10635 —
Astronomisches
Die totale Sonnenfinsternis erstreckt sich — dank Poinearös Politik —
auch auf Europa.
„Erntedankfest" steht
Konsorten.
Äobelspäne
Hakenkreuz und Sowjetstern
Fanden sich in Sachsen;
Ach, sie haben sich zu gern
Bei polit'schen Faxen.
Gilt's, dem Proletariat
Eins ans Bei» zu geben,
Sind sie sich in Rat und Tat
Eins auf Tod und Leben.
Wie sie triumphiern, uns freut's.
Jeder merkt die Schose:
Sowjetstern und Hakenkreuz
Sind wie Jack' und Hose!
★
im Kalender — natürlich nur für Stinnes und
*
Es grenzt ans Humoristische
Das eivige Couplet,
Die gröhlende ententistische
Finanzen-Heilsarmee.
Die lärmenden Heilsverkünder
Vernunft und Logik fliehn:
Es müssen die zahlenden Sünder
Erst auf der Bußbank knien.
Dann singt mit heißerer Kehle
Das brüllende Quartett:
„Schon wieder eine Seele
Gerettettettettet. .
*
Einst wurden die Brotwucherer in den Block geschlossen. Heute
werden sie vom „Bürgerblock" gehätschelt.
★
„Wat sagste zu der Einigung?" fragte mein Freund Ede freudig.
Ick sagte: „Meiner Meinung nach wird dies „Einigen" sicher „einigen"
Politikern sauer anfstoßen." Dein getreuer Säge, Schreiner.
Die Stimme aus dem Hintergründe
Zeitungsnotiz: „Die Gummierung der eng-
lischen Briefmarken findet jetzt nach hygieni-
schen Grundsätzen statt."
Da kann also Lloyd George mit gutem Ge-
wissen zu seinem Freund Poincarö sagen: „Du
kannst mir mal — die Briefmarke lecken!"
★
Zeitungsnotiz: „Beim Brand von Smyrna
kamen über fünfzigtausend Menschen um."
Da werden die Smyrnateppiche mit roter
Grundfarbe jetzt wohl billig werden.
★
Zeitungsnotiz: „Der Generalinspekteur der
französischen Artillerie hat erklärt, daß London
im Schußbereich der neuen französischen Ge-
schütze läge."
Hm. Das war wohl so ein kleiner Vor-
schuß auf die Zukunft der Entente?
★
Zeitungsnotiz: „Kaiser Wilhelm verkaufte
seine Memoiren an die Pariser Boulevard-
blätter."
Ja, wovon soll er sonst die teuren Tele-
gramme an seine Potsdamer und sonstige un-
entwegte Monarchisten bezahlen?
★
Zeitungsnotiz: „Die Astronomen haben die
totale Sonnenfinsternis von Java aus genau
beobachten können."
Ach, würde man sich doch ebensoviel Mühe
geben, den Gründen für die Verdunkelung des
deutschen Horizonts nachzuforschen!
*
Zeitungsnotiz: „Der frühere polnische Präsi-
dent Paderewskt wird wieder Pianist."
Aha. Er haut weiter auf die schwarzweiße»
(Tasten nämlich) los.
'Soll man?
Zur Rede des Genossen Sollmann auf dem
Augsburger Parteitag
And der große Weise spricht:
„Soll man, Sollmann? Soll man nicht?
Soll man .nationall betonen.
Trotz dem Mißbrauch von Kujonen,
Dividenden-Patriotcn,
Browniug-Lelde», Lurra-Knoten?
Soll man's still im Kerzen tragen.
Daß trotz allen Tagesplagen
Jenes Land das nächste Land,
Drin dereinst die Wiege stand.
Dessen Sprache man mal spricht?
Soll man, Sollmann? Soll man nicht?"
, E.
Lieber Jacob!
Et is een scheener Zug von Willem'n, bet
er sich entschlossen hat, sein verwaistes Volk
mit eene neie Landesmutter zu ieberraschen.
