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Moderne Kühe
„Das waren früher Milchkühe. Jetzt geben sie nur noch Schlagsahne
und Butter zu 600 Mark das Pfund."
Wie die „Äubbäuerin" an Deutschlands
Aufbau schaffen hilft.
„Das sag ich euch, daß mir heut ain Herr-
gottstag bi der Prozession von mine Völker
keins fehlt. Bete müesse mir alli zum liebe
Gott, daß er uns a gsegnets Johr schenkt;
daß mir au recht Sach abliefere un am Us-
bau vom Heimatland tüchtig mithelfe könne!"
So ließ sich die festlich geschmückte Bäuerin
von der „Hub" in der Frühe des Fronleich-
namtages auf ihrem Hof vernehmen. Dann
wanderte sie selbst das Tal hinunter der Kirche
zu. Im Zuge der Prozession, der dann bald
und betend durch die Fluren wandelte, stellte
ihre rundliche, in Taffet, farbiges Seidenhals-
tuch und goldgestickte Haube gekleidete Gestalt
nicht nur Andacht und Frömmigkeit, sondern
auch Wohlhabenheit dar.
Ausflügler aus der nahen Stadt zogen vor-
bei. Ein Blick voll Entrüstung entflog der
Hubbäuerin.
„Die dort drübe könne au nix, as unserm
Herrgott den Feiertag verungenieren, un am
Werktig wolle se nur acht Stund schaffe un
a Haufe Geld derfür han. Nachher soll unser-
einer sich der Mundvel am Mul abschpare
un alles abliefere für die paar Märkle. M'r
tnet's ja numme dene arme Kinder z'lieb, de
alti Fulenzer sin's nit wert. Un no müesse ni'r
eba doch au z'sammehalte im Land!" Also
flüsterte sie, ihren Rosenkranz unterbrechend,
ihrer Nachbarin zu. ^
„Die Hubbäuerin hat die besten Kühe der
ganzen Umgebung. Es ist einfach nicht denk-
bar, daß von ihr eine solch gehaltlose Milch
abgeliefert wird." So sprach eines Tags der
Vorsteher der Verteilungsstelle im Städtchen
zum Gendarm. „Sie versichert hoch und teuer
bei allen Heiligen, daß sie von ihren Kühen
keine andere Milch bekomme und unverändert
abliefere. Ich schlage vor, die Bäuerin in
meiner Anwesenheit eine Melkung zur Probe
vornehmen zu lassen," meinte der Mann des
Gesetzes.
„Bei Jesus Christus, wie kann m'r mir
nur au mit so ebbis kumma, aber woll, do
lueget nu zua, i will Euch's zeige." So keifte
die Bäuerin den Hüter an und setzte sich
auf den Melkstuhl. Eifrig zog sie die Zitzen-
„Gute Verrichtung" wünscht der Mann der
Ordnung.
Brummend über den mißtrauischen Wächter
verrichtet die Bäuerin ihr Werk. Plötzlich ein
Klatsch. Eine Flasche war den Falten des
Kleides der Bäuerin entgleitet, lag, noch etwas
Wasser ergießend, zerbrochen auf dem Boden.
Der größere Teil des Wassers hatte unter dem
Schutz der Röcke der Melkerin, unbemerkt von
den Augen des Gesetzes, schon den Weg in
den Melkkübel gefunden! „Drei heilige Messe
loß i lese für Eueri tote Frau, un will au
sunscht brav mithelfe am guete Werk zum Uf-
bau, wenn'r nii nit verrate," schmeichelt die
Erwischte den Beamten an. Doch dieser tut
seine Pflicht.
ES ist halt eine schlechte Zeit für fromme
Leut! _ J.B.
fllter Spruch
ven 6e!rha!s und ein kettes Schwein
Schaut man im Toll erst nützlich lein.
Der Sund für Ordnung und Zreiheit
Eine neue Tragikomödie
Gastspiel des deutschen Affentheaters
in den Kammerspielen des Zirkus Busch.
Personen:
Herr Laverrenz.
Herr Wangemann, Gottesstreiter und Antisemit.
Die Dummheit.
Das deutsche Volk.
(Anschwellende Volksbewegung. Sprechchöre in feier-
lichem Rhythmus: »Es lebe Werner Techow!"—„Juden
raus!" — „Judenblut mutz fließen!"
Wangemann:
Baß freut mein christliches Pastorenherz
Der Jubelruf des nahenden Pogroms!
Und fürchtet nicht, daß euch Malheur passiert!
Der „Wahre Jacob", deutsche Mannen, ward
Des Klassenhasses angeklagt in Stuttgart —
Uns wird, die wir den Rassenmord goutieren.
Kein Staatsanwalt vor sein Gericht zitieren!
Laverrenz:
Einwohnerwehren, Grenzschutz-, Stahlhelm-
bünde,
Frontkämpfertruppen, Orgeschgruppen auch
Von A bis Z, das ganze Alphabet
Politischer Analphabetenbünde
Ward aufgelöst. . .. Denn irgendein Gesetz
Zum Schutz der Republik. . .
