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Der wahre Jakob: illustrierte Zeitschrift für Satire, Humor und Unterhaltung — 38.1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.6706#0221
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10347

Llmquartierk

Lobelfpäne

Auch du Haft Stahlhelm-Leute?
Auch dir ist es zu wohl?

Du wirst des Terrors Beute,
„Auch du, mein Land Tirol?"

Du willst die Zukunft fristen
Vom aufgewärmten Kohl
Der Herren Monarchisten —
Auch du, mein Land Tirol?

Grölt erst durch deine Berge
Karlistisches Gejohl,

Zimmerst die eignen Särge
Auch du, mein Land Tirol. . .

Die Herren von Genf haben die gerechte Strafe empfangen: Wilson
hat ihnen ein begeistertes Sympathietelegramm gesandt.

Sowas kommt von sowas, Kinder!
Berolina steht verraten
Und jetzt sieht es auch ein Blinder:
Unser Zwist reift ihre Saaten.

Gebt euch lieber fest die Hände
Gegen Schreier, Hausagrarier,
Und dann seid ihr doch am Ende
Herrn Berlins, ihr Proletarier!

Nachdem Karl und Zita der Aufenthalt in der Schweiz unbequem geworden
ist, haben sie in Ungarn ein hoffentlich dauerndes Quartier gefunden.

Streicht es rot an im Kalender:

Alle jene Zwiespaltssünder

Sind des heil'gen Volksrechts Schänder —

Sowas kommt von sowas, Kinder!

*

„Ein-Mann, ein Wort," sagte Exkaiser Karl. „Da ich aber kein Mann
bin, brauche ich mein der Schweiz gegebenes Ehrenwort nicht zu halten."



Wirth hat sich nun doch entschlossen, die am Boden schleifenden Re-
gierungszügel wieder zu ergreifen. Darüber ruft ihm ein donnerndes

Hurra zu ^ein gejreuer @äge, Schreiner.

Sommicus

Willst du Minister in Preußen fein,
sichte mir folgender Regeln fein:

Benimm dich so schnoddrig wie irgendwie möglich,
Doch aalglatt dabei und recht zungenbeweglich,
verbindlich zur Rechten, hochnäsig zur Linken,
Und immer die Hand an verschiedenen Klinken, - -
Sann bist öu echt republikanisch,

Was heißen will — dominicanisch!

Willst du Minister in Preußen sein,

Wahre den republikanischen Schein!

Sei Mitglied, pro forma, bei den Demokraten,
Sie die Worte bejubeln und nimmer die Taten!
Dem Kanzler begegne mit höflichen Mienen,
slnsonsten bemühe dich, München zu dienen!

Ein Beispiel sei dir Hochgenuß:

Der Jesuit Dominicus! w.

Warum sind bte Kartoffeln so teuer?

Was macht dich der Kartoffelpreis — So
ärgerlich und siedeheiß? — Was schimpfst du,
daß du deine Schrippen — Nur noch in Wer-
mut dir kannst stippen? — Du mußt doch auch
vernünftig sein — Und nicht gleich Schweine-
wirtschaft schrein. — Wir wollen mal rechnen,
liebes Kind, — Auf daß du milde wirst ge-
stimmt. — Bedenke, was geheime Bünde —
Die junkerlichen Kassenspinde — An baren
Mitteln kosten tun, — Bleibt da dein fühlend
Herz immun? — So tadle nicht und nörgle
nicht, — Erfüll' die Konsumentenpflicht! —
Denn Tillessens und Schulzens Reisen — Sie
kosten Geld, man kann's beweisen! — Die Ehr-
hardt, Bischoff, Lüttwitz, Kapp, — Sie brauchen
Geld und nicht zu knapp. — Soll das der treue

