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—— 83 -

Ruhe sanft!

Herr Tartar»» aus Taraskon
Regiert im Ruhrreviere.

Er herrscht gar streng und lebt gar bon
In» requirierten Quartiere.

Rur frieren muß der arine Wicht,

Das soll der Teufel holen;

Der Bergmann schafft ihm Kohlen nicht.
Er tut ihn nur „verkohlen".

Lobelspäne

Radoslawow und Konsorten,

Die dereinst mit Kriegsimporten
Ihr Bulgarenland bepackt.

Sind verdonnert und verknackt.

And mit SÄsisen, nicht zu knappen.

Ließ man sie die Schuld berappen.

And das Kriegsgelust vergeht
Dort der Generalitär

Ach, wie ist's in Deutschland friedlich
And behaglich und gemütlich:

Ludendorff und Lelfferich
Reiben froh die Pfoten sich.

Nachdem die deutschvölkische Freiheitspartei zum großen Teil hinter
Schloß und Riegel sitzt, wird sie sich wohl „Anfreiheitspartei" nennen
müssen. *

Familie Äenckel von Donnersmarck
Von je im Patriotismus stark,

Behängt mit deutschen Orden.

Ist plötzlich — polnisch geworden.

Wofür ward ihnen Deutschland feil?

Der Grund ist klar: es liegt ein Teil
Ihrer Riesengüter in Polen -
Da bleibt ihnen Deutschland gestohlen!

Die Wetterfahne schnell sich dreht:

Der schönste Patriotismus geht
Beim Adel in die Binsen,

Geht es um Geld und Zinsen.

„Wie steht's im Ruhrgebiet?" fragte »nein Freund Ede. Ick
erklärte: „Degoutte will das Allerwerteste der Ruhrleute und sie
zeigen ihm den Allerwertesten."

Dein getreuer Säge, Schreiner.


Poincares Entfettungskur
Ein guter Freund riet Poincarö, eine Ent-
settungskur zu machen, er werde zu dick. Da
seufzte Poincars: „Nicht nötig, mich wird die
Ruhr schon noch mager machen!"

•*

Das nationale Empfinden
„Ich habe an der Tagung einer nationalen
Vereinigung teilgenommen", berichtete je-
mand, „drei Tage lang wurde von morgens
bis abends über das nationale Empfinden ge-
sprochen."

„Es ist eine alte Erfahrung", beinerkte der
Philosoph, „man spricht am meisten von dem,
was man nicht hat!"

*

Der bayersche Büttel

Die Voruntersuchung im Verfahren gegen
die Organisation L wurde auf bayerisches
Verlangen teilweise bayerischen Gerichten
übertragen, anstatt sie de>n zuständigen
Reichsgerichisrat zu belassen.

Ihr deutschen Männer, merkt es Euch:

Es gibt ein neues Preußen im Reich I
Das Reich zu bringen auf den Hund,

Ein neuer Büttel im Land erstund!

Der bayersche Büttel, der pfeift gar scharf.
Daß keiner anders tanzen darf.
DerbayerscheBüttclhat'sHeftinderHand,
And er liebt das Messer wie wohlbekannt!
Die Reichsminister, die haben Beschwer,
Sie fürchtenvorm bayerschenBüttelsich sehr!
Denn die Schrift von Weimar ist eitel Tand,
Weil der bayersche Büttel regiert im Land!

Das Reichsrecht ist zum Teufel gähn.

Das Reich kommt nächstens selber dran.
So will's der bayersche Büttel han! W.

Weshalb sind Sie Sozialist?

Professor X an der Aniversität zu N. war
Sozialist und wurde natürlich unter gesell-
schaftlichem Boykott gehalten.

Jemand fragte ihn eines Tages nach den
Motiven seiner politischen Aeberzeugung

„Sehen Sie", antwortete der alte Herr,
„erstens bin ich Sozialist aus ethischen und
wirtschaftlichen Gründen, zweitens aber, — es
war das einzige Mittel, mir die sogenannte
gute Gesellschaft vom Halse zu halten!"

*

Lieber Jacob!

Mensch, ick sage Dir, wat se mit uns allens
for Zicken machen, det jetzt uff keene Kuhhaut
nich. Ick tipple neilich, et war so Sticker sechs
Ahr, ieber ’n Potsdamer Platz, da is die
Sternwachten-Ahr Punkt zwelf. Ick kieke
un kieke uff die ullike Normalzeit, et is
un bleibt zwelf. Ru is et ja janz piepe,
ob et zehne, zwelf oder neine is, wenn
wir abens bei unse dreckijen Zeiten mit
Kohldampf in de Kaldaunen in de Klappe
kriechen, denn wissen wir ooch obne Ahr, wat
de Glocke jeschlagen hat. Dessenunjetrotzt
wundert mir die Schose. Ick denke erst, de
Sternwachte macht mit mir 'n Aprilscherz, is
nich! Laste Mochte, Berlin hat keene Pinke
nick, die Normaluhren loofen zu lassen. Die
Sache is richtig! Frieher hatte jeder Lause-
junge ne Ahr in de Tasche, hefte kenn wir
uns den Luxus nich mehr leisten. An da stoppe»
se uns ausjerechnet jetz det bisken Vajniejen
ab, uff die Iratis-Ahr zu kieken. Ru wird ja
die Finanzkaklamität von die Stadt janz be-
stimmt uff eenmal een Ende haben. Wo der

Majistrat nich mehr rot is, merkste jleich,
wie jroßartig jespart wird. Ick bin bloß je-
spannt, ob se nich neechstens det Flaster
von die Straßen vakoofen un de Bedirsnis-
paläste zumachen. Na, mir soll et recht sind,
mit uns kenn set ja machen.

Ick mechte überhaupt bloß wissen, wat de
Herren so machen tun, die bei uns wat zu
sagen ham. Wenn ick sehe, wie wir so sach-
teken wieder in uns an ollen reakzionären
und kappatalistischen Stiebe! rinhuppen, denn
is mir, ick weeß nich, so, als ob die Herren
in ihren Klubsessel sitzen un dösen, bis se
uff eenmal dadran denken, det se zu zeijen
ham, det se noch da sind. Denn wecken se
uff un machen wat janz schlauet. Jetz ham
se de „Rote Fahne" vaboten, womit de
Verzwickung von die politische Lage ratzekahl
un schnafte jelöst is. Mir macht ja det Blatt
ooch keene jroße Freide, aber det is doch
keen Verein nich, wenn se weiter nischt kenn
wie Zeitungen verbieten. Sonst machen de
Herren feste passive Resistenz, det heetzt, de
Preißen machen det passive un de Bayern
machen de Resistenz, neemlich jejen das Reich.
Die Parole hat fein jeklappt, Iungeken, wat?
Erst vaknaken de Bayern den Schurnalisten
Fechenbach, un keener kann wat dajejen dun,
un nu vahaften se den Herrn v. Puttkamer,
weil er Berichte ieber die famosen bayrischen
Zustände an eene norddeitsche Rejierung
jejeben hat. An wat machen die Herren in
Preißen? Ianisckt! Denn will ick mal lieberst
Schluß machen, sonst kriejen mir de Bayern
ooch noch an Hammelbeen.

Womit ick verbleibe mit ville Irieße. . .

Dein Iotthilf Rauke,
an Iörlitzer Bahnhof, jleich links.

I^edakttonsschluß: 16. April
 
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