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10668

*£) 6in Xroft cs?

(Oie Staatsanroaltkbaft Stuttgart klagte den „wahren Jacob“ wegen Aufreizung zum Mallenhah an.)

Die unterirdifcben Gemalten
Rumoren stärker jetzt als je.

Die fast geduckten Mordgestalten,

Sie recken neu fiel) in die tzöh.

Don künffgen putschen wird geredet;
Da ziemt wohl ein energisch Tun.
Getrost! Der — Jacob“ ward befehdet
ln Stuttgart nun_

Die Reaktion bläst die Fanfare,

Die in Europas Obren gellt.

6s macht die nöt’gen Kommentare
Zu ihrer Frechheit alle Welt.

Gebietet diesem zTTJertreibe
Der Darren keiner gründlich halt?
Getrost! Dem — Jacob“ geht zu Leibe
Der Staatsanwalt.

Die Teurung würgt uns an der kehle.

Das Sattfein ward zum schönen Traum.
Der Junker hängt, die fromme Seele,

Den Brotkorb hoch, man sieht ihn kaum,
was tut’ö, wenn uns der Wucher schröpfet
ln täglich wechselnder Gestalt,
wenn nur —den „wahren Jacob“ köpfet
Der Staatsanwalt??

Man hört nicht viel von wucherstrafen,
Dom Schutzkampf gegen Betzerbrut.

Doch ist die Macht der Paragraphen
Doch immer gegen — Sozis gut.

Dort wird der Klaffenhatz gefchüret
(Dicht, wo man wuchert, hetzt und knallt!)
— So hat es wenigstens dozieret

Der Staatsanwalt. Oer wahre Jacob

Das Anglück

Wie ein Lauffeuer hatte sich die Nachricht
von dem Mordanschlag auf den Reichskanzler-
verbreitet.

Am Honoratioren-Stammtisch herrschte Be-
stürzung. Herr Oberstudienrat Müller sagte:
„Meine Herren, das ist abermals ein großes
Unglück für Deutschland!"

„Gewiß, es ist ein Unglück," erwiderte Herr
Oberstleutnant a. D. von Rasselschwert, „aber,
meine Herren, trösten wir uns mit der Er-
fahrungstatsache, daß überall mal ausgeplau-
dert wird."

Der Rechtsputsch

Es ist natürlich ausgeschlossen, daß der
deutsch-völkische Hetzpfaffe Wangemann auf
der bekannten Radanveranstaltung im Zirkus
Busch den vielumstrittenen Satz: „Die Novem-
ber-Demokraten werden bei dem Rechtsputsch
im kommenden März sehr schnell Monarchisten
werden" sich hat leisten können.

Das Datum des Rechtsputsches ist vorläufig
vollkommen ungewiß. Die. Bevölkerung, deren
Verlangen nach Gewißheit an sich verständ-
lich ist, möge sich gedulden, sie wird nach voll-
zogenem Putsch unverzüglich von der Tatsache
in Kenntnis gesetzt werden.

Höchst unwahrscheinlich ist, daß Wangemann
gesagt haben kann, die Demokraten würden
im fraglichen Fall sehr schnell Monarchisten
werden. Er ist doch immerhin Politiker genug,
um zu wissen, daß sie noch viel schneller
Monarchisten werden würden! w.

Unbegreiflich

Herr Knöpflein ist glühender Reaktionär
und Monarchist. Neulich hört er in einein
Kaffeehaus, wie am Nebentisch jemand auf
Ludendorff schimpft. Da seufzt der Wackere:
„Und solch ein Mensch wird nicht wegen
Gotteslästerung bestraft!"

Der.Äerr der Welt
In der ersten Religionsstunde will der Lehrer
hören, ob den kleinen Schülern der Begriff
„Gott" schon geläufig sei. „Na, Kinder, sagt
mal, wer ist denn der Herr der Welt?"
Ein Stimmchen: „Herr Lehrer, der Dollar!"

Barbaren

„Denke dir," sprach die Frau Gutsbesitzer
zu ihrem Manne, „ich habe in der Zeitung ge-
lesen, daß viele Kinder in den Städten dahin-
siechen, weil sie keine Milch bekomnien."

„Die Städter sind eben die reinen Bar-
baren, sprach der Gutsbesitzer. „Sie lassen die
Kinder lieber umkommen, als daß sie uns einen
angeniesseneu Preis für die Milch bezahlen."

Triftiger Grund

„Die Monarchie muß wiederkommen! Ich
bin geistig zu unbedeutend, um in der
Republik eine Rolle spielen zu können.

Nachklänge

zum Rathenau-Mörder-'Prozeß

Aus dein Zuschauerraum des Reichsgerichts
wurde der Sohn des Reichsgerichtsrats
Di-. Voigt gewiesen, weil er mit einem Haken-
kreuz geziert war. Aber warum denn!? Der
Junge wollte doch nur die Erziehungserfolge
seines Erzeugers demonstrieren!

*

Während des Prozesses trieb sich der Helffe-
rich-Blumenstraus-Überbringer Werner Flesch
an den Pressetischen herum. Darob zur Rede
gestellt, behauptete das teutschvölkische Bürsch-
chen, für südamerikanische Zeitungen zu schrei-
ben. Immer feste druff! Wer beabsichtigt, „Er-
innerungen" zu schreiben, übt sich beizeiten —
für Dollarika! Nur uns soll er damit ver-
schonen! *

DieGeneralsgöhre Unterprimanerv.Stuben-
rauch, Mitglied des „Bundes der Aufrechten"
(„aufrecht" noch nach nrindestens der dritten
Pulle, daher der Name!), berief sich bei seiner
Bernehmung auf das „Testament Friedrichs
des Großen", das er in teutschvölkischem Sinne
dahin verstand: Ein Jude wie Rathenau mußte
als „Schädling" „erledigt" werden.

Daß beim alten Fritzen „jeder nach seiner
Fasson selig werden" konnte, davon scheint das
Generalsbaby nichts zu wissen. Ist auch nicht
zu verlangen; has lernt er sicher erst als —
Oberprimaner ^

Bei Tillessen und einigen anderen dunklen
Existenzen hatte der Oberreichsanwalt „Ehr-
verlust" beantragt. Wir sind der Ansicht, daß
bei Tillessen, diesem Ritter vom Hakenkreuz,
der sich unsterblich gemacht hat durch den klas-
sischen Ausspruch: „Das ist mein Brüderchen,
der hat das erste Schwein gekillt," der An-
trag auf „Ehrverlust" überflüssig war. Denn
wo nichts ist, haben selbst — die Paragraphen
ihr Recht verloren. E. f. v. g.
 
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