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•« 10406

Schertklaxxen-Politiker

Indes des armen Michel Aarren
Im abgrundtiefen Drecke steckt,

Ertönt Triumphgebrüll von Narren,
Das schier die Toten auferweckt:

„wir sahn das Unheil längst entstehen:
Schuld ist allein, daß ihr geblecht —
wenn wir jetzt alle untergehen,
Geschieht's euch recht."

Die Herren von der Rechten treiben
Mißbrauch mit unsres Volks Geduld,
Sie waschen sich die Hand und schreiben
Aufs linke Uonto ihre Schuld.

Sie spekulieren aufs Vergessen
Und decken sich mit dreistem Hieb —
Stets schrein die Diebe wie besessen:
galtet den Dieb!

wie's Deutschland geht, ist ihnen schnuppe:
Sie schürn das Feuer nur für sich
Und kochen dran die eigne Suppe
Und amüsiern sich „königlich".

Den Bogen stets sie überspannten;

Ls träumen noch von Urieg und Sieg
Die Tanten und die Dilettanten
Der Politik.

Die Republik zu schikanieren,

Ist jeden neuen Tags Gebot
Bei allen, die da rechts marschieren,

Bei allem, was da schwarzweißrot.

Sie sehn nicht, wie sie sich blamieren,

Sie treiben mit sich selber Spott
Und sie beweisen doch nur ihren —
Aarteibankrott. Der wahre Jacob

Die Arbeit

Du bist der junge, starke Wandersmann
Und gehst Jahrtausend schon die altgewohnten
Straßen.

Brach dir ein groher Meister sreie Bahn,

Daß die Gebilde seiner Schöpferhand dich^haffen?

Grob ist dein Kittel, wetterfest und grau —
Wa; schmäht der Mensch dich deiner schlichten
Klltagssarbe?

Strahlt denn der Himmel ewig blau in blau? —
Und gibt ein Zesttag »ms die körnerschwere
Garbe?

Dein Schritt ist Wucht und Dröhnen dein Gesang,
wie Stahl und Lisen deiner Augen hartes Blicken;
Und keine Macht hemmt deinen Stiirmerdrang,
Um sieggewohnt Jahrtausende zu überbriicken.

Doch wenn dein Zuß zu kurzer Rast verweilt,
Und stille Feierstunden sich im Mensch gestalten,
Dann fühlt er klar: Urkraft bleibt ungeteilt;
Und unaufhaltsam wirkt Naturgesetzes walten!

_ __ Hagen

Nachdenkliches

— Debbs ist „begnadigt" worden, nachdem
er drei Jahre Zuchthaus abgesessen. Sind es
aber auch die Richter, die seinerzeit das schur-
kische Urteil fällten??

— In Neukölln verbrannte die Jugend 30000
Schundbücher. Hoffentlich erlebt man auch noch
die Verbrennllng des Schundbuchs, das den
Versailler Friedensvertrag enthält.

— Gewisse Kreise wollen den Achtstunden-
tag abschaffen. Warum nicht? Nur müßte vor-
her der — Siebenstundentag eingeführt sein.

— Die Entente sucht täglich neue „Verfeh-
lungen" Deutschlands. Nächstens wird sie das
deutsche Volk anklagen, daß es in den —
Hungerstreik eingetreten sei.

— Aus den» Briefwechsel Willem-Hinden-
burg ergibt sich, daß ER nur Hindenburgs
Rat folgte, als er nach Holland ging. Warun»
hat er uns nicht gefragt? Wir hätten ihin
das schon vor dreißig Jahren geraten.

— Der beste Baronreter ist — der Dollar.
Sein Stand zeigt untrüglich, ob Niederschläge,
Sturm oder ruhiges Wetter bevorstehen, e.

Die siffäre Polneare

Neuaufgefunüene russische Dokumente beweisen eine wüste
Mache öes früheren Präsidenten PorncarL für den Krieg /
die Pariser bürgerliche Presse, die dies Treiben unterstützte,
nahm durch Vermittlung der französischen Negierung
russische Vestechungsgelder an.

Du nimmst öle Zeitung in Sie Hand
Und liest als Allerneustes:
poincari hetzt zu Mord und Brand,

Ein Bündel von Men beweist es.

Ci, sagst du dir Sa, wie die Welt heute steht,

Bst bas nun nichts Neues gerade,-

Doch daß es dem Lump an den Kragen geht,

Bst reizvoll ohne Zrage!

Vis plötzlich berichtigt der forschende Blick:

Die Sache, ste liegt ja zehn Jahre zurück!

Heut ist der oberwähnte Held

Natürlich der friedlichste Mensch von der Welt!

Und abermals nimmst du die Zeitung zur Hand
Und liest als Allerneustes:

Es läßt sich bestechen am Seinestrand
Die Presse-Bswolski beweist es!

Hier nun bemerkst du innerlich:

Was sind das für olle Kamellen!

Daß käuflich, weil ste bürgerlich,

Bst Usus bei jenen Gesellen!

Vis plötzlich berichtigt der forschende Blick:

Die Sache liegt gleichfalls zehn Jahre zurück!
Heut taucht seine Zeder Herr Eardieu
Natürlich nicht ins Portemonnaie! w.

Wie es sich erklärt

Ein Gewerkschaftsvertreter drückte einem
Geheimrat gegenüber sein Erstaunen aus, daß
zu den deutsch-polnischen Wirtschaftsverhand-
lungen von deutscher Seite keine geiverkschaft-
lichen Berater zugezogen »vorden seien, wäh-
rend den Polen gerade an der Mitarbeit ihrer
Arbeitervertreter viel lag. „Wie erklärt sich so
ctivas bloß, Herr Geheimrat?"

„Ja, sehen Sie," war die Antivort, „das ist
so gekommen: wir blamieren uns nach einem
bestimmten Gelegenheitsturnus durchschnittlich
alle vierzehn Tage einmal — diesmal waren
Sie die Leidtragenden!" W.

Potsdamer Kirchengebet

Die Potsdamer Geistlichkeit beschloß, in das Kirchengebet
den Satz aufzunehmen: „Stehe bei unserem geliebten
Kaiser, der in der Ferne ist!"

Wenn er wieder mal an Hinden-
Burgen schreibt, der Welt zu künden.
Daß er völlig harmlos sei:

Steh ihm bei!

Wenn er um die Pinkepinke
Greift zur hilfereichen Klinke
Freundlicher Zuristerei:

Steh ihm bei!

Wenn er wieder wünscht zu quasseln,
Sollst du nicht die Tour vermasseln
Ihm und seiner Volkspartei:

Stehe allen beiden bei!

Wenn er, um es kurz zu machen.

Will den heil'gen Krieg entfachen
Wider das, was jung und neu:

Steh ihm bei! w.

flchtung!

Radek verficht den Gedanken, dass Deutschland an Russland
eine Kriegsentschädigung zu zahlen habe.

Demuac!) scheint erwiesen, dass die Kassen
Sowjet-Russlands trübes ahnen lassen.

Gleichermassen lässt sich kaum verhehlen
Dass in Russland selbst nichts mehr zu stehlen.

Andrerseits will man in Frankreichs Bauen
An versproebneu Zinsen sich erbauen.

Kurz, man braucht sehr nötig im Mornang
Einen Lanner ä la Calleyrand.

Und schon naht er sich auf Gummisohlen,
Nennt sich Radek und hält sich empfohlen.

0, der Dame weckt Erinnerungen,

Und wir kennen diesen muntern Jungen!

Proletarier, stellt drum wachen aus,

wem» der Radek schleicht um euer Haus! w.
 
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