--- 91 -
Politische Friihlingsgeftthle
England und Rußland beriechen einander
Kobelspäne
Pfingsten, „das liebliche Fest",
(Laut Goethe) ist wieder gekommen,
Das bange schlagen läßt
Die Herzen der gläubigen Frommen.
Das Wunder, das es verheißt,
Blieb aus. Man steht verdrossen.
Es scheint, der „heilige" Geist
Ist wirklich ausgegossen.
Es ist den Ketzern indes
Das pfingstliche Wunder gelungen:
Beim Hamburger Weltenkongreß
Spricht man mit feurigen Zungen!
Die goldene Internationale zittert und ist platt: die rote Inter-
nationale redet kräftiges .Hamburger Platt mit ihr.
Curzon redet auffallend vernünftig,
Wie man es seit langem nicht gewohnt.
Alles, was von Diplomaten zünftig,
Starrt ihn an, als fiele er vom Mond.
Curzon sagt, mau soll nicht Hennen schlachten,
Wenn man ihre Eier haben will
Diese Logik ist nicht zu verachten;
Leider bleibt das Weltenecho still.
Darum soll man sich vor Jubel hüten.
Man stellt fest betrübten Angesichts:
Acb, es mangelt nicht an Redeblüten,
Aber von den Früchten merkt man nichts.
Das Gemüse schießt ins Kraut. Leider auch das Pack der Schieber
und Kriegshetzer.
„Warum gesteht Poincare eigentlich nicht ei», daß er uns bekriegt?"
fragte mein Freund Ede. Ick sagte: „Wahrscheinlich, weil er nichts
kriegt." Dein getreuer Säge, Schreiner.
Wahrscheinlich
„,Die Welt wird schöner mit jcdein Tag',
wann wurde das Gedicht, in dem diese Stelle
vorkommt, wohl geschrieben?"
„Wahrscheinlich in einer Zeit,- als der
Dollar täglich fiel"
*
Es genügt!
Franzosen im Lande,
3n Bagern die Schande,
Agrarische wuchcrbegehrlichkeit siegt »
S yerr Luna, es genügt!
Memel ging flöten,
3n steigenden Nöten
istuält sich das Volk und der Schwache erlügt ~
0 Herr Luna, es genügt!
Des Reiches Finanzen
3m grasten und ganzen strügt «
So faul wie noch nie, denn der Markstanö, er
iS kjerr Luna, es genügt!
widmen Sie der pflege sich des Erbes
Oes sehr nützlichen LransportgewerbeS
wieder doch! Ses Volkes Stimme spricht:
Ls genügt! W.
»
Lieber Jacob!
Seit ick det letzttmal an Dir meine Blei-
feder jewetzt habe, is allerhand passiert. Et
wird Dir interessieren, det die stilljeleechte
Nochmaluhr ay'nPotsdamerPlatz uffeenmal
wieder jetzt. Ick sichre det uff meine weiß
der Deibel schwer jemeinten ernsten Mochte
an Dir, lieber Jacob, zurick. Een ebentso
wichtijet pulitischetEreignis is, det der Reichs
tach den Etah von det Auswärtije Amt be
willicht hat. Er is so freindlich jewesen, weil
Herr von Rosenberch ?ene so schnaffke Rede
abjelesen hat. Son Pöstken wie der Minister
mecht ick ooch mal haben. Ick wceß ja nich,
wat det 'Auswärtije Amt so de janze Zeit
machen dut. Wenn ick mal durch die Willen:
ftraße socke, denn Feh ick immer ne Masse
Menschen rin- und rausloofen. Irjend wat
muß also in die Villen Amtshäuser vorjehn.
Aber wat, det is der Haken. Da ham wir
keenen Duft. Ick jloobe, et sind allent
Reisende von de Aktenbogen- und Tinten
fabriken un machen Offerte. Valleicht is
ooch mal een Apteker mang, der een neiet
Schlafpulver anbiel'. Von wejen wat wir
jeder die Tätigkeet in det Amt zu Heere»
kriejen, däucht mir immer, als wenn de Herren
uff Arloob sin. Alle Jubeljahr stellt sich son
Außenminister hin und redt sein Stiebel runter.
Sonst is mir neemlich so, als ob wir, wo
Willem wech is, in de Welt immer noch
ebentso doll beliebt sin wie dunneinals. Det
hat sojar Herr von Rosenberch jcmerkt
un ooch mit von seine Papierchens abjelesen.
