Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 38.1921

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6706#0196
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10322

+ Oppau +

Und wieder war's ein Unglückstag;
Mel Hundert wurden hingestreckk.
Und wieder war's ein Metterschlag,
Der alle Schläfer aufgeschreckt.

Und wieder liegen auf dem Feld
Biel fleiß'ge, wackre Arbeitsleute;

Im Dienste für das bißchen Geld
Des Todes allzufrühe Beute.

Und wieder bill'ges Mitleid Klagt
Und bill'ge Trauerfahnen weh'n.

Und wiederum das Pfäfflein sagt:
Gott weiß, warum er's ließ gescheh'n.
Der Leitartikel meldet zag:

Die deutsche Wirtschaft ist verwundet;
Hinausgeschoben ist der Tag
Noch weiter, da sie ganz gesundet.

Und drohend steigt die Frage auf:

Wer sorgte für der Opfer Schuh?

Wer gibt sein Leben hin zum Kauf
Nur für der andern Wohl und Nutz?

Wir fordern, ob's euch auch geniert,

Und ob die Reichen auch ergrimmen:

Wer so sein Leben mit-riskiert,

Der muß auch fürder mit-bestimmen!

Und immer lauter dröhnt der Ruf
Und schläft nun nimmer wieder ein:

Wer unsrer Wirtschaft Werte schuf,

Muß auch an ihrer Spitze sein.

Nicht Ehrgeiz ist es, was hier spricht, —

Es sind nur der Bernunft Gebote.

Berschließt euch länger ihnen nicht,

So ehrt ihr Lebende und Tote. Der Wahre Jacob

Das neue Programm

In Görlitz ward geschaffen
Das neue Panzerkleid,

„Ein' gute Wehr und Waffen"

Zu unser Feinde Leid.

Die Rüstung ward verbreitert
Trotz manchem Warnungsschrei —

Es hat sich ja erweitert
Der Körper der Partei.

Die einst von uns entfernet,

Ans angstvoll angestarrt.

Sie haben zugelernet
And sich zu uns geschart.

Wir sind nicht mehr geächtet,
„Objekt" der Politik —

Wir sind, die einst geknechtet,
Schutzherrn der Republik.

Wir schaffen mit im Rate
And wehr'n dem Antergang.

Doch, bau'n wir auch am Staate, —
Das Schwert blieb scharf und blank.

Im Lerzen blieb das echte.

Das alte Ideal:

Kampf für des Volkes Rechte
And Kampf dem Kapital! e.

Abrüstungsdebatte in Genf

Geehrte, Hochansehnliche, — Und Weiseste
und Mächtigste! — Wir prüften also lange
Tage - Die Säbel- und Kanonenfrage, — Ob
möglich es in diesen Zeiten, —: Daß wir dem
Rüsten ein Ende bereiten, — Geehrte, Hoch-
ansehnliche, — Die Antwort ist ein glattes
Nee! — Sie werden alle aus folgenden Grün-
den — In keinem anderen Sinne befinden: —
Es war ein Geschäftchen, milliardenumflossen,

— Wenn sich die Leute die Knochen zerschossen;

— Lyddit, Pikrin und Ekrasit, — Sie brachten
uns guten und sichern Profit. — Der Höllen-
qualm der giftigen Gase, — Uns stach er lieb-
lich in die Nase, — Wir zogen aus dem Massen-
grab — Gewinn, und dieses nicht zu knapp.

— Auf dies Geschäft soll'n wir verzichten?

— Soll'n friedlich unsre Händel schlichten? —
Auf daß das Volk nicht mehr bedrückt? —
Wir wären ja total verrückt!

Auch muß man dieses wohl beachten: —
Wer will sich nicht mehr lassen schlachten?

— Sind es die Männer der Moneten? — Es

sind, bedenkt es, die Proleten! — Der Mann
in Newcastle hat keine Interessen, — Kollegen
zu töten in Dortmund und Essen, — Und den
französischen Blusenmann — Wandelt unsere
Mordlust auch wenig an. — Die haben nur
alle das gleiche Bestreben: — In Ruhe und
Frieden zusammenzuleben, — Sind alle keine
Patrioten, — Mach' einer was mit solchen
Schloten! — Daß wir aber, wir! für ihre
Ziele — Bemühen sollten die Federkiele, —
Das geht nicht an, verehrte Gäste! — Wir
rüsten weiter, aber feste! — Denn für die
Völker, damit ihr's wißt, — Der Völkerbund
nicht errichtet ist! V.

Die Steuern der Lohenzollern

Das ist die neue Romantik
Vom heimlichen Kaiser im Land;
Verborgen ruhn und verzaubert
Zepter und Krondemant.

Die Steuern vom Laus Lohenzollern
Kein Sterblicher nahm sie je wahr.

Sie sind ja alle verzaubert
An zehn Millionen bar!

Sie schlafen an heimlichem Orte
And niemand sieht se nich.

Doch die Lerrn vom Finanzministerium
Die schlafen öffentlich.

Sie halten dem Kaiser die Treue,

Wie laut auch die neue Zeit pocht!
Warum? Ich darf es nicht sagen,

Sonst werde ich eingelocht!

Sie schlafen und harren der Stunde,

Die dem heimlichen Kaiser frommt, —
Vorausgesetzt, daß alles,

Daß alles nicht anders kommt. . . . w.

Ste wollen nicht

Spricht der Geheimrat: wie? Republikaner?

In meinem Bereich wird's jedenfalls kaaner!
Ich scher' mich den Oeuwel um alles Gebrüll,
was woll'n se denn machen, wenn i ch nich will
Und ich will nich!

Spricht der Staatsanwalt: Sie juchen nach Rappen,
Und wollenden Schulzund den Thplesjenklappen?
Ua nu weene man nich und halt' dich fein still,
Wat woll'n je denn machen, wenn ick nich will —
Und ick will nicht!

Spricht der Präzeptor: wir ßngen im stillen
(Doch kräftiglich) heil dirim Liegerkranz, Willem!
Und wenn die Regierung dar hören nicht will,
was will sie denn machen, wenn ich nicht will —
Und ich will nicht!

Spricht der Direktor: Sie woll'n sich sanieren?
woll'n ehrlich vor allen die Staatskonten führen?
Spaß! Lassen wir ihnen das kindliche Spiel!
was woll'n je denn machen, wenn ich nich will —
Und ich will nich!

Spricht der Profit, dar allmächtige Wesen:

Sie woll'n sich vom Jammer und Elend erlösen?
Oie Wohlfahrt des Volks sei dem Staate das Ziel?
was woll'n sie denn machen, wenn ich nicht will -
Und ich will nicht:

Tja! wenn sie nun alle, alle nicht wollen,

Dann ist wohl eben nichts zu wollen? - -
fld), liebe Genossen, probiert es doch mal
Und sorgt für andres Personal,

Uber gründlichst! W.

Aus Rußland

„So, Brüderchen, mein kleiner Sprößling
hat in den letzten Tagen sein erstes Wort ge-
sprochen?"

„Was sagte er denn?"

„Hunger!" M-
 
Annotationen