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10407 . -

In Doorn

„Sie kommen aus Deutschland, Herr Konsistorialrat. Wie steht's, darf
man für die Monarchie hoffen?"

„Alles steht in Gottes Hand, Herr Kollege."

„Wirklich? Steht's so schlimm?"

Äobelspäne

England, Deutschland, Frankreich wollen,
Statt zu rüsten und zu grollen,

Sich verständ'gen und verbünden —

Also tat man jüngst verkünden.

Prompt ertönte das Gelächter
Von der Bank der Lorbeer-Pächter.

Und des neuen Dreibunds Bild
Bleibt vom Pulverdampf verhüllt.

Und doch wird er einmal kommen.

Wenn Vernunft man angenommen,

Wenn die Völker sich regieren,

Statt sich selbst zu massakrieren.



Jagow stellte eine halbe Million Kaution für sich. Natürlich ist er
nur in seiner eigenen Einschätzung soviel wert.

k

Auf dem Hängeboden, auf dem Hängeboden
Gehn Gespenster herum —

Und wer davon höret,

Der lacht sich halt krumm.

Bei den Kommunisten, bei den Konununisten

Gibt es Rrrevolution

Und man liegt sich in den Haaren

Bon Geyer bis Cohn. G

Sie putschen — aufeinander!

Sie machen sich stumm.

Aus dem Hängeboden, auf dem Hängeboden
Gehn Gespenster herum. .. .

k

In Berlin verkauft man ein Pfund Kaviar für 6000 Mark. Diese
Käufer sollte sich das Volk mal „kaufen".

k

„Mir klappern de Zähne vor Kälte," klagte meine Aujuste im spar-
sam jeheizten Zimmer. „Nimm se raus!" riet ick, „dann hört das Klap-
pern auf!" Dein getreuer Säge, Schreiner.

Bündnis -

England-Frankreich-Deutschland

Sofern die Presse zuverlässig, — Jst's mit
erwähntem Bündnis Essig. — Man hält die
Idee für absurd in Paris, — Da Deutschland
bekanntlich der Erbfeind is. — So ist denn
zerflattert die schöne Vision, — Wir quälen
uns weiter als Kuli-Nation. — Doch kommt
die Geschichte mal wieder zur Sprache, — Dann,
Michel, dann stelle dich anders zur Sache, —
Und nimm mit entsprechender Rücksicht auf
Cannes — Verschiedene gute Lehren an.

Vor allem benimm dich und zeige Manie-
ren. — Wenn sie zum Salon, dem Pariser,
dich führen, — So zeig' dich gebildet und zeig'
dich galant — Und küsse Madame La France
die Hand — Und keine andere Körperstelle! —
Benimm dich, Michel, und sei helle!

In Londoner Klubs ist der Ton gewählt, —
Auch dieses sei dir nicht verhehlt. — Verstoß'
nicht wider die Kleidersitte, — Man hält dort
auf Dreß, auf Kleidung, bitte! — Du wählst
am besten für jenen Tag, — Diskret gestimmt,
den Kellnerfrack. — Damit man sieht: du bist
im Bilde! — Das stimmt—die hohen Herren
milde. — Ob sie zur Tafel bei Wein und Bra-
ten, — Mein guter Michel, dich werden laden,
— Gehört zu den knifflig-politischen Fragen,--
Laß schweigen dein Herz und vor allem den
Magen! — Und lädt man dich wirklich zu
einem Glas Wein, — So sollst du nicht gleich
vertraulich sein! — Zeig' dich nicht immer, wie
kürzlich, mein Jung, — Besoffen vor lauter
Begeisterung! — Der Kater, der dich nimmt
beim Wickel, — Wirkt lächerlich im Leitartikel!

