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Im Zoologischen Garten.
„Mama, cm nennst Papa immer ein Kamel, aber das Tier sieht ihm
ja gar nicht ähnlich."
„Äußerlich freilich nicht, Luischen, aber innerlich."
„Ach, dann möchte ich das Kamel doch einmal aufklappen lassen."
M ftobelfpäne. -lT
Herr Reichskanzler, spricht Graf Baudissin,
Laß ab vom annektionslosen Schwindel,
Nimm alles, was du kriegen kannst,
Nimm selbst das Kind mit der Windel.
Die ganze Juli-Resolution
Vom Selbstbestimmungsbafel,
Ist weiter nichts als tauber Spreu
Und leeres Friedensgeschwafel.
Drauf, drauf, für König und Vaterland,
Hoch Deutschland und Preußen nicht minder.
Vertraue dem deutschen Wehrverein,
Die Völker sind große Kinder.
In Berlin wurde ein Brot ausgestellt, das aus ukrainischem Weizen
gebacken sein soll. Während der Nacht verschwand das Brot aus der
Auslage. Man vermutet, daß ein Mitglied der ukrainischen Rada
seine Hand im Spiele dabei gehabt hat.
Nacht war's bei vielen Tröpfen,
Nun steigt das Licht empor.
Hell wird es in den Köpfen,
Auf springt des Friedens Tor.
Hie Petroleum, da Petroleum,
Petroleum um und um,
Laß die Humpen frisch vollpnmpen.
Dreimal hoch Petroleum!
Wenn ick Ministerpräsident von Preußen wär, würde ick den Land-
tag ufflösen und die neue Wahlreform zwangsweise einführen. Der
danach jewählte Landtag wird sich sehen lassen können. Die Droschke
will ick jern bezahlen, iw der die dann noch jewählten Jegner des
allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts sich in den Landtag
fahren lassen können. Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Petroleumgenossen,
Jetzt macht ein froh Gesicht,
Der Frieden ist geschlossen,
Rumänien bringt uns Licht.
Hie Petroleum, da Petroleum,
Petroleum um und um,
Laß die Humpen frisch vollpumpen,
Dreimal hoch Petroleum!
Was übrig bleibt.
Fetzt schmilzt man auch der Denkmäler Reihen
Im allgemeinen Schmelztopf ein.
Ein Schmerz verdirbt die Freude: „B weh,
Warum ist aus - Marmor die Siegesallee?"
Goethes „Faust" und der Krieg.
Kriegshetzer.
Lr nennt's Vernunft und braucht's allein,
Um tierischer als jedes Tier zu sein....
Clemenceau.
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel...
Wahlrechtsverhandlungen.
welch Schauspiel, aber, ach, ein Schauspiel nur!...
Zensur.
wer darf das Rind beim rechten Namen nennen? ...
Schützengraben.
verfluchtes, dumpfes Mauerloch! .. .
Hamster.
Nur greift mir zu und seid nicht blöde!...
Wilson.
Denn eben, wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. ...
Herrenhaus.
Mit wenig Witz und viel Behagen,
Dreht alles sich im engen Zirkeltanz . ..
Rriegsverordnungen.
Mir wird von alledem so dumm,
RIs ging mir ein Mühlrad im Ropf heruni...
Heydebrand.
Der Vater bist du aller Hindernisse...
Diplomaten.
Sucht nur die Menschen zu verwirren ...
Gras Spee.
Cs muß auch solche Räuze geben.. .
Sommerreise.
wenn einer eine Reise tut
In diesen schönen Tagen,
ffat er die Galle bald im Blut
Und jede Fahrt — im Magen.
Drei Zuschläge auf dein Billett -
In festgekeilter Masse
Stehst du dafür die Fahrt - wie nett! -
wie in dem kseringsfasse.
Dein Magen knurrt am Ziel wie wild,
weil keine Marken gelten!
Und von dem „Wirte, wundermild"
ksörst Brummen du und Schelten.
Ls rächt sich schwer dein Übermut:
Du mußt dich heimwärts stehlen —
Fa, wer jetzt eine Reise tut,
Oer kann auch was erzählen. e.
Lieber Jacob!
