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Tauschhandel.
„Wir sollten nächsten Sonntag kopuliert werden und möchten Hochwürden
fragen, wie hoch die Kosten sein werden?"
„Ach, Leutl, zahlts fünf Pfund Butter und dann habt ihr den Segen/'
<s$ hobellpäne. LT
Neben der Rothaut Columbias
Sendet Herr Wilson uns sonst noch was:
Gompers der Große will es jetzt wagen,
Deutschland in tausend Fetzen zu schlagen.
Hört! Amerikas traurigster Wicht,
Kennt dort darbende Arbeiter nicht,
Kennt nicht der Pinkertons helle Haufen,
Die der Schlotbaron billig kann kaufen!
Sicher hat Satan den Plan erdacht.
Als man Gompers zum Führer gemacht.
Die Milliardäre beruhigt beten,
Held Gompers schützt ja ihre Moneten.
Die Heringe sind in Norwegen so billig geworden, daß sie auf
Befehl Englands tonnenweise ins Meer geworfen werden, damit die
Deutschen sich den Magen daran nicht verderben.
Und werft ihr hundert Bomben,
Ihr tötet nicht das Licht,
Wohl könnt ihr Menschen morden.
Doch die Ideen nicht.
Sie werden wachsen, blühen.
Trotz blul'ger Reaktion,
Und endlich Früchte bringen,
Als heißer Arbeit Lohn.
Ihr Brüder, nicht verzaget,
Im großen Russenreich,
Ihr müßt das Ziel erreichen.
Wo alle Menschen gleich.
Die Gleichheit und die Freiheit,
Sie sind kein leerer Wahn,
Drum vorwärts, Brüder, vorwärts,
Auf eurer rauhen Bahn!
Wenn ick mir so denke, wie Wilson und Lloyd Schorsch de deitschen
Arbeiter befrei» wolln, dann muß ick mir freu» nn et als ’n jroßes
Jlick ansehn, bet Deutschland »ich an de Murmanküste liegt.
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Warnung.
Der Handel mit dem Ausland,
Der ist nun längst vorbei.
Dafür blüht recht im Osten
Die Königsmacherei.
Wenn es an solcher Ware
Der Welt auch nie gebricht —
Wir fürchten: sehr gewinnreich
Ist dieser Handel nicht.
Gar leichthin kann es kommen.
Wie man schon oft verspürt.
Daß solch gewagter Handel
Zu bösen Händeln führt. A. T.
Das Schicksal eines Ll-Boot-
Propheten.
Februar 1917.
„Meine Herren, wie ich aus bestunterrichteier
Quelle weiß von der leibhaftigen Cousine
des Portiers am Admiralstab —, wird Eng-
land am 1.August, mittags 12Uhr, durch unsere
U-Boote auf die Knie gezwungen sein!"
(StürmischesiHurra.)
August 1917.
„Meine Herren, sagte ich etwas vom 1. Au-
gust? Das ist ein Mißverständnis. Ich meinte
damals: ein dummer — August ist, wer nicht
einsieht, daß wir England bis zum Ende dieses
Jahres durch unsere U-Boote auf die Knie
zwingen werden." (Vereinzeltes Bravo.)
Februar 1918.
„Meine Herren, wie ich Ihnen aus Geheim-
berichten verraten kann, ist England — ganz,
wie ich es Ihnen prophezeit habe — bereits
auf die Knie gezwungen. Jetzt werden wir
es vollends auf die Schultern werfen. Spä-
testens im Herbst dieses Jahres —"
(Unruhe in der, Versammlung.)
Herbst 1918.
„Meine Herren, wie ich Ihnen aus meinem
Gespräch mit Kapitän Scherenschleifer Mittei-
len kann, wird England durch unsere U-Boote
bis zum Frühjahr-"
(Redner wird verprügelt und so am
Weitcrprophezeien gehindert.)
Lieber Jacob!
Du wirst Dir lebhaft wundern, det ick dieses
Jahr noch immer nich meine Erholungsreise
anjetreten habe. Ick unternehme ihr sonst in
de scheene Jahreszeit, aber uff dieses Natur-
ereignis habe ick bis jetz verjebenst jewartet.
Det Wetter hatte mir in den April jeschickt,
indem det wir bis in den September rin ejal
Aprilwetter jehabt haben. Aber ooch abjesehen
von de feuchten Niederschläje bejejente meine
Ferienreise noch mehrere andere Schattenseiten.