Das alles, versteh' du mich richtig, sind
Lehren, — Die dir den Eintritt ins Bündnis
nicht wehren. — Es handelt sich nur, wie der

Wind jetzt weht, — Um Haltung und Beneh-
mität! — Vergiß auch im Bunde der Demo-
kratie — Die demokratische Tugend nie; — Die
Bundesbrüder links und rechts — Sind — Vor-
sicht! — kapitalist'schen Geschlechts — Und
Meister der Zunge und Meister der List, —
Vergiß nicht, daß du — Michel bist! — Vor
allen: aber laß dir raten: — Die andern, sie
haben bekanntlich Soldaten! — Und d», du
begeisterst dich leicht und sehr — Für Uni-
form und Schießgewehr! — Laß die Finger
davon! Nimm keinen Sold, — Auch wenn du
hungerst, um schäbiges Gold! — Und sperre
der besseren Einsicht dich nicht, — Daß in der
Welt es sengrig riecht! IV.

Lieber Jacob!

Der „Lokalanzeijer" hat neilich an alle jei-
stijen Fiehrer der Nazjion de Frage jerichtet:
„Warum jibt et keene jroßen Männer nich mehr
in Deitschland?" Da er mir aus unbekannte
Jrinde leider nich befragt hat, so sehe ick mir
jeneetigt, nieine Antwort hiemit in Deine je-
ehrten Spalten zu vereffentlichen.

Wenn wir heite in bezug uff jroße Männer
'n bißken klamm sind, denn liegt bet vor allem
daran, bet de republikanesche Reichsverfassung
verschiedene heilije Jieter beseitigt hat, die zu
de prompte Herstellung von jroße Männer not
wendig sind. Wenn zum Beispiel in friehere
Zeiten een Arnim oder Jtzenplitz zu alles ieb-
rije zu dämlich war, denn wurde er in de Ka-
dettenanstalt jestochen, un schon nach wenije
Jahre war er Jardeleitnant un een jroßer
Mann. Oder wenn selbst for diese Karriere de
jeisllichen Fähigkeiten nich ausreichten, denn
blieb er ruhig uff seine adelije Klitsche sitzen
nn wartete, bis er durch allerheechstes Ver-

trauen in't preißesche Herrenhaus berufen un
uff diesem nich unjewehnlichen Wege een jroßer
Mann wurde. Un wenn et schließlich weder
zu det eene noch zu det andere langte, denn
konnte er immer noch bei de Diplomatie an-
kommen un in Paris, London oder Petersburg
bei de Vorbereitung von Wilhelm'n seine herr-
liche Zeiten sich als jroßer Mann usftun. Det
allens jibt et heite nich mehr, weil ebent die
betreffenden heilijen Jieter in jewissenlose Weise
abjeschafft sind.

Im iebrijen aber sieht die Sache janich so
trostlos aus, wie der Lokalanzeijer meent. Wir
haben schon noch jroße Männer, bloß det wir
ihnen nich so deillich wahrnehmen wie frieher.
Denn erstens tragen se nich de Abzeichen, in-
dem det se ihre roten un schwarzen Adler in't
Spinde verstochen haben, wodurch den een-
fachen Mitbirjer de Meeglichkeet jenommen is,
ihnen aus die iebrijen Bouillonkeppe raus-
zufinden, un zweetens sind se nich ortsan-
wesend. Een Teil, zum Beispiel Holz un Jagow,
sitzt en't Kittchen, een anderer aber is nach
Holland oder Schweden jetirmt, weshalb wir
for ihre Jreeße nich de richtije Oogenmaß
mehr haben kennen, denn bekanntlich nimmt
de Jreeße mit de Entfernung von't menschliche
Ooge ab.

Un dadrum sage ick: siehrt wieder de Vor-
rechte des Adels un de Jarderegimenter un
de Kadettenanstalten un't preißesche Herren-
haus un de Piepveejel ein un sorgt dafor, det
Jagow un Hölz aus't Kittchen un Wilhelm
un Kapp aus't Ausland zurickkehren derfen,
— un wir werden jenau ebent so ville jroße
Männer in Deutschland haben wie frieher!

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'n Jörlitzer Bahnhof jleich links.

SKcfcalUcmf-ittjtuf; 9. Januar t 922.
 
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