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10671 • —

§>obelspäne

Nun ward zurecht gehämmert
Das Reich am Goldenen Horn;

Europa steht belämmert
In ohnmächtigem Zorn.

Europa denkt soldatisch;

Es nahmen zu seinem Gram
Zu ernst das Wort „demokratisch"

Die Türken, die ohne Scham.

Sie wollen sich selbst regieren
Aus ihrer'eigenen Flur
Und nicht mehr blind parieren —

Es fehlt ihnen halt die Kultur!

k

Die Sachse» haben bei den Landtagswahlen gezeigt, daß sie trotz des
Dunkels der Zeit helle genug sind, um den Bürgerblock klein zu kriegen.

k

In Frankreich will man erzielen
Gewinn aus passiönlichen Spielen.

Sie taten schon längst dort wandern
Zu den Passionen der — andern.

Herr Foch mitsamt -Offizieren
Wird wohl das Spiel inszenieren;

Er wird die Sache befummeln
Und nicht den Besucher beschummeln.

Sie brauchen nicht lange probieren:

Siejnte» beim Michel studieren,

Wie er das Kreuz getragen
Und wie er ans Kreuz geschlagen . . .

k

Wenn die Mark stabilisiert wird, kommt die Schieberbörse ins -
Wanken. *

„Kohlen sind keine da," klagte meine Aujnste, „wie soll man da
bloß warm werden?" Ick riet: „Denk an die staatsanwaltlichen Ver-
folgungen des ,Jacob', dann wird dir schon heiß werden!"

Dein getreuer Säge, Schreiner.

Letzte Mode

Die Dame mit den „durchbrochenen" Strümpfen.

Zeitkindermund

Unser Gretchen betrachtet ihre neugeborenen
Brüderchen, Zwillinge. „Mutti," meint sie,
„bei den schlimmen Zeiten getraute sich wohl
keins, allein auf die Welt zu kommen?"

O, diese Juden!

In Hamburg ließ sich — die Welt las es
staunend — der steckbri^lich verfolgte Kom-
plice der Rathenau-Mörder Brand auf Grund
gefälschter Stellenzeugnisse als Buchhalter von
einem israelitischen Familienblatt engagieren,
nach sechs Wochen verschwand er unter Mit-
nahme größerer Beträge der Geschäftskasse.

Das Ganze ist ein Musterbeispiel dafür, wie
jüdische Mache teutonischem Edelmenschentum
Fallen stellt.

Echt jüdisch — so zu tun, als ob man ge-
fälschte Zeugnisse für echt halte! Wie raffiniert,
die bedrängte Lage eines steckbrieflich Verfolg-
ten auszunutzen und ihn, den völkischen Mann,
in das Joch eines semitischen Familienblatts
zu zwingen! Damit aber nicht genug — man
spielte dem Unglücklichen noch fremde Gelder
in die Hände, obwohl man wußte, wie weit
jüdische und arische Anschauungen in bestimm-
ten finanziellen Angelegenheiten auseinander
gehen! w.

Ein Mißverständnis

„Zu den.Errungenschaften' unserer Zeit ge-
hört auch die Überhandnahme des Unwesens
der Drohbriefe."

„Ach, weißt du, auch früher schon haben mir
mein Schuster und Schneider oft Briefe
geschrieben." H. Maro

Lieber Jacob!

Bei de jejenwärtijen Sorjen un sonstijen
Preissteijerungen sämtlicher Jenußmittel sucht
der jebildete Mensch seinen Trost in't Reich
der Kunst. Also jondelte ick neilich Sonntag
in de Bilderausstellung an Lehrter Bahnhoff.
In Jarten war wejen de vorjerückte Witte-
rung leider keen Feez »ich mehr, un ick mußte
mir demensprechend uff die in Ol jemalenen
Jenisse beschränken. Un da kann ick nu nich
anders sagen: mein Jeschmack is det nich,
wat se det Volk hier bieten. Ick verlange von
de Kunst, det se mir anjenehm in't Ooge sticht
un meine Fantasie mit Lieblichkeet umschmei-
chelt, verstehste. Det wird mir aber zur Un-
meeglichkeet jemacht, wen» de Mächens uff de
Bilder jrauenhaste Knochenjerippe oder olle
Spinatwachteln sin. Da brauche ick keene
Kunst-zu, so wat habe ick zu Hause alle Dage,
ohne Jntrittsjeld. Ick habe mir durch sämt-
liche Reimlichkeeten de Beene in'n Bauch je-
loofen, ohne in't geringste wat for't Herz zu
finden. Eene Stube hat een russescher Maler
janz schwarz anjestrichen un denn bunte Klexe
druff. Nu bitte ick eenen Menschen: soll det
wat sind? Ick verlange von de Kunst, det se
mir erkenntnisvolle Jejenstände abmalt, wo
eener weeß, wat er von zu halten hat. Eene
dote Jans mit Messingkessel un Kohlrabi mang
kan» ick beurteilen, denn die kenne ick von
Friedenszeiten her aus unsere Kiche, badende
Mächen sin mir von't Familjenbad ebentfalls
jeleifig, un Alpenjliehen habe ick erst neilich in
Lunapark jesehen — det sin Naturjejenstände, die
det Volk ansprechen. Aber Klexe sin keene Kunst
nich, sondern eener krigt uff de Schule Back-
seifen for, un als ausjewachsener Mensch sollte
er sich schämen. Janz besonders unanjenehm

hat mir eene olle Trunschel in halb ausjezogenen
Zustande beriehrt, die sich in eenen Spiejel be
kiekt. Ick sage Dir, mir wurde janz plümerant
bei den Anblick, objleich ick in diese Hinsicht
wahrhaftig an villet jewehnt bin un 'n Posten
vertragen kann. Aber wat jloobste woll? Näch-
sten Tag stand in de Zeitung, det de Sitte
ausjerechent det Bild kriminell beschlagnahmt
un'nach 'n Alexander spediert hat. Det war
frieher nich! Wenn se frieher een Bild von
wejen'uffrejende Kerperteile in Schutzhaft je-
nommen hatten, denn konntste allemal sicher
sind, det de Dir alle zehn Fingern nach je'
leckt hättest. Aber der jesunde Jeschmack is
ooch bei de Pollizei ausjestorben, ooch de Ob-
rigkeet is perwärts jeworden un verjreift sich
an jeschlechtliche Schauderositäten. Dem Kenner
der intimeren Rejierungsverhältnisse kann det
freilich nich wundern, denn er weeß,'det se
dem vereidigten Sachverständijen for außer
eheliche Liebestätigkeeten, wat der beriehmte
Professor Brunner war, vor kurzein in den
unverdienten Ruhestand versetzt haben. Der
Mann muß nu seine Keischheit privatim aus-
ieben un derf nich mehr seine Tipps an amt-
liche Stelle abjeben, so daß de Orjane der
Pollezei jejenieber weibliche Nuditäten jänz-
lichst ins Dunkle tappen un nich wissen, wo
man zustoßen' muß.

Womit ick verbleibe mit ville Jrieße Dein
jetreier Jotthilf Rauke,

an'» Jörlitzer Bahnljof jleich links.

Zur gefälligen Beachtung!

Redaktionelle Einsendungen könne» im Falle der
Richtannahinc nur znriickgesandt werden, wen» Rück-
porto deigefiigt ist! Die Redaktion

Redaktionsschluß 14. November 1822.
 
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