(Stürmische Heiterkeit)
.. . verbietet sie!
Was meint ihr, Herren, was uns retten könnte?
Ich will euch künden, wie man Dinger dreht:
Ein Mißverständnis nur der Herren Kopsch
Und Or. Pfeiffer kann allein uns retten.
Holt beide Herren schleunigst in den Vorstand!
Der eine ist ein Demokrat, er wird
Aus Neigung und politischem Gebrauch
Zu Mißverständnissen bereit sich finden!
Der andre, eine Zentrumsleuchte und
Mit hohen Würden angetan des Reichs,
Er wird, je nun, geschickter sich und klüger
Doch gleichfalls gern ins Mißverständnis finden.
Und Polizei- und sonstige Behörden
Sie werden auf den Leim wie Vögel gehen!
Ein anderer Drahtzieher:
Zu diesem Spiel jedoch bedürfen wir
Verständnisvoller Hilfe treuer Freunde. . .
Die Dummheit:
Die Dummheit ist, wie immer, euch gewiß,
Vertraut, wie stets, ihr Herrn, auf Moskaus
Fahnen!
Laverrenz:
Nun aber du, mein deutsches Volk, wirst du
Gleichfalls in alter Treue deine Rolle,
Die wichtigste, im neuen Spiele spielen?
Das deutsche Volk:
Bedarf's derFrage? Selbstverständlich werd'ich
Wie stets, ihr Herren — schlafen meinen Schlaf!
Ich will euch hindernd nicht im Wege stehen.
Bewahre, nee, denn ich will schlafen gehen!
Will Laverrenz und Wangemann nicht kennen,
Gut ist und süß der Schlaf, ich werde pennen!
Sucht ihr euch neue Fürsten und Monarchen
Und laßt mich düsen,Kinder,laßt mich schnarchen!
An hebt das Spiel, das sehr verheißungsvolle,
Gebt mir die Rolle meiner Schlummerrolle!
.. w.
Starker Toback
Spät nachts läutet es heftig an der Nacht-
glocke des Arztes.
Endlich streckt er seinen verschlafenen Kopf
aus dem Fenster: „Was ist denn los?"
Unten steht eine bedenkliche Gestalt und
schreit: „Rasch, rasch! Meine Olle leidet an
schwerer Nikotinvergiftung!"
„Warum lassen Sie sie denn so viel rauchen?"
„Quatsch. Sie hat ja gar nicht geraucht. Ick
habe ihr bloß kräftig — vertobackt!"
Moderne Kühe
„Das waren früher Milchkühe. Jetzt geben sie nur noch Schlagsahne
und Butter zu 600 Mark das Pfund."
Wie die „Äubbäuerin" an Deutschlands
Aufbau schaffen hilft.
„Das sag ich euch, daß mir heut ain Herr-
gottstag bi der Prozession von mine Völker
keins fehlt. Bete müesse mir alli zum liebe
Gott, daß er uns a gsegnets Johr schenkt;
daß mir au recht Sach abliefere un am Us-
bau vom Heimatland tüchtig mithelfe könne!"
So ließ sich die festlich geschmückte Bäuerin
von der „Hub" in der Frühe des Fronleich-
namtages auf ihrem Hof vernehmen. Dann
wanderte sie selbst das Tal hinunter der Kirche
zu. Im Zuge der Prozession, der dann bald
und betend durch die Fluren wandelte, stellte
ihre rundliche, in Taffet, farbiges Seidenhals-
tuch und goldgestickte Haube gekleidete Gestalt
nicht nur Andacht und Frömmigkeit, sondern
auch Wohlhabenheit dar.
Ausflügler aus der nahen Stadt zogen vor-
bei. Ein Blick voll Entrüstung entflog der
Hubbäuerin.
„Die dort drübe könne au nix, as unserm
Herrgott den Feiertag verungenieren, un am
Werktig wolle se nur acht Stund schaffe un
a Haufe Geld derfür han. Nachher soll unser-
einer sich der Mundvel am Mul abschpare
un alles abliefere für die paar Märkle. M'r
tnet's ja numme dene arme Kinder z'lieb, de
alti Fulenzer sin's nit wert. Un no müesse ni'r
eba doch au z'sammehalte im Land!" Also
flüsterte sie, ihren Rosenkranz unterbrechend,
ihrer Nachbarin zu. ^
„Die Hubbäuerin hat die besten Kühe der
ganzen Umgebung. Es ist einfach nicht denk-
bar, daß von ihr eine solch gehaltlose Milch
abgeliefert wird." So sprach eines Tags der
Vorsteher der Verteilungsstelle im Städtchen
zum Gendarm. „Sie versichert hoch und teuer
bei allen Heiligen, daß sie von ihren Kühen
keine andere Milch bekomme und unverändert
abliefere. Ich schlage vor, die Bäuerin in
meiner Anwesenheit eine Melkung zur Probe
vornehmen zu lassen," meinte der Mann des
Gesetzes.
