiter
zu erzählen.
In diese freundschaftliche Erwartung grüße
ich Dir als Dein aller Freund und
Gefreiter August Säge jun..
Garde-Gre»adier.
Nachschrift. Ohne Dir schmeicheln zu
wollen wäre» die letzten Zigarren besser als
wie ich nach die Berliner Zeitungsnachrichten
erwartet hatte. Wenn Du also von die Sorte
noch welche kriegen kannst, so würdest Du inir
damit sehr angenehm berühre». Als Munilions-
kavalier befindest Tu Dir ja in die finanzielle
Lage.
•so Bereitfcbaft
wir haben nicht (las 8chwert erkoren,
von Rul)m und Machtbegier gequält.
Dem frieden find wir lugefchworen:
Lin jedes Recht lei unverloren,
das sich ein freies Dolk erwählt.
Durd) Rot und Rächt find wir gegangen,
doch nicht um fremdes Out und Land.
Uns trieb nicht raubendes verlangen,
und nun des friedens lore sprangen,
ergreifen wir die Bruderhand.
Richt als die ftolzcn Überwinder
beschreiten wir die friedensbahn.
In allen Orenien wachsen Rinder.
Bestellt als ihrer Zukunft finder
fei unser großes Werk getan! vrsger.
Bedenklich.
„Sic. Dtenstmann, find Sie frei?"
„Jawohl, mein Herr!"
:,Na, dann rufen Sie mal: es lebe die Freiheit!"
Feldpostbriefe.
X6I.
Lieber Maxe! Angesichts von die Berliner
Lebensmittelzustände beneidest Dn mir in
Deinen letzten Brief, weil ich inir hier in eine
so nahrhafte Gegend aufhalte, wo nian sich
die Apfelsinen von die Bäume schütteln kann,
und einen die gebratenen Makkaroni ins Maul
fliegen. Leider aber befindest Du Dir hinsicht-
lich diese Meinung auf einen entschiedenen
Holzweg. Oberitalien mag ja sehr fruchtbar
sein, aber nach eine mehrmonatliche kriegerische
Einquartierung bleiben nur noch ungenießbare
Gegenstände ins Gelände zurück, und wie
Fritze Lehmann aus die Ackerstraße und ich
vorige Woche auf Lebensmittelrrquirierung
in die umliegenden Gehöfte ausgeschickt wur-
den, da waren wir uns bewußt, daß wir eine
strategische Aufgabe erfüllen sollten, mit die
selbst Hindenburg und Ludendorff schwer fertig
geworden wären.
Wir zoddellen deshalb ohne große Erwar-
tungen ab, und es war auch nirgends etwas
zu finden. Wir beschlossen daher, uns etwas
iveiter in die vordere Richtung vorzuwagen,
die eigentlich schon zu das feindliche Macht-
bereich gehörte. Und kaum hatten wir dort
das erste Gehöft durch die Bördertür betreten,
so sahen wir auch schon, wie aus die Hinter-
tür eine italienische Patrouille von fünf Mann
sich in landesüblichen Eilschritt entfernte. Sie
war von die berühmten Bersaglieri, die sich
durch eine sehr merkwürdige Kopfbedeckung
auszeichnen. Sie haben nämlich einen Hut auf,
wo von die Krempe ein richtiger großer Hahnen-
schwanz ihnen bis auf die Schulter herunter-
baumelt. Pie. Eilfertigkeit, mit die sich die
besagte Patrouille entfernte, war so groß, daß
wir mit ihr trotz rasche Verfolgung nicht hand-
greiflich werden konnte». Bloß einer, der ins
Stolpern gekommen und hingeschlagen war,
verblieb in unsere Hände.
Dieses Resultat war für uns zwar sehr
ehrenvoll, aber nicht ganz zweckentsprechend.
Denn wir sollten Lebensmittel mitbringen,
aber keinen gefangenen Italiener nicht, von
die wir schon reichlich genug haben. Und nun
standen wir da mit einen ungenießbaren Ber-
saglieri und durften uns so vor unfern Haupt-
mann nicht sehen lassen, geschweige den» vor
den Feldivebel oder gar vor unfern Korporal-
schaftsführer, den Herrn Sergeanten Lehmann!