Seine jetreien Anhänger brauchen wat for ihr
Jemiet, verstehste, un nu reicht er se sozusagen
een neiet Jefäß dar, wo se ihre lange verhal-
tene monarchistische Notdurft drin verrichten
kennen. Det er dabei keene Rücksicht uff sein
ehrwirdijes Alter nich nimmt, is een erheben-
der Beweis von Jottvertrauen, der alle jlei-
bigen Christen imponieren muß. Ooch in diesen
Punkt heeßt et bei ihm wieder: Bis zum letzten
Hauch von Mann und Roß. Det er sich aber
sojar an eene Witwe rantraut, finde ick bei-
nahe iebertrieben tollkiehn, denn nach die per-
seenlichen Erfahrungen, die ick uff Witwen-
bällen jesammelt habe, muß ick sagen —. Aber
ick will lieber nischt sagen, denn et kann sind,
det diese Zeilen meine Olle in de Fingern
fallen. Im iebrijen jibt et sonne un sonne
Naturen, un meeglicherweise is diese jarnich
so, sondern stehlt sich anjenehm beriehrt, wenn
se sich keene weiteren ehelichen Strapazen nich
mehr auszusetzen braucht un jleich in de Flitter-
wochen Jroßniutterfreiden jenießen darf. Je-
denfalls wird de allerheechste Hochzeit een sehr
scheenes Fest werden un ick hoffe, det Willem
nich verjißt, de Ehrenjungfrauen alle inzuladen,
die bei de vorjährige Potsdamer Beisetzung
seiner ersten Unverjeßlichen mit so ville Jemiet
mitwirkten un ihre damalijen Weißjewaschenen
noch in't Spinde hängen haben. Ob die Neie
außer ihre vier Kinder wat hat, weeß ick nich,
aber det is ja ooch nich notwendig, denn
Willem is durch sein dankbaret preißeschet
Volk Jott sei Dank so jestellt, det er 'ne drei-
zehnkeppige Familie durchfuttern kann, un de
feindlichen Valutahonorare for seine „Erinne-
rungen" haben ihn ooch scheenen Kies in de
Molle jeschafft. Und wer weeß, ob ihn de Er-
lebnisse in seine neie Ehe nich Stoff zu eenen
zweeten Band „Erinnerungen" liefern, der vil-
leicht noch ville interessanter ausfallen kann
wie der erste. For uns Berliner aber erjibt sich
durch det freidije EreijniS die Frage: wat
machen wir jetz mit de hochselije Aujuste ihr
Standbild uff'n Rosenplatz in'n Tierjarten?
Ick bin nich dafor, det se ihr von't Postament
nehmen un de Neie rufsetzen, sondern ick em-
sehle Eberlein'n, een Jruppenbild auszuhauen,
wo beede in verschlungene Haltung druffstehen
mit die Inschrift: „De Liebe währet ewiglich,
bloß der Jejenstand ändert sich."
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörliher Bahnhof jleich links.
Zur gefälligen Beachtung!
Redaktionelle Einsendungen können in, Falle der
Richtannahme nur zurückgesand« werden, wenn Rück-
porto bcigefiigt ist! Die Redaktion
RedaktionSschluh g. Oktober 1922.
Astronomisches
Die totale Sonnenfinsternis erstreckt sich — dank Poinearös Politik —
auch auf Europa.
„Erntedankfest" steht
Konsorten.
Äobelspäne
Hakenkreuz und Sowjetstern
Fanden sich in Sachsen;
Ach, sie haben sich zu gern
Bei polit'schen Faxen.
Gilt's, dem Proletariat
Eins ans Bei» zu geben,
Sind sie sich in Rat und Tat
Eins auf Tod und Leben.
Wie sie triumphiern, uns freut's.
Jeder merkt die Schose:
Sowjetstern und Hakenkreuz
Sind wie Jack' und Hose!
★
im Kalender — natürlich nur für Stinnes und
*
Es grenzt ans Humoristische
Das eivige Couplet,
Die gröhlende ententistische
Finanzen-Heilsarmee.
Die lärmenden Heilsverkünder
Vernunft und Logik fliehn:
Es müssen die zahlenden Sünder
Erst auf der Bußbank knien.
Dann singt mit heißerer Kehle
Das brüllende Quartett:
„Schon wieder eine Seele
Gerettettettettet. .
*
Einst wurden die Brotwucherer in den Block geschlossen. Heute
werden sie vom „Bürgerblock" gehätschelt.
★
„Wat sagste zu der Einigung?" fragte mein Freund Ede freudig.
Ick sagte: „Meiner Meinung nach wird dies „Einigen" sicher „einigen"
Politikern sauer anfstoßen." Dein getreuer Säge, Schreiner.
Die Stimme aus dem Hintergründe
Zeitungsnotiz: „Die Gummierung der eng-
lischen Briefmarken findet jetzt nach hygieni-
schen Grundsätzen statt."
Da kann also Lloyd George mit gutem Ge-
wissen zu seinem Freund Poincarö sagen: „Du
kannst mir mal — die Briefmarke lecken!"
★
Zeitungsnotiz: „Beim Brand von Smyrna
kamen über fünfzigtausend Menschen um."
Da werden die Smyrnateppiche mit roter
Grundfarbe jetzt wohl billig werden.
★
Zeitungsnotiz: „Der Generalinspekteur der
französischen Artillerie hat erklärt, daß London
im Schußbereich der neuen französischen Ge-
schütze läge."
Hm. Das war wohl so ein kleiner Vor-
schuß auf die Zukunft der Entente?
