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https://doi.org/10.11588/diglit.8263#0058
- « 54
Zu Karl Marx' Gedächtnis e®
Heut wandert zu dem fernen Grabe
Des Arbeitsvolkes Dankbarbeit,
Zum Spender überreicher ßabe,
Zum Künder einer neuen Zeit,
Der unser Fundament gegründet
Und hell der Wissenschaft Sanal
Ob unsern (Degen einst entzündet
Im „Kapital“.
Rings tobt in wilden (Uutorkanen
Des Mammons Allgewalt sich aus -
6s hilft kein (Damen und kein IDahnen-
1m fremden und im eignen Daus.
Die Dölker leiden, darben, sterben,
Und Reichtum mehrt sich ohne Zahl.
6s schafft am eigenen Derderben
Das Kapital.
6s wird die Zeit das Urteil sprechen
Dem Cutt der IDammonistenzunft.
(Dir wissen ja: es muss zerbrechen
An seiner eignen Unvernunft.
6s kommt der Hochmut vor dem Salle,
Dann siegt des Dolkes Ideal -
Zum bösen Craumspuk wird für alle
Das Kapital.
Die blaue Lose
Konrad Palle Hatte ein Paar so seltsam ka-
rierte Hosen von einem so seltsamen Blau, daß
man ruhig sagen kann: die gab's nur einmal
in Berlin. Man erkannte ihn daran und darin;
sie waren sein Wahrzeichen geworden. Leider
fühlte er sich nur kurze Zeit darin glücklich,
infolge der Mobilmachung 1914 mußte er sich
davon trennen. Die neuen, die ihm der Kammer-
unteroffizier nebst anderen unnützen Sachen ins
Gesicht warf, waren wesentlich unkleidsamer,
und so ging Palles schöne Eigenart im allge-
meinen Kriegsgrau unter.
Die langersehnten Urlaubstage nahten, und
Palle sah sich schon im Geiste mit seinen un-
vergeßlich schönen Blauen durch den Wedding
streifen. Leider kam wieder etwas dazwischen.
Er mußte nänilich einen unvorhergesehenen
Spaziergang nach Sibirien antreten, der ganz
unprogrammäßig lange dauerte.
In der Schule und in den Zeitungen war
viel von Sibirien gefabelt worden; denn Dich-
tung und Wahrheit sind eigenartig in der Welt
gemischt. Konrad Palle fand dies hier wieder
bestätigt, er fand noch mehr: gutes Unter-
kommen, Auskommen undrsogar eine — Frau,
die allerdings bald den allbekannten russischen
Tod starb. Palle blieb leben; „denn was ein
echter Deutscher ist, der hält was aus."
Aber in einem echten Deutschen
steckt noch etwas anderes, was schwer
anszutreiben ist, die Sehnsucht, das
Heimweh. Auch Palle blieb nicht da-
von verschont, zumal man hier im
fernen Osten allerhand wilde Ge-
rüchte über Deutschlands Schicksal
vernahm. Es zog ihn — der Brief-
verkehr ruhte ganz — manchmal gar
heftig zu den Herzen seiner Lieben
hin und, offen gesagt, auch ein wenig
— in seine blauen Hosen hinein.
Als er alle Gefahren des alten und
neuen Russenlandes glücklich überstan-
den hatte, trater endlich in den großen
Lichtkreis von Berlin. Alles noch wie
einst, nur die Schutzleute grün, statt
blau und ein wenig gemütvoller. Ein
paar Ausländer gab's mehr und ein
paar Denkmäler weniger, auffällig
war vor allem die Fülle der zer-
brochenen Fensterscheiben, die nach
hem Osten zu durch Holzscheiben hin
und wieder erseht wurden. Leise An-
klänge an Rußland. Palle bummelte
Ecke um Ecke heimwärts. Da! -
seine Hose!
Aber sie war nicht allein, ein junger
Mann steckte drin. „Mensch!" fuhr
Palle ihn an (das Wort war altes,
unvergessenes Armecsprachgut). „Wie
kommen Sie zu dieser Hose?" „Na
man sachte, Mann, die kam zu mir!"
„Faule Witze! Runter damit!"