„Bei Jesus Christus, wie kann m'r mir
nur au mit so ebbis kumma, aber woll, do
lueget nu zua, i will Euch's zeige." So keifte
die Bäuerin den Hüter an und setzte sich
auf den Melkstuhl. Eifrig zog sie die Zitzen-
„Gute Verrichtung" wünscht der Mann der
Ordnung.
Brummend über den mißtrauischen Wächter
verrichtet die Bäuerin ihr Werk. Plötzlich ein
Klatsch. Eine Flasche war den Falten des
Kleides der Bäuerin entgleitet, lag, noch etwas
Wasser ergießend, zerbrochen auf dem Boden.
Der größere Teil des Wassers hatte unter dem
Schutz der Röcke der Melkerin, unbemerkt von
den Augen des Gesetzes, schon den Weg in
den Melkkübel gefunden! „Drei heilige Messe
loß i lese für Eueri tote Frau, un will au
sunscht brav mithelfe am guete Werk zum Uf-
bau, wenn'r nii nit verrate," schmeichelt die
Erwischte den Beamten an. Doch dieser tut
seine Pflicht.
ES ist halt eine schlechte Zeit für fromme
Leut! _ J.B.
fllter Spruch
ven 6e!rha!s und ein kettes Schwein
Schaut man im Toll erst nützlich lein.
Der Sund für Ordnung und Zreiheit
Eine neue Tragikomödie
Gastspiel des deutschen Affentheaters
in den Kammerspielen des Zirkus Busch.
Personen:
Herr Laverrenz.
Herr Wangemann, Gottesstreiter und Antisemit.
Die Dummheit.
Das deutsche Volk.
(Anschwellende Volksbewegung. Sprechchöre in feier-
lichem Rhythmus: »Es lebe Werner Techow!"—„Juden
raus!" — „Judenblut mutz fließen!"
Wangemann:
Baß freut mein christliches Pastorenherz
Der Jubelruf des nahenden Pogroms!
Und fürchtet nicht, daß euch Malheur passiert!
Der „Wahre Jacob", deutsche Mannen, ward
Des Klassenhasses angeklagt in Stuttgart —
Uns wird, die wir den Rassenmord goutieren.
Kein Staatsanwalt vor sein Gericht zitieren!
Laverrenz:
Einwohnerwehren, Grenzschutz-, Stahlhelm-
bünde,
Frontkämpfertruppen, Orgeschgruppen auch
Von A bis Z, das ganze Alphabet
Politischer Analphabetenbünde
Ward aufgelöst. . .. Denn irgendein Gesetz
Zum Schutz der Republik. . .
(Stürmische Heiterkeit)
.. . verbietet sie!
Was meint ihr, Herren, was uns retten könnte?
Ich will euch künden, wie man Dinger dreht:
Ein Mißverständnis nur der Herren Kopsch
Und Or. Pfeiffer kann allein uns retten.
Holt beide Herren schleunigst in den Vorstand!
Der eine ist ein Demokrat, er wird
Aus Neigung und politischem Gebrauch
Zu Mißverständnissen bereit sich finden!
Der andre, eine Zentrumsleuchte und
Mit hohen Würden angetan des Reichs,
Er wird, je nun, geschickter sich und klüger
Doch gleichfalls gern ins Mißverständnis finden.
Und Polizei- und sonstige Behörden
Sie werden auf den Leim wie Vögel gehen!
Ein anderer Drahtzieher:
Zu diesem Spiel jedoch bedürfen wir
Verständnisvoller Hilfe treuer Freunde. . .
Die Dummheit:
Die Dummheit ist, wie immer, euch gewiß,
Vertraut, wie stets, ihr Herrn, auf Moskaus
Fahnen!
Laverrenz:
Nun aber du, mein deutsches Volk, wirst du
Gleichfalls in alter Treue deine Rolle,
Die wichtigste, im neuen Spiele spielen?
Das deutsche Volk:
Bedarf's derFrage? Selbstverständlich werd'ich
Wie stets, ihr Herren — schlafen meinen Schlaf!
Ich will euch hindernd nicht im Wege stehen.
Bewahre, nee, denn ich will schlafen gehen!
Will Laverrenz und Wangemann nicht kennen,
Gut ist und süß der Schlaf, ich werde pennen!
Sucht ihr euch neue Fürsten und Monarchen
Und laßt mich düsen,Kinder,laßt mich schnarchen!
An hebt das Spiel, das sehr verheißungsvolle,
Gebt mir die Rolle meiner Schlummerrolle!
.. w.
Starker Toback
Spät nachts läutet es heftig an der Nacht-
glocke des Arztes.
Endlich streckt er seinen verschlafenen Kopf
aus dem Fenster: „Was ist denn los?"
Unten steht eine bedenkliche Gestalt und
schreit: „Rasch, rasch! Meine Olle leidet an
schwerer Nikotinvergiftung!"
„Warum lassen Sie sie denn so viel rauchen?"
„Quatsch. Sie hat ja gar nicht geraucht. Ick
habe ihr bloß kräftig — vertobackt!"