Im Mittelpunkt von det nazjonale Interesse
steht oogenblicklich der Nahrungspunkt, un et
versteht sich, det man sich bemiehen muß, seinen
Urlaub nach dieses noch unjcleeste Problem
einzurichten. Aber indem ick alle lebensmittel-
verdächtijen Jejeuden Deitschlands in Betrach-
tung zog, jelangte ick zu de Jberzeijung, det
man sich schon ziemlich weit von Berlin ent-
fernen muß, wenn man satt werden will. Die
hiermit verknipften Fahrpreise aber jraulten
mir von det Unternehmen ab. Denn ick muß
Dir jestehen, det ick jejenwärtig ieber keen
bares Jeld nich verfiejen tue. Un da uss de
Eisenbahn der jetz so beliebte barjeldlose Ber-
lehr leider noch nich einjefiehrt is, so mußte
ick schmerzlich dankend verzichten.
Aber leid hat et mir doch nich jetan, det
ick bei Muttern jeblieben bin. Denn wat ick in
de Zeitung von de diesjährije Sommerfrische
lese, kann mir nich bezaubern. Det finde ick
allens ooch in det von Bayern un Sachsen
mit Recht so beneidete Berlin. Zum Beispiel
jibt et in Thieringen een Mastsanatorium, wo
jeder Kriegsjewinnler for hundertfuffzig Mark
pro Dag iu vier Wochen uff zwee Zentner
Lebendjewicht.uffjemuntert wird. For diesen
x Zweck aber haben wir hier in Berlin eenfach
unsere städtische Massenspeisung. Allerdings
dauert de Mästung da 'n bißken länger, un
»ff zwee Zentner hat et bis jetz ooch der ieber-
zeijungstreieste Birjer noch nich janz jebracht,
aber dasor is hier ooch det Publikum besser,
et sind keene Millionenschieber nich mang,
sondern man is janz exklusiv unter sich. Un
jloobste, det mir villeicht een Kuruffenthalt in
de Alpen verlocken kennte? Wenn ick de vier
Treppen — un wat for welche! zu meine
Wohnung erklettert habe, denn blicke ick mit
verächtliches Hohnschmunzeln uff jeden Hoch-
touristen herab, verstehste! Wenn mir aber
am Ende eener mit Heringsdorf oder Zoppot
kommen will, denn zeije ick ihm bloß eenen
Topp Berliner Vollmilch, un er muß bewun-
dernd jestehen: blauer kann ooch det scheenste
Weltmeer nich sind! Also wat soll ick außer-
wärts, wo ick hier zu Hause allens ville'je-
diejener haben kann?
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Naüke,
'an'» Jörlitzer Bahnhof jleich links.
RediUltonüIchlus 16. Leptemver 1918.
Tauschhandel.
„Wir sollten nächsten Sonntag kopuliert werden und möchten Hochwürden
fragen, wie hoch die Kosten sein werden?"
„Ach, Leutl, zahlts fünf Pfund Butter und dann habt ihr den Segen/'
<s$ hobellpäne. LT
Neben der Rothaut Columbias
Sendet Herr Wilson uns sonst noch was:
Gompers der Große will es jetzt wagen,
Deutschland in tausend Fetzen zu schlagen.
Hört! Amerikas traurigster Wicht,
Kennt dort darbende Arbeiter nicht,
Kennt nicht der Pinkertons helle Haufen,
Die der Schlotbaron billig kann kaufen!
Sicher hat Satan den Plan erdacht.
Als man Gompers zum Führer gemacht.
Die Milliardäre beruhigt beten,
Held Gompers schützt ja ihre Moneten.
Die Heringe sind in Norwegen so billig geworden, daß sie auf
Befehl Englands tonnenweise ins Meer geworfen werden, damit die
Deutschen sich den Magen daran nicht verderben.
Und werft ihr hundert Bomben,
Ihr tötet nicht das Licht,
Wohl könnt ihr Menschen morden.
Doch die Ideen nicht.
Sie werden wachsen, blühen.
Trotz blul'ger Reaktion,
Und endlich Früchte bringen,
Als heißer Arbeit Lohn.
Ihr Brüder, nicht verzaget,
Im großen Russenreich,
Ihr müßt das Ziel erreichen.
Wo alle Menschen gleich.
Die Gleichheit und die Freiheit,
Sie sind kein leerer Wahn,
Drum vorwärts, Brüder, vorwärts,
Auf eurer rauhen Bahn!
Wenn ick mir so denke, wie Wilson und Lloyd Schorsch de deitschen
Arbeiter befrei» wolln, dann muß ick mir freu» nn et als ’n jroßes
Jlick ansehn, bet Deutschland »ich an de Murmanküste liegt.
Ihr getreuer Säge, Schreiner.
Warnung.
Der Handel mit dem Ausland,
Der ist nun längst vorbei.
Dafür blüht recht im Osten
Die Königsmacherei.
Wenn es an solcher Ware
Der Welt auch nie gebricht —
Wir fürchten: sehr gewinnreich
Ist dieser Handel nicht.
Gar leichthin kann es kommen.
Wie man schon oft verspürt.