Woßu der Mann sone Rede redt, der Mond
is mir noch nich uffjejangen. Denn wat er
saacht, det ham wir schon in de Zeitungen,
un wenn et det pooplichste Wurschtblatt is,
längst jeleesen. !ln wenn de Engländer un
Franzosen aus sone Rede sich nich raus-
kalmiesern kenn, wie wir uns det mit det
Ruhrabenteier weiter denken, denn hätte Herr
von Rosenberch ebentsojut een scheenet Kapittel
von die jroße Courths-Mahler vorlesen kenn.
Wat wir jerne wissen woll», sowat saacht,
wat een richtjer Dipplemat is, niemals nich.
Wie neeinlich Breitscheid so janz leise an-
tippte und so sachteken nieente, wie det n»
mit ne englische Anrejung uff Vamittlung
is, ob det stimmt, det der englische Botschafter
een dcitschet Anjebot von 40 Milljarden for
dufte erklärt hat, ick weeß ja nich, et is 'n
janzscheener Zacken Zaster, so Sticker 40Iold-
milljarden, is oberst immer noch beffer wie
de 375 Milljarden, die uns der franzeesche
Finanzminister 1919 uffbrummen wollte. Wie
der Breitjcheid so komisch frachte, da kiekte
der Rosenberch in seine Zettelchens, un da
stand nischt druff, wat er sagen sollte. Nu
kommt det Iroßartije. Ich for meine Person,
ick wer ja nu in de Pedrullje jekomm; der
Rosenberch der kiekte sich bloß de» Breitscheid
von oben bis unten an und saachte janischt.
Siehste, Jacob, soivat is doch weiter keen
Kunststick nich, sowat kann ick ooch, un des-
halb, vastehste, mecht ick ooch son Posten
haben. Ick wundre mir bloß, wieso uff de
Rosenberchsche pallamentarische Technik keen
Beifall nich erschallte. Wo de Bürjerlichen
immer, wenn eener von de Rejierung sich
hinstellt mit 'n schwarzen Bratenrock, vor
Bejeisterung hochjehn un wo se sojar wie
varrickt in de Hände klatschen wie bei een
Nackttanz
Womit ick verbleibe mit utile Irieße Dein
jetreier
Iotthilf Nauke,
ail'n Iörlitzer Bahnhof jleich links.
Politische Friihlingsgeftthle
England und Rußland beriechen einander
Kobelspäne
Pfingsten, „das liebliche Fest",
(Laut Goethe) ist wieder gekommen,
Das bange schlagen läßt
Die Herzen der gläubigen Frommen.
Das Wunder, das es verheißt,
Blieb aus. Man steht verdrossen.
Es scheint, der „heilige" Geist
Ist wirklich ausgegossen.
Es ist den Ketzern indes
Das pfingstliche Wunder gelungen:
Beim Hamburger Weltenkongreß
Spricht man mit feurigen Zungen!
Die goldene Internationale zittert und ist platt: die rote Inter-
nationale redet kräftiges .Hamburger Platt mit ihr.
Curzon redet auffallend vernünftig,
Wie man es seit langem nicht gewohnt.
Alles, was von Diplomaten zünftig,
Starrt ihn an, als fiele er vom Mond.
Curzon sagt, mau soll nicht Hennen schlachten,
Wenn man ihre Eier haben will
Diese Logik ist nicht zu verachten;
Leider bleibt das Weltenecho still.
Darum soll man sich vor Jubel hüten.
Man stellt fest betrübten Angesichts:
Acb, es mangelt nicht an Redeblüten,
Aber von den Früchten merkt man nichts.
Das Gemüse schießt ins Kraut. Leider auch das Pack der Schieber
und Kriegshetzer.
„Warum gesteht Poincare eigentlich nicht ei», daß er uns bekriegt?"
fragte mein Freund Ede. Ick sagte: „Wahrscheinlich, weil er nichts
kriegt." Dein getreuer Säge, Schreiner.
Wahrscheinlich
„,Die Welt wird schöner mit jcdein Tag',
wann wurde das Gedicht, in dem diese Stelle
vorkommt, wohl geschrieben?"
„Wahrscheinlich in einer Zeit,- als der
Dollar täglich fiel"
*
Es genügt!
Franzosen im Lande,
3n Bagern die Schande,
Agrarische wuchcrbegehrlichkeit siegt »
S yerr Luna, es genügt!
