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—. 16

Der alte Delft

Prinz Lgon Kasimir
Gab uns die Ehre,

Einst unsres Hofes Zier,

Der Stolz vom Heere,

Prinz Lgon von Blem-Bleni!
Im hohen Rate
Besiegte er 5.3TC.

Dereinst — beim Skate.

Er hat das Podagra
Und vierzig Ahnen
Und focht (im A.G.K.)

Auf ihren Bahnen;

Er war ein Leutnant
Schon in der Wiegen
Und trug ein Ordensband
Vorm Zähnekriegen.

Kleinrentner

Lange hatte es gedauert, bis sich auch die
Kleinrentner unserer Stadt zu einer Demon-
stration entschlossen hatten. Aber nun war es
so weit. Sie traten an. Der alte Kanzleirat
Müller hatte eine Tafel mitgebracht, auf der
stand, weithin sichtbar, zu lesen:

Wir hungern!

Die Führer der Demonstration, als sie das
sahen, waren aufs äußerste betroffen. Man
beriet. Lange, lange. Dann trat man aus
Müller zu und sprach:

„Gewiß, Herr Kollege, ja, unser Elend über-
steigt alle Begriffe. Aber solche revolutionäre
Redensarten zu führen, nein, das schickt sich
nicht für uns!"

Lr trinkt fünf pullen leer
Auf einem Sitze
Und kennt das ganze Heer
Der Mikofch-Witze.

Das L.K.l. ward ihm
Zm Zeld befchieden,

Weil er voll Ungestüm
Bekämpft — den Frieden.

Wer loyal ist, preist
Mit Herz und Munde
Den alten, heil'gen Geist
Und diese Stunde.

Lärmend verneinen wir
Die Reichsmisere:

Prinz Egon Kasimir
Gab uns die Ehre! L.

Künstlerstolz

Ein Vertrauter meint zu-einem geschickten
Banknotenfälscher, nun werde er wohl en masse
die neuen 500-Markscheine nachmachen. „Was,"
sagt der Fälscher beleidigt, „diese primitiven
Wische? Nein, dagegen empört sich meinkünst-
lerisches Empfinden!"

Im Wandel der 3eiteu

Herr Paul Schramm ist in seiner Ehe ein
großer Pantoffelheld geworden. Neulich kommt
er mit einem alten Schulfreunde zusammen.
Austausch alter Erinnerungen. „Erinnerst du
dich, Paul, wie wir als Gymnasiasten noch
heimlich rauchten?" Da seufzt der Pantoffel-
held: „Ja, wie die Zeit vergeht, heute muß
ich schon wieder heimlich rauchen."

Der hochgeklappte Kragen

Eine Militär-Erinnerung von Ferdinand Madlinger

Der Herr Oberst von Sapfft hatte den Ein-
jährigen Markwart dabei betroffen, wie er mit
hochgeklapptem Mantelkragen das Theater
verließ.

„Sie sind wohl des Teufels, Mann," schrie
ihn der Oberst an, und seine zornigen Osfi-
ziersaugen funkelten. „Was unterstehen Sie
sich?" Der Teufel muß Sie frikassieren, wenn
Sie als Einjähriger nicht mal wissen, wie Sie
Ihre Uniformstücke zu tragen haben. Sie möch-
ten wohl für einen Offizier gehalten werden?"

Es herrschte eine schneidende Kälte. Darum
hatte Markwart den Kragen seines grauen
Einjährigenmantels hochgeschlagen, als er ins
Freie trat. Der Oberst trug den Kragen, der
grellrot unterlegt war, ebenfalls gestellt.

Der Einjährige suchte durch stramme Hal-
tung den donnernden Vorgesetzten milde zu
stimmen und stotterte eine Entschuldigung.
Er habe nicht gewußt. . . Der Oberst fuhr
ihm barsch über den Mund. Da jedoch zahl-
reiche Theaterbesucher sich um die beiden an-
stnuten, winkte der Oberst ab mit der Bemer-
kung: „Das Weitere wird sich finden."-

Der Hauptmann von Wussow saß in der-
Kompagnieschreibstube und las Befehle durch.
Der Feldwebel stand kerzengerade neben ihm.

„Feldwebel! Da hat der Oberst den Ein-
jährigen Markwart erwischt, wie er mit hoch-
geklapptem Mantelkragen ging. Ich soll dem
Mann das Nötige bemerken und das Ge-
schehene zurückmelden. Wissen Sie denn, ob
es verboten ist, daß die Mannschaften den
Kragen stellen?"

„Nein, Herr Hauptmann, ausdrücklich ver-
boten ist es nicht, aber auch nicht erlaubt."

„Wieso nicht erlaubt?"

„Ich meine, das ist doch selbstverständlich.
Wie sieht denn das aus? Der Kragen ist doch
nicht zum Hochklappen da. Das wäre ja noch
schöner."

„Da bin ich ganz gegenteiliger Ansicht,
lieber Feldwebel. Wozu hat der Mann den
Kragen? Als vernünftiger Mensch sagt er sich
doch: Damit ich nicht friere. Also schlägt er'n
hoch. Das würde ich auch tun. Und die Posten
gehen doch winters auch so!"

„Ja, Dienstmäntel, das ist etwas anderes.
Aber in dem Fall war es doch ein grauer
Einjährigenmantel."

„Gibt es denn gar nicht eine Vorschrift oder
so was? Ich muß mich doch auf etwas stützen
können. Wenn die Obristen bloß nicht in jeder
Lappalie ein Dienstvergehen sehen wollten."

„Nein, Herr Hauptmann, darüber gibt es
beim Regiment keine Vorschrift!" — --

Die Kompagnie stand angetreten. Markwart
wurde zum Hauptmann befohlen.

„Sind Sie verrückt jewoorden, der Ein-
jährige? Sie loofen im Theater herum mit
hochgeklapptem Kragen wie'n Ladenschwengel
oder Zuhälter? Wie kommen Sie dazu, ich
bitte Sie, wie kommen Sie zu solcher Frech-
heit? Sie hat wohl der blaue Affe jebissen?
Was Offizieren erlaubt ist, ist Mannschaften
noch lange nicht erlaubt. Oder kennen Sie
eine Vorschrift, wonach Mantelkragen hoch-
geklappt werden dürfen? Wenn Sie so was
kennen, dann zeigen Sie es mir. Und wenn
Sie es mir bis morgen mittag nicht schwarz
auf weiß vorzeigen können, dann brummen
Sie eine Strafwache. Verstanden? Feldwebel,
schreiben Sie den Mann auf!"

So sprach Hauptmann von Wussow. Gegen
seine Überzeugung. Er mußte. Denn Haupt-
mann von Wussow war kein Mensch, sondern
-im Dienst!
 
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