Daß solch gewagter Handel
Zu bösen Händeln führt. A. T.
Das Schicksal eines Ll-Boot-
Propheten.
Februar 1917.
„Meine Herren, wie ich aus bestunterrichteier
Quelle weiß von der leibhaftigen Cousine
des Portiers am Admiralstab —, wird Eng-
land am 1.August, mittags 12Uhr, durch unsere
U-Boote auf die Knie gezwungen sein!"
(StürmischesiHurra.)
August 1917.
„Meine Herren, sagte ich etwas vom 1. Au-
gust? Das ist ein Mißverständnis. Ich meinte
damals: ein dummer — August ist, wer nicht
einsieht, daß wir England bis zum Ende dieses
Jahres durch unsere U-Boote auf die Knie
zwingen werden." (Vereinzeltes Bravo.)
Februar 1918.
„Meine Herren, wie ich Ihnen aus Geheim-
berichten verraten kann, ist England — ganz,
wie ich es Ihnen prophezeit habe — bereits
auf die Knie gezwungen. Jetzt werden wir
es vollends auf die Schultern werfen. Spä-
testens im Herbst dieses Jahres —"
(Unruhe in der, Versammlung.)
Herbst 1918.
„Meine Herren, wie ich Ihnen aus meinem
Gespräch mit Kapitän Scherenschleifer Mittei-
len kann, wird England durch unsere U-Boote
bis zum Frühjahr-"
(Redner wird verprügelt und so am
Weitcrprophezeien gehindert.)
Lieber Jacob!
Du wirst Dir lebhaft wundern, det ick dieses
Jahr noch immer nich meine Erholungsreise
anjetreten habe. Ick unternehme ihr sonst in
de scheene Jahreszeit, aber uff dieses Natur-
ereignis habe ick bis jetz verjebenst jewartet.
Det Wetter hatte mir in den April jeschickt,
indem det wir bis in den September rin ejal
Aprilwetter jehabt haben. Aber ooch abjesehen
von de feuchten Niederschläje bejejente meine
Ferienreise noch mehrere andere Schattenseiten.
Im Mittelpunkt von det nazjonale Interesse
steht oogenblicklich der Nahrungspunkt, un et
versteht sich, det man sich bemiehen muß, seinen
Urlaub nach dieses noch unjcleeste Problem
einzurichten. Aber indem ick alle lebensmittel-
verdächtijen Jejeuden Deitschlands in Betrach-
tung zog, jelangte ick zu de Jberzeijung, det
man sich schon ziemlich weit von Berlin ent-
fernen muß, wenn man satt werden will. Die
hiermit verknipften Fahrpreise aber jraulten
mir von det Unternehmen ab. Denn ick muß
Dir jestehen, det ick jejenwärtig ieber keen
bares Jeld nich verfiejen tue. Un da uss de
Eisenbahn der jetz so beliebte barjeldlose Ber-
lehr leider noch nich einjefiehrt is, so mußte
ick schmerzlich dankend verzichten.
Aber leid hat et mir doch nich jetan, det
ick bei Muttern jeblieben bin. Denn wat ick in
de Zeitung von de diesjährije Sommerfrische
lese, kann mir nich bezaubern. Det finde ick
allens ooch in det von Bayern un Sachsen
mit Recht so beneidete Berlin. Zum Beispiel
jibt et in Thieringen een Mastsanatorium, wo
jeder Kriegsjewinnler for hundertfuffzig Mark
pro Dag iu vier Wochen uff zwee Zentner
Lebendjewicht.uffjemuntert wird. For diesen
x Zweck aber haben wir hier in Berlin eenfach
unsere städtische Massenspeisung. Allerdings
dauert de Mästung da 'n bißken länger, un
»ff zwee Zentner hat et bis jetz ooch der ieber-
zeijungstreieste Birjer noch nich janz jebracht,
aber dasor is hier ooch det Publikum besser,
et sind keene Millionenschieber nich mang,
sondern man is janz exklusiv unter sich. Un
jloobste, det mir villeicht een Kuruffenthalt in
de Alpen verlocken kennte? Wenn ick de vier
Treppen — un wat for welche! zu meine
Wohnung erklettert habe, denn blicke ick mit
verächtliches Hohnschmunzeln uff jeden Hoch-
touristen herab, verstehste! Wenn mir aber
am Ende eener mit Heringsdorf oder Zoppot
kommen will, denn zeije ick ihm bloß eenen
Topp Berliner Vollmilch, un er muß bewun-
dernd jestehen: blauer kann ooch det scheenste
Weltmeer nich sind! Also wat soll ick außer-
wärts, wo ick hier zu Hause allens ville'je-
diejener haben kann?
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jelreier Jotthilf Naüke,
'an'» Jörlitzer Bahnhof jleich links.
RediUltonüIchlus 16. Leptemver 1918.