Memel ging flöten,
3n steigenden Nöten
istuält sich das Volk und der Schwache erlügt ~
0 Herr Luna, es genügt!
Des Reiches Finanzen
3m grasten und ganzen strügt «
So faul wie noch nie, denn der Markstanö, er
iS kjerr Luna, es genügt!
widmen Sie der pflege sich des Erbes
Oes sehr nützlichen LransportgewerbeS
wieder doch! Ses Volkes Stimme spricht:
Ls genügt! W.
»
Lieber Jacob!
Seit ick det letzttmal an Dir meine Blei-
feder jewetzt habe, is allerhand passiert. Et
wird Dir interessieren, det die stilljeleechte
Nochmaluhr ay'nPotsdamerPlatz uffeenmal
wieder jetzt. Ick sichre det uff meine weiß
der Deibel schwer jemeinten ernsten Mochte
an Dir, lieber Jacob, zurick. Een ebentso
wichtijet pulitischetEreignis is, det der Reichs
tach den Etah von det Auswärtije Amt be
willicht hat. Er is so freindlich jewesen, weil
Herr von Rosenberch ?ene so schnaffke Rede
abjelesen hat. Son Pöstken wie der Minister
mecht ick ooch mal haben. Ick wceß ja nich,
wat det 'Auswärtije Amt so de janze Zeit
machen dut. Wenn ick mal durch die Willen:
ftraße socke, denn Feh ick immer ne Masse
Menschen rin- und rausloofen. Irjend wat
muß also in die Villen Amtshäuser vorjehn.
Aber wat, det is der Haken. Da ham wir
keenen Duft. Ick jloobe, et sind allent
Reisende von de Aktenbogen- und Tinten
fabriken un machen Offerte. Valleicht is
ooch mal een Apteker mang, der een neiet
Schlafpulver anbiel'. Von wejen wat wir
jeder die Tätigkeet in det Amt zu Heere»
kriejen, däucht mir immer, als wenn de Herren
uff Arloob sin. Alle Jubeljahr stellt sich son
Außenminister hin und redt sein Stiebel runter.
Sonst is mir neemlich so, als ob wir, wo
Willem wech is, in de Welt immer noch
ebentso doll beliebt sin wie dunneinals. Det
hat sojar Herr von Rosenberch jcmerkt
un ooch mit von seine Papierchens abjelesen.
Woßu der Mann sone Rede redt, der Mond
is mir noch nich uffjejangen. Denn wat er
saacht, det ham wir schon in de Zeitungen,
un wenn et det pooplichste Wurschtblatt is,
längst jeleesen. !ln wenn de Engländer un
Franzosen aus sone Rede sich nich raus-
kalmiesern kenn, wie wir uns det mit det
Ruhrabenteier weiter denken, denn hätte Herr
von Rosenberch ebentsojut een scheenet Kapittel
von die jroße Courths-Mahler vorlesen kenn.
Wat wir jerne wissen woll», sowat saacht,
wat een richtjer Dipplemat is, niemals nich.
Wie neeinlich Breitscheid so janz leise an-
tippte und so sachteken nieente, wie det n»
mit ne englische Anrejung uff Vamittlung
is, ob det stimmt, det der englische Botschafter
een dcitschet Anjebot von 40 Milljarden for
dufte erklärt hat, ick weeß ja nich, et is 'n
janzscheener Zacken Zaster, so Sticker 40Iold-
milljarden, is oberst immer noch beffer wie
de 375 Milljarden, die uns der franzeesche
Finanzminister 1919 uffbrummen wollte. Wie
der Breitjcheid so komisch frachte, da kiekte
der Rosenberch in seine Zettelchens, un da
stand nischt druff, wat er sagen sollte. Nu
kommt det Iroßartije. Ich for meine Person,
ick wer ja nu in de Pedrullje jekomm; der
Rosenberch der kiekte sich bloß de» Breitscheid
von oben bis unten an und saachte janischt.
Siehste, Jacob, soivat is doch weiter keen
Kunststick nich, sowat kann ick ooch, un des-
halb, vastehste, mecht ick ooch son Posten
haben. Ick wundre mir bloß, wieso uff de
Rosenberchsche pallamentarische Technik keen
Beifall nich erschallte. Wo de Bürjerlichen
immer, wenn eener von de Rejierung sich
hinstellt mit 'n schwarzen Bratenrock, vor
Bejeisterung hochjehn un wo se sojar wie
varrickt in de Hände klatschen wie bei een
Nackttanz
Womit ick verbleibe mit utile Irieße Dein
jetreier
Iotthilf Nauke,
ail'n Iörlitzer Bahnhof jleich links.