„Wat, hier mitten auf der Straße? Sie sind
verrückt!"
„Nein, evangelisch."
Dem Hosenmann wurde langsam bange.
Vielleicht ist das ein Halbstarker von der be-
liebten Entkleidnngskommission und erlaubte
sich einen besonders guten Scherz, dachte er.
„Na. ick will Ihnen nen Vorschlag machen,"
sagte er zu Palle, um sich Gewißheit zu ver-
schaffen, „sehen Sie man mit in meine Woh-
nung, dort werden wa cn christlichen Tausch
machen. Ick habe imma Pech jehabt in den
Hosen," fügte er in jaminerhastem Tone hinzu.
„Na, vordem war noch keens drin!" erwiderte
Palle, in langen Leidensjahren verhärtet. Aus
den Klauen kommt er mir nicht wieder, dachte
er bei sich. Beide gingen nun allbekannte Wege,
und Palles Mutterhaus kam immer näher.
Also doch! triumphierte Palle innerlich, „bei
Mondlicht" hat er sie „gekauft".
Noch eine Ecke, dann kam's heraus. Hier war
der alte Grünkramkeller, wo Milchballe immer
klingelte, und hier die Klingel der Wehmutter,
die er immer als echter Berliner Rabe ge-
zogen. „Bitte, nach Ihnen," sagte der Hosen-
mann, als sie am Hause waren.
„Ich bin hier auch zu Hause! Mal nicht
geniert und nauf!" Wer stellt sich die Freude
der Witwe Palle vor, wie sie zur Tür ge-
Der Attersrentner
„Ich Hab' in der Schule gelernt, der Monat hätte dreißig oder cinunddrcißig
Tage, aber meine Monatrente ist nur silr zwei Tage bemessen!"
watschelt kam und ihren — Totgeglaubten
wiedersah?
Man braucht nicht akademisch gebildet zu
sein, um einen Schwager zu bekommen, und
dieser Schwager hatte neben anderen nützlichen
Sachen auch Konrads Hosen geerbt. „Kinda,"
sagte die Pallen, „wenn man nur nich wieda
Krieg wird, uff allen Treppen stehen se und
faseln davon."
„Von mir aus nicht, mein Bedarf ist auf
eine Weile gedeckt," sagte Konrad. „Nicht wahr,
Schwager, das könnte dir gefallen, wenn ich
wieder ausrückte und du könntest in meinen
Hosen spazieren gehen? Red was du willst,
runter damit! Heut noch, verstehste?"
Schön ist das Wiedersehen, aber wenn du
heimkehrst aus der Fremde in die Heimat, eine
Enttäuschung gibt's immer, und tvenn diese
Enttäuschung eine — blaukarierte Hose heißt!
Anregung
In Prag werden die verurteilten Wucherer
in Strafabteilungen eingereiht, die der Ma-
gistrat zum Straßenkehren verivendet. Jeder
Wucherer muß die Gasse kehren, in der er vor-
her seine lohnende Tätigkeit ausgeübt hat. Man
wird ihnen geiviß viel freundliche Worte im
Vorbeigehen sagen.
Wer bei uns eine Million ergaunert hat,
zahlt den zwanzigsten Teil in Papier,
geht gut frühstücken und dann an sein
altes Geschäft. Lernen wir vom Nach-
bar. Stellen wir die Kerle mit den
schmutzigen Pfoten öffentlich aus: wer
das Geld auf der Straße findet, mag
auch den Dreck dazu aufklauben.
Der Glückliche
„Denke dir, gestern habe ich ein
Schweineschnitzel. . ."
„Gegessen?"
„Bewahre! Gesehen!"
Sicherer Weg ins Jenseits
Dortmunder: „Ich bin des Le
bens müde. Soll ich mich nun er-
schießen, aufhänge» oder vergiften?
Halt, ich benütze ganz einfach einen
von den Franzosen gefahrenen
Eisenbahnzug."
Großartig
H err( „Sie haben wohl einen gan-
zen Stab von Dienern?"
Schiebermillionär: „Und ob!
Da ist zum Beispiel der Johann, der
hat weiter nichts zu tun als meine
Monokel zu putzen!"