★
Zeitungsnotiz: „Kaiser Wilhelm verkaufte
seine Memoiren an die Pariser Boulevard-
blätter."
Ja, wovon soll er sonst die teuren Tele-
gramme an seine Potsdamer und sonstige un-
entwegte Monarchisten bezahlen?
★
Zeitungsnotiz: „Die Astronomen haben die
totale Sonnenfinsternis von Java aus genau
beobachten können."
Ach, würde man sich doch ebensoviel Mühe
geben, den Gründen für die Verdunkelung des
deutschen Horizonts nachzuforschen!
*
Zeitungsnotiz: „Der frühere polnische Präsi-
dent Paderewskt wird wieder Pianist."
Aha. Er haut weiter auf die schwarzweiße»
(Tasten nämlich) los.
'Soll man?
Zur Rede des Genossen Sollmann auf dem
Augsburger Parteitag
And der große Weise spricht:
„Soll man, Sollmann? Soll man nicht?
Soll man .nationall betonen.
Trotz dem Mißbrauch von Kujonen,
Dividenden-Patriotcn,
Browniug-Lelde», Lurra-Knoten?
Soll man's still im Kerzen tragen.
Daß trotz allen Tagesplagen
Jenes Land das nächste Land,
Drin dereinst die Wiege stand.
Dessen Sprache man mal spricht?
Soll man, Sollmann? Soll man nicht?"
, E.
Lieber Jacob!
Et is een scheener Zug von Willem'n, bet
er sich entschlossen hat, sein verwaistes Volk
mit eene neie Landesmutter zu ieberraschen.
Seine jetreien Anhänger brauchen wat for ihr
Jemiet, verstehste, un nu reicht er se sozusagen
een neiet Jefäß dar, wo se ihre lange verhal-
tene monarchistische Notdurft drin verrichten
kennen. Det er dabei keene Rücksicht uff sein
ehrwirdijes Alter nich nimmt, is een erheben-
der Beweis von Jottvertrauen, der alle jlei-
bigen Christen imponieren muß. Ooch in diesen
Punkt heeßt et bei ihm wieder: Bis zum letzten
Hauch von Mann und Roß. Det er sich aber
sojar an eene Witwe rantraut, finde ick bei-
nahe iebertrieben tollkiehn, denn nach die per-
seenlichen Erfahrungen, die ick uff Witwen-
bällen jesammelt habe, muß ick sagen —. Aber
ick will lieber nischt sagen, denn et kann sind,
det diese Zeilen meine Olle in de Fingern
fallen. Im iebrijen jibt et sonne un sonne
Naturen, un meeglicherweise is diese jarnich
so, sondern stehlt sich anjenehm beriehrt, wenn
se sich keene weiteren ehelichen Strapazen nich
mehr auszusetzen braucht un jleich in de Flitter-
wochen Jroßniutterfreiden jenießen darf. Je-
denfalls wird de allerheechste Hochzeit een sehr
scheenes Fest werden un ick hoffe, det Willem
nich verjißt, de Ehrenjungfrauen alle inzuladen,
die bei de vorjährige Potsdamer Beisetzung
seiner ersten Unverjeßlichen mit so ville Jemiet
mitwirkten un ihre damalijen Weißjewaschenen
noch in't Spinde hängen haben. Ob die Neie
außer ihre vier Kinder wat hat, weeß ick nich,
aber det is ja ooch nich notwendig, denn
Willem is durch sein dankbaret preißeschet
Volk Jott sei Dank so jestellt, det er 'ne drei-
zehnkeppige Familie durchfuttern kann, un de
feindlichen Valutahonorare for seine „Erinne-
rungen" haben ihn ooch scheenen Kies in de
Molle jeschafft. Und wer weeß, ob ihn de Er-
lebnisse in seine neie Ehe nich Stoff zu eenen
zweeten Band „Erinnerungen" liefern, der vil-
leicht noch ville interessanter ausfallen kann
wie der erste. For uns Berliner aber erjibt sich
durch det freidije EreijniS die Frage: wat
machen wir jetz mit de hochselije Aujuste ihr
Standbild uff'n Rosenplatz in'n Tierjarten?
Ick bin nich dafor, det se ihr von't Postament
nehmen un de Neie rufsetzen, sondern ick em-
sehle Eberlein'n, een Jruppenbild auszuhauen,
wo beede in verschlungene Haltung druffstehen
mit die Inschrift: „De Liebe währet ewiglich,
bloß der Jejenstand ändert sich."
Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,
an'n Jörliher Bahnhof jleich links.
Zur gefälligen Beachtung!
Redaktionelle Einsendungen können in, Falle der
Richtannahme nur zurückgesand« werden, wenn Rück-
porto bcigefiigt ist! Die Redaktion
RedaktionSschluh g. Oktober 1922.