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-K vactelttiche ca?

Diplomatie ist eine Kunst —
Speziell für die, die fie vertragen.
Und mit der Phrasen blauem Dunst
Sich füllen müssen ihren Magen.
Doch kostet's heftiges Bemühn,

Hie IDeltenretter stets zu glänzen
Und an dem Dafenring zu ziehn
Die Dölker in den Konferenzen.

Dann untersucht das Mikroskop,
wo sich die Schwächeren verfehlten.
Und dem Entdecker wird das Lob
Und neue Polter dem Gequälten.
Doch ist dies liebliche System
beileibe nicht nur ententistifch —

Es ist, weil einfach und bequem,
fluch Hierzuland charakteristisch.

bisweilen, müd vom Eiertanz,
Läßt man die Weltbeglücker-Pose
Und brüllt, im grellen Siegerglanz
Die eigene flpotheose.

Und wurde es aud) damit nichts.
Ging diele Weisheit in die vrüche.
Dann übt man grinsenden Gesichts
Die Politik der Nadelstiche.

Indes der Reichtum überquillt
Bei wuchrern, Schiebern, lobbern, Drohnen,
wird mit — Belehrungen gestillt
Der bittre Hunger der Millionen.

Und härter drückt der Dölker loch
Bei diesem inn-- und äußern Treiben —

Sie werden es, mit andrem noch,

fluf ihre große Rechnung schreiben, verwahrejacob

Das Vorbild

Ein Weltkriegs-Staatsmann, der auch schon
seine Memoiren geschrieben hat, liest in seinen
Mußestunden wieder einmal Münchhausen.
„Donnerwetter," ruft die alte Exzellenz, „hatte
der.Mann glänzende Anlagen zum Me-
>noirenschreiben!"

Unerträglich

Es ist unerträglich, daß an dem gesamten
Steueraufkommen der Lohnabzug mit 72
Prozent beteiligt ist — wie sollen die armen
Reichen bei uns die 28 Prozent ausbringen?
Hier ist schleunige Hilfeleistung nötig.

Es ist unerträglich, daß in München Opern
gespielt werden, deren Komponist ein Jude
ist — will man denn Hitler und seiner Garde
ganz die Freude nehmen, dort die erste Geige
zu spielen?

Es ist unerträglich, daß der „Ehrbare
Kaufmann", vor dem Enno seine große Rede
in Hamburg vom Stapel ließ, außerhalb Ham-
burgs so wenig Nachahmer gefunden hat —
warum bringt ihn nicht einmal „Die Woche"?

Punttmu

Gottesdienst

„Denken Sie sich: heute war auch die Frau
Miiller in der Kirche."

„Was, die hochmütige Person!"

„Nicht einen Blick hat sie in das Gebetbuch
getan. Ihre Augen waren nur auf das neue
Halsband der Frau Rätin gerichtet."

„Haben Sie das auch wirklich gesehen?"

„Natürlich! Ich Hab' sie doch während des
ganzen Gottesdienstes genau beobachtet. K.M.

• Mehrarbeit

„Sind Sie auch dafür, gnädige Frau, daß
die ganze Bevölkerung mehr.arbeitet, damit
wir wieder hochkommen?"

„Ganz gewiß! Ich habe bereits die Arbeits-
zeit meiner Dienstboten von zwölf auf vier
zehn Stunden verlängert."

Eine Seele von Mensch

I» tadelloser Kluft, frisch manikürt,dasZahn-
bürstenschnurbärtchen schwarz aufgewichst, aber
doch recht ungehaltenen Mutes, begegnete mir
kürzlich Herr Reichmann, ein Hausgenosse von
mir.

Herr Reichmann setzt am Toto, spekuliert,
verkauft Rittergüter, verschiebt waggonweise
Zeitungspapier nach dem Ausland und ver-
kehrt nur in sogenannten besseren Schlemmer-
lokalen, wo er Gelegenheit hat, alle Lagen und
Jahrgänge der berühmteren Weinmarken kennen
zu lernen.

Trotz dieser besonderen Eigenschaften erfreut
sich Herr Reichmann nicht unserer Sympathie
und er ist auch bereits drauf und dran, sich
eine Villa zu kaufen, um unserem Dunstkreise
sobald wie möglich zu entfliehen.

Gottgewollte Ordnung

„Nee, Herr Nachulke, Armut muß sciu: Was hätten
mir sonst wohl vo» iiuserem Neichtmu?"

Wie iverdeu wir weinen, ivenu er nächtlich
nicht mehr angeautelt kommt!

Aber Herr Reichmann ist doch ein goldiges
Gemüt! Ja, er ist eine Seele von Mensch, wie
ich bei dieser Begegnung feststellen konnte. Er
trug nämlich einen Trauerflor um den rechten
Arm, das heißt es war wohl mehr ein Zwirns-
faden, aber ich wurde doch darauf aufmerksam..

Herr Reichmann erklärte mir sogleich, daß
seine Schwiegermutter über Nacht den Gas-
hahn geöffnet hätte und am nächsten Morgen
vergiftet aufgesunden worden sei. Er wun-
derte sich, daß ich noch nichts davon wußte,
aber wenn man früh raus muß und erst mit-
tags heimkommt, so weiß man nicht, was sich
inzwischen im Hause zugetragen hat.

Herr Reichmann schien jedenfalls fassungs-
los über den Verlust, schluckte einigemal tief
und war dem Weinen nahe. Soviel Gemüt
hatte ich dem Manne gar nicht zugetraut, doch
der Mensch ist ja so leicht geneigt, die guten
Eigenschaften seiner Mitmenschen zu übersehen
und ihm etwas Schlechtes nachzusagen.

Wie der so jäh betroffene Mann vor mir
stand, empfand ich plötzlich tiefes Mitleid mit
ihm und im stillen bat ich ihm alles Böse,
was ich in einer schwachen Minute von ihm
gedacht oder gesprochen, reumütig ab.

„Mein herzlichstes Beileid" brächte ich schließ-
lich gepreßt hervor.

„Ach," nieint er da jammernd, „das ist ja
alles nicht so schlimm, aber denken Sie mal
an, was ich da für eine Gasrechnung zu be-
zahlen habe!" __ Willy Billiger

Besonnen

StinneL kaufte auch das Blatt der Boden
reformer auf. Warum? Nun, er will eben eine
Reform der Bodenreform in die Wege leiten.

Zu fiilfe!

Die Gewerkschaften bekämpfte» das Steuer-
unrecht. Um's Himmels willen! Wollen sie
etwa dem —. Unrecht steuern?
 
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