Zu Karl Marx' Gedächtnis e®
Heut wandert zu dem fernen Grabe
Des Arbeitsvolkes Dankbarbeit,
Zum Spender überreicher ßabe,
Zum Künder einer neuen Zeit,
Der unser Fundament gegründet
Und hell der Wissenschaft Sanal
Ob unsern (Degen einst entzündet
Im „Kapital“.
Rings tobt in wilden (Uutorkanen
Des Mammons Allgewalt sich aus -
6s hilft kein (Damen und kein IDahnen-
1m fremden und im eignen Daus.
Die Dölker leiden, darben, sterben,
Und Reichtum mehrt sich ohne Zahl.
6s schafft am eigenen Derderben
Das Kapital.
6s wird die Zeit das Urteil sprechen
Dem Cutt der IDammonistenzunft.
(Dir wissen ja: es muss zerbrechen
An seiner eignen Unvernunft.
6s kommt der Hochmut vor dem Salle,
Dann siegt des Dolkes Ideal -
Zum bösen Craumspuk wird für alle
Das Kapital.
Die blaue Lose
Konrad Palle Hatte ein Paar so seltsam ka-
rierte Hosen von einem so seltsamen Blau, daß
man ruhig sagen kann: die gab's nur einmal
in Berlin. Man erkannte ihn daran und darin;
sie waren sein Wahrzeichen geworden. Leider
fühlte er sich nur kurze Zeit darin glücklich,
infolge der Mobilmachung 1914 mußte er sich
davon trennen. Die neuen, die ihm der Kammer-
unteroffizier nebst anderen unnützen Sachen ins
Gesicht warf, waren wesentlich unkleidsamer,
und so ging Palles schöne Eigenart im allge-
meinen Kriegsgrau unter.
Die langersehnten Urlaubstage nahten, und
Palle sah sich schon im Geiste mit seinen un-
vergeßlich schönen Blauen durch den Wedding
streifen. Leider kam wieder etwas dazwischen.
Er mußte nänilich einen unvorhergesehenen
Spaziergang nach Sibirien antreten, der ganz
unprogrammäßig lange dauerte.
In der Schule und in den Zeitungen war
viel von Sibirien gefabelt worden; denn Dich-
tung und Wahrheit sind eigenartig in der Welt
gemischt. Konrad Palle fand dies hier wieder
bestätigt, er fand noch mehr: gutes Unter-
kommen, Auskommen undrsogar eine — Frau,
die allerdings bald den allbekannten russischen
Tod starb. Palle blieb leben; „denn was ein
echter Deutscher ist, der hält was aus."
Aber in einem echten Deutschen
steckt noch etwas anderes, was schwer
anszutreiben ist, die Sehnsucht, das
Heimweh. Auch Palle blieb nicht da-
von verschont, zumal man hier im
fernen Osten allerhand wilde Ge-
rüchte über Deutschlands Schicksal
vernahm. Es zog ihn — der Brief-
verkehr ruhte ganz — manchmal gar
heftig zu den Herzen seiner Lieben
hin und, offen gesagt, auch ein wenig
— in seine blauen Hosen hinein.
Als er alle Gefahren des alten und
neuen Russenlandes glücklich überstan-
den hatte, trater endlich in den großen
Lichtkreis von Berlin. Alles noch wie
einst, nur die Schutzleute grün, statt
blau und ein wenig gemütvoller. Ein
paar Ausländer gab's mehr und ein
paar Denkmäler weniger, auffällig
war vor allem die Fülle der zer-
brochenen Fensterscheiben, die nach
hem Osten zu durch Holzscheiben hin
und wieder erseht wurden. Leise An-
klänge an Rußland. Palle bummelte
Ecke um Ecke heimwärts. Da! -
seine Hose!
Aber sie war nicht allein, ein junger
Mann steckte drin. „Mensch!" fuhr
Palle ihn an (das Wort war altes,
unvergessenes Armecsprachgut). „Wie
kommen Sie zu dieser Hose?" „Na
man sachte, Mann, die kam zu mir!"
„Faule Witze! Runter damit!"
