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9826

Die Heldentafel

And in gebührendem Abstand kamen
Die Hauptteute mit vollem Namen,

Die Oberleutnants und so weiter
Auf militärischer Stufenleiter;

Sogar ein Feldwebel-Leutenant
Fand in der Tafel 'nen Ankerstand....

Jüngst las ich eine „Heldentafel"

Don ellenlangem Wortgeschwafel:

Das Regiment Nummer soundso
Bedauert mit viel Ach und Oh
Die Tapferen, die das Regiment
Verlor und die es hier benennt —

Es hält für seine heiligste Pflicht,

Bevor es wie Deutschland zusammenbricht.
Der „Kameraden" zu gedenken,

Die man ins Feldgrab mutzte senken.

Die fern von Heimat, Weib und Kind
Auf dem „Feld der Ehre" gefallen sind

Bei diesen und jenen Kanonaden-

Dann folgten die Namen der „Kameraden".

Sie folgten? O nein, es existieren
Stets nur die Namen von Offizieren:

Wie einst im Leben ging hier vor
Ein regelrechter Herr Major.

(Bon den andern Stabsoffizieren allen
Kam jeder nach Hause, ist keiner gefallen.)

Dann kamen die Namen der Gemeinen?

Nein, lieber Leser, die hatten keinen!

Die tat man so kn ma88e beweinen.

Doch man geruhte, in anderthalb Zeilen
Der trauernden Mitwelt mitzuteilen,

Datz „autzer ihnen" (den Offizieren)

Dreitausend mutzten ihr Leben verlieren....

Ich fragte, als ich die Tafel gelesen:

Wer ist der traurige „Held" gewesen.

Der „Kamerad", der sich nicht geniert
And selbst die Toten nach Chargen sortiert?

Er sollte doch auf deutscher Erden

(In Marmor) ausgehauen werden! P.E.

Mahnung

Schlingt ihr nicht einanö wiederum die Hände
Zu brüderlichem gleichen, festen Eun,

Wird unser Werk für lange Zeiten ruhn,

Und was wir kühn erreichten, geht zu Ende.

2er Zwietracht Schlange frißt an unfern Herzen,
Und durch die Reihen schreitet stumm der Haß
Und schafft uns Ärgernis ohn' Unterlaß,
UndfchafftunsNotundpeinunöbittreSchmerzen.

Und draußen harrt der Zeind, der nimmermüde,
Ser Eag und Nacht auf stiller Lauer liegt,

Und trachtet, daß er uns zu Boden kriegt,

Wie er schon immer auf der Brust uns kniete.

von seiner Herrschaft Zinnen jäh gestoßen
9n schicksalsschwangercr Novembernacht,

Liegt er nun stündlich aus vergeltungswacht
Und wartet auf den „Augenblick, den großen".

Und du kannst nörgelnd zanken noch und streiten
Mit deinesgleichen, deutscher prolctar?

Siehst du sie nicht, die dräuende Gefahr,

2k schon sich mählich türmt von allen Seiten?

Lrum vorwärts! Legt die Zwietracht an die kette l
Einheit war immer unser Element!
vergeßt, was uns in unsrer Meinung trennt,
vaß sich das Werk, das große, heil'ge, rette!

Ernst Maar

Höllenfahrt

Es war für Bittermaiers arme Seele eine
böse Enttäuschung, als im Augenblick, wo sie
den Körper verließ, keiner von den erwarteten
Engeln, sondern ein hinkebeiniger Teufel sie
packte. Vergebens sträubte sie sich und schlug
vor, daß es ein höllischer Mißgriff sein müsse;
sie wurde dafür nur geschüttelt wie 'ne Ratte
vom Pinscher und sah sich genötigt, die un-
willkommene Fahrt anzutreten.

Unterwegs grübelte Bittermaier, wie das
wohl käme, daß ihm so was passiert sei. Er
entdeckte an sich als Mensch keine Fehler und
riet hin und her; schließlich stieg ihm der Ver-
dacht auf, er werde am Ende als treuer Ge-
folgsmann des Zentrums geholt. Da sauste
plötzlich etwas an ihnen mit lautem Geschrei
vorbei, aus dem man nicht klug werde»
konnte; es glich am ehesten noch einer Kette
von Kranichen.

„Nanu, was war das?" fragte Bittermaier
seinen Peiniger.

„Was das war, Freundchen? Das war
unser höllischer „O"-Zug mit einem Transport
Schieberseelen!" t

Immer derselbe

Am Schleifstein steht Äerr Clemenceau,
Am Schleifstein.

Er hetzt dabei und murrt und knurrt.

Der Funke sprüht. Der Schleifstein surrt.
Der Schleifstein.

Was schleift der wackre Clemenceau
Am Schleifstein?

Er schwitzt bereits. Er ist nicht faul —

Er schleift den Säbel und das Maul
Am Schleifstein.

Er wetzt und schimpft gar emsiglich
Am Schleifstein,

Wie er sein Leben lang gehetzt.

Wie er sein Leben lang gewetzt
Am Schleifstein... e

Lieber Wahrer Jacob!

Mein Freund Meyer ist einer von denen,
die nichts kaufen, ohne es siebenmal umzu-
tauschen, und die nichts verkaufen, ohne es
sechsmal zurückhaben zu wollen.

Neulich hatte er bei Salomon Blaulicht für
einen neusilbernen Teekessel, den er geerbt
hatte, neun Mark fünfzig bekommen. Nachher
Hörle er, daß dieser Teekessel bedeutend mehr
wert sei, und da verlangte er von Blaulicht,
daß er den Kauf rückgängig machen sollte.

„Gott der Gerechte," wetterte der Jude,
„der Teekessel is längst wieder verkaaft. Und
was sind Sie for ä Mensch! Ich glaub'. Sie
kommen eines Tages und schreien: Blaulicht,
geben Se mer meinen Kaper wieder!" t

Kriegsrat der Reaktionäre

„Bitte, halten auch Sie sich bereit, Exzellenz;
wir können Sie als Minister gebrauchen!"

„Meine Herren, ich bin doch kein Jüngling
mehr ... ich . . ."

„So? Sie tanzen aber noch auf Bällen, also
werden Sie auch nach unserer Pfeife tanzen
können!" _

Das Versprechen des Großsprechers

„Herrliche Zeiten" hat uns Wilhelm der
Schwertgewaltige bei seiner Thronbesteigung
verheißen. Man merkt so etwas wie eine Er-
füllung. Ich trage zum Beispiel
einen Anzug für 800 Mark,
ein Paar Schuhe für 105 Mark,
einen Hut für 66 Mark,
einen Spazierstock für 25 Mark,
eine Krawatte für 18 Mark,
einen Uberzieher für 600 Mark,
einen Kragen für 7 Mark,
ein Hemd für 45 Mark,
ein Paar Socken für 8 Mark,
ein Taschentuch für 2 Mark.

So geschwollen habe ich es mein Lebtag
nicht gegeben. In diesem Sinn: Es lebe der
Kaiser! Hurra! u
 
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