Was sollten wir machen? Also schickte ich
Fritzen mit den Gefangenen zu die Kompagnie
zurück und machte selber noch ein paar ver-
zweifelte Versuche, irgend was Eßbares auf-
zutreiben. Natürlich war es vergeblich, und
nach zweistündliches Herumkaufen wollte ich
ohne große Hoffnungen gerade noch ein ein-,
sames Haus besuchen, das in eine verborgene
Schlucht gelegen und min bisher nicht auf-
gestoßen war. Sowie ich aber in die Tür trete,
pralle ich gegen eine eilige Erscheinung, die
hinaus will, und wie ich sie mir besehe,, ist
es mein Fritze Lehmann! „Helfe mir!" brüllt
er, „das Aas ist ausgekniffen und in dieses
Haus gelaufen. Ich habe alles durchsucht,
aber das Frauenzimmer hat ihm zu schlau
verstochen. Wenn sie ihm nicht gutwillig 'raus-
gibt, senge ich die ganze Bude ab!" Ich be-
ruhigte ihm und da die alte Frau, die den
Hof allein bewohnte, mir versicherte, der
Soldat hätte sich durch den Garten ins Un-
gewisse verflüchtigt, so begaben wir uns in
diesen sogenannten Garten, der aus weiter
nichts wie aus dichtes Bäumgestrüpp bestand,
das, wie es hierzulande Mode ist, auch jetzt
im Winter grüne Blätter hat. Plötzlich bleibt
Fritze wie angedonnert stehen und zeigt mit
die Vorderflosse mitten in das Dickicht, und
wahrhaftig: da sehe ich deutlich dem Hahnen-
schwanz von unserin Bersaglieri durch das
Laub schimmern! Ehe ich es noch hindern
konnte, hat Fritze seinen Kuhfuß an die Backe
und — wumm — funkt er in seinen wut-
entbrannten Blutdurst auf den Kerl los. Aber
in denselben Augenblick erhob sich aus das
Gebüsch ein schreckliches Gekreische und Ge-
gacker, und wie wir hinlaüfen, finden wir
einen erschossenen Hahn und eine ganze Herde
Hühner, die eiligst das Weite suchen wollten!
Sofort hatten wir fünfe von ihnen ereilt und
kehrlen mit die Beute in das Haus zurück,
wo wir bei nochmaliges energisches Durch-
suchen zwar keinen Bersaglieri, aber mehrere
Zentner Reis vorfanden, von die wir eine
ausreichende Portion requirierten. Die alte
Frau war damit sehr zufrieden, denn sie be-
kam instruktionsmäßig alles baar berappt,
was — wie sie uns anvertraute — seitens
ihre italienischen Landsleute, die ihr am Tag
vorher einen dienstlichen Besuch abgestattet
hatten, nicht Sitte gewesen war.
So kehrten wir nach ausgeführten Befehl
zu die Kompagnie zurück, wo wir mit große
Ehren empfangen wurden und es noch an
denselben Abend Huhn mit Reis gab. Von
unseren verflossenen Bersaglieri haben wir
keine Meldung nicht erstattet, weil der ja
eigentlich mjt unser» dienstlichen Auftrag
nichts zu tun hatte und unfern Ruhm nicht
förderlich gewesen wäre. Ich bitte auch Dir.
über diese Angelegenheit ebenfalls nichts weiter
zu erzählen.
In diese freundschaftliche Erwartung grüße
ich Dir als Dein aller Freund und
Gefreiter August Säge jun..
Garde-Gre»adier.
Nachschrift. Ohne Dir schmeicheln zu
wollen wäre» die letzten Zigarren besser als
wie ich nach die Berliner Zeitungsnachrichten
erwartet hatte. Wenn Du also von die Sorte
noch welche kriegen kannst, so würdest Du inir
damit sehr angenehm berühre». Als Munilions-
kavalier befindest Tu Dir ja in die finanzielle
Lage.