„Wat, hier mitten auf der Straße? Sie sind
verrückt!"
„Nein, evangelisch."
Dem Hosenmann wurde langsam bange.
Vielleicht ist das ein Halbstarker von der be-
liebten Entkleidnngskommission und erlaubte
sich einen besonders guten Scherz, dachte er.
„Na. ick will Ihnen nen Vorschlag machen,"
sagte er zu Palle, um sich Gewißheit zu ver-
schaffen, „sehen Sie man mit in meine Woh-
nung, dort werden wa cn christlichen Tausch
machen. Ick habe imma Pech jehabt in den
Hosen," fügte er in jaminerhastem Tone hinzu.
„Na, vordem war noch keens drin!" erwiderte
Palle, in langen Leidensjahren verhärtet. Aus
den Klauen kommt er mir nicht wieder, dachte
er bei sich. Beide gingen nun allbekannte Wege,
und Palles Mutterhaus kam immer näher.
Also doch! triumphierte Palle innerlich, „bei
Mondlicht" hat er sie „gekauft".
Noch eine Ecke, dann kam's heraus. Hier war
der alte Grünkramkeller, wo Milchballe immer
klingelte, und hier die Klingel der Wehmutter,
die er immer als echter Berliner Rabe ge-
zogen. „Bitte, nach Ihnen," sagte der Hosen-
mann, als sie am Hause waren.
„Ich bin hier auch zu Hause! Mal nicht
geniert und nauf!" Wer stellt sich die Freude
der Witwe Palle vor, wie sie zur Tür ge-
Der Attersrentner
„Ich Hab' in der Schule gelernt, der Monat hätte dreißig oder cinunddrcißig
Tage, aber meine Monatrente ist nur silr zwei Tage bemessen!"
watschelt kam und ihren — Totgeglaubten
wiedersah?
Man braucht nicht akademisch gebildet zu
sein, um einen Schwager zu bekommen, und
dieser Schwager hatte neben anderen nützlichen
Sachen auch Konrads Hosen geerbt. „Kinda,"
sagte die Pallen, „wenn man nur nich wieda
Krieg wird, uff allen Treppen stehen se und
faseln davon."
„Von mir aus nicht, mein Bedarf ist auf
eine Weile gedeckt," sagte Konrad. „Nicht wahr,
Schwager, das könnte dir gefallen, wenn ich
wieder ausrückte und du könntest in meinen
Hosen spazieren gehen? Red was du willst,
runter damit! Heut noch, verstehste?"
Schön ist das Wiedersehen, aber wenn du
heimkehrst aus der Fremde in die Heimat, eine
Enttäuschung gibt's immer, und tvenn diese
Enttäuschung eine — blaukarierte Hose heißt!
Anregung
In Prag werden die verurteilten Wucherer
in Strafabteilungen eingereiht, die der Ma-
gistrat zum Straßenkehren verivendet. Jeder
Wucherer muß die Gasse kehren, in der er vor-
her seine lohnende Tätigkeit ausgeübt hat. Man
wird ihnen geiviß viel freundliche Worte im
Vorbeigehen sagen.
Wer bei uns eine Million ergaunert hat,
zahlt den zwanzigsten Teil in Papier,
geht gut frühstücken und dann an sein
altes Geschäft. Lernen wir vom Nach-
bar. Stellen wir die Kerle mit den
schmutzigen Pfoten öffentlich aus: wer
das Geld auf der Straße findet, mag
auch den Dreck dazu aufklauben.
Der Glückliche
„Denke dir, gestern habe ich ein
Schweineschnitzel. . ."
„Gegessen?"
„Bewahre! Gesehen!"
Sicherer Weg ins Jenseits
Dortmunder: „Ich bin des Le
bens müde. Soll ich mich nun er-
schießen, aufhänge» oder vergiften?
Halt, ich benütze ganz einfach einen
von den Franzosen gefahrenen
Eisenbahnzug."
Großartig
H err( „Sie haben wohl einen gan-
zen Stab von Dienern?"
Schiebermillionär: „Und ob!
Da ist zum Beispiel der Johann, der
hat weiter nichts zu tun als meine
Monokel zu putzen!"