Ick weeß nich, ick kann unternehmen, wat
ick will: ick werde ejal mißverstanden un
schlittere mit allens rin! Also uff de russesche
Botschaft Unter de Linden flattert doch nu, wie
et sich jeheeren tut, de neie russesche Nazjonal-
flagge. Et is 'n scheenes rotes Tuch mit 'ne
joldene Inschrift druff, die keener nich lesen
kann. Rußland is for uns 'ne befreindeteMacht,
mit die wir in dauerhaften Frieden un Ber-
ständijung leben sollen. Also denke ick: wirst
dir mal um unsere juten auswärtijen Be-
ziehungen verdient machen un Rußland 'ne
Huldijung darbringen. Un wie Karl Marx'»
sein hundertster Jeburtstag war, da lange ick
mir det jroße rote Taschentuch, bet ick von
meinen Vater jeerbt habe, un binde det an
eenen Besenstiel. Un weil ick prinzipiell nie-
mals keen Jold nich besitze, so mache ick uff
det rote Tuch wat Jelbes ruff, un steche det
Janze von meinen Balkon raus.
Fimf Minuten später klingelt et, un een
Schutzjeist frägt erjebenst an, wat ick mit die
Demonstrazjon beabsichtije. „Det is een diplo-
matischer Akt zujunsten des befremdeten rus-
seschen Reiches," kläre ick ihm uff, „Se kennen
woll noch nich de neie russesche Nazjonalfahne?"
„Eine Unverschämtheit is das," jibt der Blaue
zur Antwort, „Sie beseitijen sofort das Ding,
un das Weitere werden Sie hören!" Anje-
sichts von den Belagerungszustand un den da-
mit verbundenen Widerstand jejen de Staats-
jewalt mußte ick mir detMachtjebot unterwerfen
un zog meinen völkerrechtlichen Huldijungs-
versuch wieder ein. Ick wartete dann verjebens
uff det Weitere, wat ick zu Heeren kriejen sollte.
Et jab aber uischt zu Heeren, sondern ick bekam
nach vier Wochen een stummes Strafmandat in
Höhe von fuffzehn Meter wejen jroben Unfug.
Nachdem ick dieses schmerzhafte Mißverständ-
nis erlitten un berappt habe, bin ick mit mir
darieber einig jeworden, det ick keinerlei inter-
nazjonale Höflichkeitsaktioneu nich mehr voll-
strecken, sondern det unsere Diplomaten ieber-
laffeu werde, von die wir schon ville erlebt
haben un uff allens jefaßt sein können.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Redattionsschlub 18. Mai 1918.
Im Zoologischen Garten.
„Mama, cm nennst Papa immer ein Kamel, aber das Tier sieht ihm
ja gar nicht ähnlich."
„Äußerlich freilich nicht, Luischen, aber innerlich."
„Ach, dann möchte ich das Kamel doch einmal aufklappen lassen."
M ftobelfpäne. -lT
Herr Reichskanzler, spricht Graf Baudissin,
Laß ab vom annektionslosen Schwindel,
Nimm alles, was du kriegen kannst,
Nimm selbst das Kind mit der Windel.
Die ganze Juli-Resolution
Vom Selbstbestimmungsbafel,
Ist weiter nichts als tauber Spreu
Und leeres Friedensgeschwafel.
Drauf, drauf, für König und Vaterland,
Hoch Deutschland und Preußen nicht minder.
Vertraue dem deutschen Wehrverein,
Die Völker sind große Kinder.
In Berlin wurde ein Brot ausgestellt, das aus ukrainischem Weizen
gebacken sein soll. Während der Nacht verschwand das Brot aus der
Auslage. Man vermutet, daß ein Mitglied der ukrainischen Rada
seine Hand im Spiele dabei gehabt hat.
Nacht war's bei vielen Tröpfen,
Nun steigt das Licht empor.
Hell wird es in den Köpfen,
Auf springt des Friedens Tor.
Hie Petroleum, da Petroleum,
Petroleum um und um,
Laß die Humpen frisch vollpnmpen.
Dreimal hoch Petroleum!
Wenn ick Ministerpräsident von Preußen wär, würde ick den Land-
tag ufflösen und die neue Wahlreform zwangsweise einführen. Der
danach jewählte Landtag wird sich sehen lassen können. Die Droschke
will ick jern bezahlen, iw der die dann noch jewählten Jegner des
allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts sich in den Landtag
fahren lassen können. Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Petroleumgenossen,
Jetzt macht ein froh Gesicht,
Der Frieden ist geschlossen,
Rumänien bringt uns Licht.
Hie Petroleum, da Petroleum,
Petroleum um und um,
Laß die Humpen frisch vollpumpen,
Dreimal hoch Petroleum!
Was übrig bleibt.
Fetzt schmilzt man auch der Denkmäler Reihen
Im allgemeinen Schmelztopf ein.