Freund von Kappen — Aus eignem Porte-
monnaie berappen? — Drum: wenn sie die
Kartoffeln steigern, — Kannst du die Zahlung
nicht verweigern! — Bedenke auch bei Brot
und Korn — Die Propaganda für Haus Doorn
— Und daß sie viele Mittel frißt, — Woran
du auch beteiligt bist. — So kratz nicht immer
dir die Ohren, — Der du als Neppobjekt ge-
boren, — Vor allem, Mann der Republik, —
Erkenne den berühmten Trick: — Die Repu-
blik, da hilft kein flennen, — Darf keine bil-
ligen Preise kennen, — Man muß sie treiben
in wüstem Reigen, — Auf daß sie höher und
höher steigen! — Dann zieht der Vergleich
zwischen „damals" und jetzt, — Der jeden
Schafskopf hoch ergötzt, — Dann blühet der
Weizen der Hergt und Genossen, — Dann wird
auch mal wieder erfolgreich geschossen! w.

Lieber Jacob!

Also det mit de Stadtverorntenwahlen wäre
jlicklich jeschafft. Det rote Berlin hat uffjeheert
zu existieren, de sozialdemokratesche Mißwirt-
schaft is zu Ende, un de birjerliche Muster-
wirtschaft steht nischt mehr im Weje. Ick freie
mir wie'n Schneekeenig uff det, wat nu allens
kommen wird. Denn ick habe mir de Ver-
sprechungen der Demokraten,Volksparteiler un
Nationalisten janz jenau un wortjetrei uff-
notiert. Zuerst werden de Kosten for Jas, Elek-
trizität un Straßenbahn janz erheblich ver-
billigt werden. Ick warte druff. Denn soll der
städtesche Beamtenapparat eene empfindliche
Einschränkung erleiden, wodurch sich sejens-
reiche Ersparnisse zum Wähle der Birjerschaft
erjeben missen. Ick bin uff't heechste jespannt.
In de Schule soll wieder Jottesfurcht uff'n
Stundenplan jesetzt un de Jugend zu naive

Einfältigkeit erzogen werden. Ick jede mir de
beste Hoffnung hin. Det de Brot- un Fleesch-
un Kartoffel- un Zuckerpreise sinken un de
Steiern uff een Minimax runterschrumpfen
werden, versteht sich am Rande, un ick bin in
diese Hinsicht uff jede anjenehme Jberraschung
vorbereitet.

Inzwischen sind fimf Wochen verjüngen, un
schon riskieren de Nergler 'ne Lippe un meenen:
Et bleibt ja allens beim alten, de kommunalen
Ausjaben werden immer jreeßer, de Jnnahmen
immer kleener, de Preise steijen jenau so wie
frieher, un in bezug uff de jeistliche Wieder-
jeburt der Schuljugend sind noch keene jering-
sten Wahrnehmungen nich zu machen, de Rotz-
nesen jlooben noch immer nich an'n Storch, je-
schweije denn an de Jungfrau Maria.

Diesen unberechtigten Standpunkt kann ick
nicht billijen. Indem det in fimf Wochen noch
keene Versprechungen nich kennen jehalten wer-
den, sondern man erst Zeit haben muß, sich
von de Anstrengungen der Wahlkampanje zu
erholen un die durch de packenden un ieber-
zeijenden Wahlreden jeschwächten Jeisteskräfte
allmählich wieder zu sammeln. Diese Vorbe-
dingungen kennen aber nich in fimf Wochen
erledigt sind, sondern dazu sind mindestens
fimf Jahre erforderlich, un inzwischen werden
neie Wahlen stattjesunden haben un, .paß Ach-
tung, denn is det rote Berlin wieder da, un
de birjerliche Majorität is keene Zeit nich je-
lassen worden, uns det joldene Zeitalter zu
bescheren. Ick jehe de jreßte Wette ein, det et
so kommen wird, denn det Volk is ja zu un-
jebild't un hat keen Jnsehen nich, wo seine
wahren Fremde un sein wahret Jlick ver-
borjen sind.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

Rebaktionsschluß 1. November 1921
 
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