Ein Schmerz verdirbt die Freude: „B weh,
Warum ist aus - Marmor die Siegesallee?"
Goethes „Faust" und der Krieg.
Kriegshetzer.
Lr nennt's Vernunft und braucht's allein,
Um tierischer als jedes Tier zu sein....
Clemenceau.
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel...
Wahlrechtsverhandlungen.
welch Schauspiel, aber, ach, ein Schauspiel nur!...
Zensur.
wer darf das Rind beim rechten Namen nennen? ...
Schützengraben.
verfluchtes, dumpfes Mauerloch! .. .
Hamster.
Nur greift mir zu und seid nicht blöde!...
Wilson.
Denn eben, wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein. ...
Herrenhaus.
Mit wenig Witz und viel Behagen,
Dreht alles sich im engen Zirkeltanz . ..
Rriegsverordnungen.
Mir wird von alledem so dumm,
RIs ging mir ein Mühlrad im Ropf heruni...
Heydebrand.
Der Vater bist du aller Hindernisse...
Diplomaten.
Sucht nur die Menschen zu verwirren ...
Gras Spee.
Cs muß auch solche Räuze geben.. .
Sommerreise.
wenn einer eine Reise tut
In diesen schönen Tagen,
ffat er die Galle bald im Blut
Und jede Fahrt — im Magen.
Drei Zuschläge auf dein Billett -
In festgekeilter Masse
Stehst du dafür die Fahrt - wie nett! -
wie in dem kseringsfasse.
Dein Magen knurrt am Ziel wie wild,
weil keine Marken gelten!
Und von dem „Wirte, wundermild"
ksörst Brummen du und Schelten.
Ls rächt sich schwer dein Übermut:
Du mußt dich heimwärts stehlen —
Fa, wer jetzt eine Reise tut,
Oer kann auch was erzählen. e.
Lieber Jacob!
Ick weeß nich, ick kann unternehmen, wat
ick will: ick werde ejal mißverstanden un
schlittere mit allens rin! Also uff de russesche
Botschaft Unter de Linden flattert doch nu, wie
et sich jeheeren tut, de neie russesche Nazjonal-
flagge. Et is 'n scheenes rotes Tuch mit 'ne
joldene Inschrift druff, die keener nich lesen
kann. Rußland is for uns 'ne befreindeteMacht,
mit die wir in dauerhaften Frieden un Ber-
ständijung leben sollen. Also denke ick: wirst
dir mal um unsere juten auswärtijen Be-
ziehungen verdient machen un Rußland 'ne
Huldijung darbringen. Un wie Karl Marx'»
sein hundertster Jeburtstag war, da lange ick
mir det jroße rote Taschentuch, bet ick von
meinen Vater jeerbt habe, un binde det an
eenen Besenstiel. Un weil ick prinzipiell nie-
mals keen Jold nich besitze, so mache ick uff
det rote Tuch wat Jelbes ruff, un steche det
Janze von meinen Balkon raus.
Fimf Minuten später klingelt et, un een
Schutzjeist frägt erjebenst an, wat ick mit die
Demonstrazjon beabsichtije. „Det is een diplo-
matischer Akt zujunsten des befremdeten rus-
seschen Reiches," kläre ick ihm uff, „Se kennen
woll noch nich de neie russesche Nazjonalfahne?"
„Eine Unverschämtheit is das," jibt der Blaue
zur Antwort, „Sie beseitijen sofort das Ding,
un das Weitere werden Sie hören!" Anje-
sichts von den Belagerungszustand un den da-
mit verbundenen Widerstand jejen de Staats-
jewalt mußte ick mir detMachtjebot unterwerfen
un zog meinen völkerrechtlichen Huldijungs-
versuch wieder ein. Ick wartete dann verjebens
uff det Weitere, wat ick zu Heeren kriejen sollte.
Et jab aber uischt zu Heeren, sondern ick bekam
nach vier Wochen een stummes Strafmandat in
Höhe von fuffzehn Meter wejen jroben Unfug.
Nachdem ick dieses schmerzhafte Mißverständ-
nis erlitten un berappt habe, bin ick mit mir
darieber einig jeworden, det ick keinerlei inter-
nazjonale Höflichkeitsaktioneu nich mehr voll-
strecken, sondern det unsere Diplomaten ieber-
laffeu werde, von die wir schon ville erlebt
haben un uff allens jefaßt sein können.
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.
Redattionsschlub 18. Mai 1918.